094 - Das Mädchen auf dem Teufelsacker
genüßlich, Voll Hingabe nahm er etwas offenbar Imaginäres in sich auf, und schlürfte dazu.
Coco und Yoshi verständigten sich durch einen raschen ernsten Blick. Zur gleichen Zeit hoben sie die rechten Hände. Dann traten sie auf die furchterregende Gestalt zu.
Sie waren ein winziger Trupp gegen die geballte Macht der Finsternis. „Luguri", sagte Coco, „weiche von uns! Ergib dich denen, die dich immer wieder aufspüren und hetzen würden! Geh, flieh, . verflüchtige dich!"
Das Scheusal brach seine greuelvolle Tätigkeit ab. Es machte ein paar Bewegungen mit den krallenbewehrten Händen - wie eine Raubkatze, die sich gegen Angreifer zur Wehr setzen will, dann drehte es sich jedoch um und hetzte in krummer Körperhaltung davon. Mit einem boshaften Lachen verschwand es in der wattigen, ihm Schutz bietenden Wolkenschicht.
Coco und der Japaner rannten ihm nach, begriffen jedoch rasch, daß eine Verfolgung keinen Sinn hatte. Sie blieben stehen.
„Lassen wir uns nicht aus dem Konzept bringen", sagte Yoshi. „Das Haus von Makselv ist unser Ziel."
Sie gingen, tief in ihre düsteren Gedanken verstrickt, weiter in südlicher Richtung. Der Lichtkreis der Laterne verblaßte hinter ihren Rücken. Vor ihnen lag nichts als Dunkelheit.
Die Minuten verstrichen quälend langsam. Eine Zeitlang ereignete sich nichts. Coco begann schon, an der Richtigkeit von Makselvs Darstellungen zu zweifeln, als Hideyoshi Hojo sie antippte und auf eine flache Steinbank am Straßenrand deutete.
„Davon hat der Lappe gesprochen. Ändern wir jetzt unsere Richtung, müßten wir direkt auf das Haus stoßen."
Sie steuerten an der Bank vorüber. Coco atmete regelrecht auf, als sich eine dunkle, grünlich-graue Hausfassade vor ihnen aus dem Nebel schälte. Endlich hatten sie wieder einen Anhaltspunkt, etwas Konkretes vor sich. Es war das Gebäude, in dem Peer Makselv sein Lager aufgeschlagen hatte und in dem jener geheimnisvolle Fremde sich aufhalten sollte, der ihm die Male auf die rechte Hand geritzt hatte.
Das Haus war gänzlich unbeleuchtet und machte einen abweisenden Eindruck.
Yoshi führte Coco eine Treppe mit einem halben Dutzend Stufen empor, dann standen sie vor dem Eingang.
„Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, ausgerechnet hier auf den Dämonenkiller zu stoßen", bekannte er. „Was sollte er in diesem unfreundlichen Gemäuer verloren haben?"
„Bei Dorian weiß man das nie", erwiderte sie.
Der neblige Vorhang lichtete sich, und die Wärme ließ nach. Abi Flindt trat aus dem Städtchen Tingvoll ins offene Gelände. Es wurde kalt. Ihn fröstelte. Schnee knirschte dennoch nicht unter seinen Schuhsohlen. Er konnte weit blicken. Die Luft war klar. Doch bot sich seinen Blicken kein Punkt, an dem sie verharren konnten.
Laeibe schritt mit wiegenden Hüften vor ihm her. Abi Flindt wußte noch nicht, wo er war und was vor ihm lag. Die Todeswolke hatte sich verzogen, aber er hatte den Eindruck, sie schwebte nach wie vor über ihm und beherrschte das Land.
„Laeibe", sagte er, „bleib stehen!"
Sie kicherte und begann zu laufen, dachte überhaupt nicht daran, seiner Aufforderung Folge zu leisten.
Jetzt hatte der Däne es satt. Er rannte ihr nach und beschloß, ihr kräftig den Hintern zu versohlen, um sie zur Vernunft zu bringen und ihr zu zeigen, wer von beiden den Ton angab.
Unscharf sah er Laeibes schlanke Gestalt vor sich. Kein Mond und keine Sterne waren am Firmament zu erkennen. Es war ein Wunder, daß er trotzdem einigermaßen sehen konnte.
Seine Wut überschwemmte ihn wie eine kalte Woge.
Unvermittelt war das Mädchen verschwunden.
Abi Flindt blieb stehen. Es ärgerte ihn, von ihr an der Nase herumgeführt zu werden; weniger, weil er sich in seinem Stolz angegriffen fühlte, sondern vor allen Dingen, weil sie den Ernst der Situation total verkannte. Irgendwann konnte etwas Grausames geschehen, und letzten Endes trug er die Verantwortung für Laeibe Vestre.
Langsam ging er weiter. Er bemühte sich, kein Geräusch zu verursachen. Die Umrisse der eigenartigen hüfthohen Gebilde erblickte er erst, als er nahe davorstand. Er erkannte, daß es sich um Mauerreste handelte.
Abi war sicher, vor der Ruine der Kapelle zu stehen.
Plötzlich vernahm er ein knisterndes Geräusch. Mit einem Satz war er hinter den Ruinen und überraschte das Mädchen. Es hatte sich auf den Boden gekauert.
„Was machst du da, Laeibe?" fragte er aufgebracht. „Hör zu, ich habe deine Blödeleien satt."
Sie lachte. „Nett bist du nicht zu mir,
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