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094 - Der Teufel von Tidal Basin

094 - Der Teufel von Tidal Basin

Titel: 094 - Der Teufel von Tidal Basin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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konnte sie tun? Mit einem tiefen Seufzer legte sie ihren Ledermantel und ihren Hut ab.
    Im Osten Londons war ein Mord passiert. Sie hatte die letzte Nachtausgabe gelesen und hatte auch beim Abendessen im Restaurant gehört, daß sich die Leute an den Nebentischen darüber unterhielten. Wenn sie beide ausgegangen waren, trafen sie sich gewöhnlich abends bei Elford. Aber heute war er nicht gekommen. Sie hatte gewartet, bis das Lokal geschlossen wurde. Dann war sie noch in ein elegantes Nachtcafe gegangen, das sie manchmal besuchten, wenn er sehr spät kam. Aber auch dort war er nicht zu finden. Schließlich war sie verzweifelt nach Hause gefahren. Sie hatte nicht gewagt, die letzten Zeitungen zu kaufen, die um Mitternacht herauskamen, denn sie fürchtete . . .
    Sie fuhr schaudernd zusammen. Ob Dr. Marford etwas verraten hatte? Der Mann war so freundlich und mitfühlend gewesen. Wie hatte sie nur so töricht sein können, einen Streit zwischen zwei Dockarbeitern so ernst zu nehmen! Vielleicht war das auch der Mord, von dem die Zeitungen berichteten.
    Sie hatte Marford zuviel erzählt, Dinge, die sie ihrer eigenen Mutter nicht gesagt hätte. Und dann bereute sie bitter, was sie getan hatte. Es war Wahnsinn, auf die Straße zu laufen und nach ihrem Mann zu suchen. Wenn tatsächlich etwas geschehen sollte, durfte sie nicht gleich an das Schlimmste denken. Sie hatte ihn durch ihr Verhalten in Verdacht gebracht.
    Sie zog ihren Morgenrock an und ging in dem dunklen Wohnzimmer auf und ab, um ruhiger zu werden. Vier Jahre war sie nun glücklich mit ihrem Mann verheiratet, und jetzt drohte alles zusammenzubrechen.
    Sie glaubte Schritte in der Diele zu hören, öffnete die Tür und lauschte. Wieder vernahm sie ein leises Krachen und Knacken. Eine Fußbodendiele war lose. Sie hatte sie schon lange reparieren lassen wollen.
    »Bist du es, Louis?« flüsterte sie.
    Aber sie erhielt keine Antwort. Sie hörte nur das Ticken der Uhr in der Diele und das ferne Surren eines Motors.
    »Louis - bist du es?.« fragte sie noch einmal lauter.
    Aber sie mußte sich getäuscht haben, denn es rührte sich nichts. Sie ließ die Tür angelehnt, trat ans Fenster und zog die Vorhänge vorsichtig beiseite, um hinauszuschauen. Aber sie konnte nichts erkennen, denn das Fenster ging auf den Hof.
    Nach einer Weile hörte sie ein schwaches Klopfen. Die Stille in der Wohnung war so tief, daß es unheimlich durch die Zimmer klang. Auf Zehenspitzen schlich sie sich in die Diele und horchte.
    Es klopfte wieder. »Wer ist da?« fragte sie leise. »Louis.«
    Ihr Herz schlug zum Zerspringen. Sie ließ ihn vorsichtig herein und schloß die Tür hinter ihm. »Mach doch Licht, Liebling.«
    Seine Stimme klang gequält und matt. Es war ihr, als ob er eine lange Strecke gelaufen und noch nicht wieder zu Atem gekommen wäre.
    »Warum sitzt du im Dunkeln? Mach doch Licht.«
    »Warte einen Augenblick.«
    Sie zog erst die Plüschvorhänge vor und schloß die Tür. Louis Landor sah bleich aus, und unter dem einen Auge hatte er einen blauen Flecken. Sie starrte ihn entsetzt an. »Was ist geschehen?« Er schüttelte ungeduldig den Kopf.
    »Nicht viel. Ich habe nur ein paar furchtbare Stunden hinter mir. Bitte, bringe mir doch ein Glas Wasser.«
    »Soll ich dir nicht lieber etwas Wein geben?«
    »Nein, Wasser.«
    Sie ging rasch aus dem Zimmer, und als sie wiederkam, sah er auf einen Gürtel, in dem noch ein Messer in einer ziselierten Scheide steckte.
    »Wir müssen sehen, daß wir das Ding irgendwie loswerden«, sagte er.
    »Das Messer?«
    »Ja.«
    Er zeigte auf die Stelle, wo der zweite Dolch gesteckt hatte. Sie fragte ihn nicht nach den Gründen, aber ihre letzte Hoffnung schwand bei seinen Worten. Sie wollte so viel von ihm wissen, aber sie wagte nicht, ihre Befürchtungen in Worte zu kleiden. Nur über nebensächliche Dinge konnte sie sprechen. »Ich dachte, ich hätte dich schon vor ein paar Minuten gehört. Warst du nicht vorher schon einmal da?«
    »Nein.«
    »Warum hast du denn geklopft?«
    Er biß sich auf die Unterlippe.
    »Ich habe meinen Schlüssel verloren. Ich weiß nicht, wo er geblieben ist - irgendwo.«
    Er trank den Rest des Wassers aus und stellte das Glas auf den kleinen Schreibtisch.
    »Ich könnte aber darauf schwören, daß vor ein paar Minuten jemand die Tür geschlossen hat. Ich ging in die Diele und rief dich beim Namen.«
    Er lächelte und legte seinen Arm um ihre Schulter.
    »Du wirst nervös, Inez. Hast du hier im Dunkeln auf mich

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