0939 - Wenn der Satan tötet...
nicht mal den Atem anzuhalten brauchte.
Alles geschah so, wie er es sich vorgestellt hatte. Sogar die Geräusche stimmten, und er zuckte nicht mal zusammen, als die hintere Ladeklappe wieder zufiel.
Der erste Teil seines Plans hatte wunderbar geklappt. Auch die zweite Hälfte würde sich erfüllen, davon ging er aus. Nur duckte er sich jetzt noch tiefer, und zuvor hatte er seine Waffe unter der Jacke hervorgezogen. Das mörderische Sägemesser hatte dort in einer Scheide gesteckt. Er wollte sich nicht selbst verletzen.
Marco Anderre öffnete die Tür. Er wartete nicht, sondern kletterte sofort in das Fahrerhaus, ließ sich auf den Fahrersitz fallen, summte ein Lied und holte den Schlüssel hervor. Er schob ihn ins Schloß, startete aber noch nicht, sondern kurbelte das Fenster an seiner Seite nach unten.
»Zu heiß«, murmelte er. »Es ist einfach heiß, verflixt noch mal! Das ist schon ungesund.«
»Ja, ungesund!« hörte er plötzlich die Stimme hinter sich. Gleichzeitig vernahm er das Schaben, als Stoff über Stoff glitt. Er schaute in den Innenspiegel, den rechten Arm nach vorn gestreckt, aber noch nicht den Schlüssel berührend, denn etwas hielt ihn davon ab.
Es erreichte seine Kehle. Es war kalt und kratzig zugleich. Kleine Zacken stachen in seine Haut.
»Ich kann dir den Kopf absägen!« flüsterte Carlos. »Ich zerschneide dich in tausend Stücke, aber ich kann es auch lassen.«
Marco Anderre schwieg. Er wußte nicht genau, was passiert war, aber er wußte schon, daß es ihn getroffen hatte, obwohl er nichts oder nur indirekt damit zu tun hatte.
Seine Gedanken wirbelten durcheinander; sie verloren ihre Klarheit. Er wollte auch nicht denken, sondern sich auf die Gegenwart konzentrieren und auch darauf, wie er dieser Lage wieder entwischen konnte.
Im Moment sah er keine Chance.
»Fahr!« flüsterte Carlos, »Fahr los! Und fahr genau dorthin, wo ich es haben will…«
»Gut.«
Marco Anderre startete. Die mörderische Waffe verschwand von seiner Kehle, aber er spürte sie sehr bald wieder und hatte das Gefühl, sie würde seinen Nacken zersägen.
Was mochte der Abbé denken?
***
Ich hatte tief und fest geschlafen. Auch traumlos, und als man mich weckte, da fühlte ich mich wie vor den Kopf geschlagen und richtete mich nur langsam auf, zu langsam für Suko, der meine rechte Schulter umfaßt hielt und mich durchschüttelte.
»Was ist denn?«
»Wir müssen weg!«
»Warum?«
»Carlos hat zugeschlagen!«
Normalerweise hätte mich diese Bemerkung sofort hellwach gemacht, aber nach diesem Schlag kam ich damit nicht mehr zurecht. Ich brauchte noch eine Weile, um mein Gehirn in Gang zu setzen, um anfangen können zu denken.
Neben Suko stand der Abbé, der völlig von der Rolle zu sein schien. Er wirkte wie ein Mensch, der mit sich selbst nicht zurechtkam. Sein Gesicht war eine Maske, er starrte ins Leere. Als ich ihn betrachtete, da konnte ich gedanklich auch wieder die Brücke zu Carlos schlagen.
Plötzlich war ich wach. Und wie! Ich schnellte in die Höhe und flüsterte: »Wo ist Carlos?«
»Nicht hier«, antwortete Bloch. »Leider nicht, muß man sagen. Er hat aber telefoniert. Er ist im Ort und hat sich in einem der neuen Bungalows verschanzt. Leider nicht allein. Marco Anderre ist als Geisel bei ihm. Er will, daß ich komme. Aber allein. Ganz allein. Sollte ich jemanden mitbringen, wird Marco sterben.«
Bloch brauchte nichts mehr zu sagen. Ich wußte Bescheid. Auch Suko hatte längst begriffen, und er sagte das, was mir ebenfalls durch den Kopf schoß: »Carlos hat uns ausgetrickst. Er ist raffinierter, als wir gedacht haben. Er greift uns an, aber er schlägt dabei einen Bogen, und wir müssen ihm gehorchen.«
»Du willst den Abbé doch nicht allein gehen lassen.«
»Soll Marco sterben?«
»Nein, das nicht, bestimmt nicht. Wir werden eine Möglichkeit finden, um ungesehen an das Haus heranzukommen.«
»Das wird nicht einfach sein«, erklärte der Abbé. »Dazu müßt ihr wissen, daß dieser Bungalow an exponierter Stelle steht. Das heißt: Wer ihn einmal in Besitz genommen hat, verfügt über einen prächtigen und freien Ausblick auf den Ort. Er kann jeden sehen, der sich vom Dorf her dem Haus nähert.«
»Und die Rückseite?«
Der Abbé hob die Schultern. »So genau kenne ich sie nicht. Ich denke, daß die Gärten aneinandergrenzen. Wie gut und günstig sie bepflanzt sind, kann ich euch nicht sagen.« Er lächelte dünn. »Natürlich weiß ich, was ihr vorhabt. Aber seht euch vor.
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