094 - Das Mädchen auf dem Teufelsacker
entgegen. Todesangst packte ihn, und das Lachen von Laeibe Vestre wehte ihm nach.
Die schwere Eingangstür quietschte in rostigen Angeln, als sie sie aufschoben. Hideyoshi Hojo trat als erster ein. Zu seinem und Cocos Schutz hielt er die bemalte Rechte ausgestreckt; Signalpistole und Haumesser steckten griffbereit hinter seinem Gürtel.
Es roch nach abgestandenem Essen und kalter Asche. Nach wenigen Schritten bogen sie vom Flur in einen nicht sehr großen Raum ab. Der Gestank wurde stärker.
Yoshi knipste sein Feuerzeug an, und sie gewahrten eine Spüle voll ungewaschenem Geschirr und die Reste einer augenscheinlich hastig abgebrochenen Mahlzeit auf einem derben Eichenholztisch. Etwas regte sich vor Cocos Füßen. Sie schreckte ein bißchen zusammen und gab dem Japaner ein Zeichen. Yoshi leuchtete mit der winzigen Feuerzeugflamme. Auf dem schmutzigen Fußboden machten sie eine davonhuschende schwarze Katze aus.
Yoshi lächelte. „Abergläubisch, Coco?"
„Mir ist nicht zum Scherzen zumute."
„Du bist sehr nervös."
„Verzeih. Ich halte diese Spannung nicht mehr aus."
„Suchen wir weiter."
Sie verließen die Küche. Der Flur war lang und breit und besaß einen Boden aus alten dicken Dielenbrettern; diese knarrten hin und wieder unter ihrem Gewicht.
Bald hatten sie den rückwärtigen Teil des Baus erreicht.
Yoshi lauschte und hielt Coco plötzlich am Arm fest. Er bedeutete ihr, ihm den Rücken zu sichern. Behutsam schlüpfte er in einen weiteren Raum. Das Geräusch, das er vernommen hatte, entpuppte sich als Schnarchen. Yoshi konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen, als er das Feuerzeug anknipste und die Gestalt auf einem verschlissenen Sofa entdeckte. Er winkte Coco heran.
„Peer Makselv", sagte sie. „Er schläft seinen Vollrausch aus."
Unter dem Sofa schaute zur Bestätigung ihrer Feststellung ein Flaschenhals hervor; selbstverständlich gehörte er zu einer bis auf den letzten Tropfen geleerten Flasche.
Sie versuchten, den alten Lappen zu wecken, aber vergebens. Er war eher ohnmächtig geworden als in Schlummer versunken.
Coco und Yoshi sahen sich weiter um. Kamen in einen großen Raum am linken Ende des Flures. Offenbar handelte es sich um den Wohnraum. Im Licht der Feuerflamme erkundeten sie die Einrichtung etappenweise.
Zunächst stießen sie auf einen Schrank mit gedrechselten Beinen und Intarsien, dann auf einen großen Tisch, er war mit Zeitungen, Illustrierten, Büchern und kitschigem Zierrat vollgehäuft.
„Wir sind nicht allein", sagte Coco plötzlich.
Eine Stehlampe flammte auf. Die Umrisse einer männlichen Gestalt wurden sichtbar. Sie saß mit übergeschlagenen Beinen in einem altmodischen Sessel.
„Dorian!" rief Coco.
„Daß wir dich gefunden haben!" fügte der Japaner erfreut hinzu.
Coco trat auf den Dämonenkiller zu und betrachtete ihn voll Sorge. Sie hatte nicht unbedingt erwartet, ihn in Makselvs Haus zu finden, doch insgeheim hatte sie es natürlich gehofft. Jetzt fiel die Beklommenheit wie eine Last von ihr ab; sie fühlte sich unsäglich erleichtert.
Der Dämonenkiller trug einfache Kleidung, und eigentlich machte er einen durchaus normalen Eindruck. Vielleicht ist er ein bißchen blasser als sonst, dachte Coco.
Laut bemerkte sie: „Rian, warum sagst du denn nichts? Wie geht es dir? Seit wann bist du hier und warum hast du nicht versucht, mit uns in Verbindung zu treten?"
Sie setzte sich zu ihm auf die Armlehne des Sessels.
Yoshi blieb währenddessen im Hintergrund.
Coco strich mit den Fingern der rechten Hand über die Wange des Dämonenkillers. Er ließ es geschehen, erwiderte die zärtliche Geste jedoch nicht; vielmehr zeigte er sich sehr reserviert. Coco begriff sein Verhalten nicht; sie spürte, wie von neuem etwas ihr Herz umkrampfte, und fast empfand sie so etwas wie Mißtrauen.
„Es wäre besser gewesen, wir hätten uns nicht gesehen", sagte der Dämonenkiller. „Dies ist keine Angelegenheit für euch - und schon gar nicht für dich, Coco."
„Also wirklich, du überraschst mich", erwiderte sie.
„Die Gefahr, die hier in Tingvoll lauert, ist größer, als ihr sie einschätzt. Ich habe Angst um dein Leben, Coco. Verstehst du das?"
Sie bekam ein schlechtes Gewissen, weil sie seine Äußerungen falsch ausgelegt hatte. Rasch wie sie ihre rechte Hand vor. „Siehst du denn die Zeichen nicht? Wir haben die Symbole kopiert, mit denen du Makselvs Rechte versehen hast. Zusätzlich haben wir Rentiermilch zum Einreiben verwandt. Yoshi führte sie in
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