094 - Der Teufel von Tidal Basin
aufgestanden?« fragte sie schnell. Elk schüttelte vorwurfsvoll den Kopf.
»Es wäre mir lieber, Sie würden nicht allerhand andeuten, was nicht mit den Tatsachen übereinstimmt, Mrs. Landor. Nehmen Sie das als freundschaftlichen Rat.«
Louis Landor schaute von einem zum andern. Inez hatte ihm das Wort »Detektive« zugeflüstert, aber er brauchte diese Erklärung nicht. Inspektor Bray machte wieder eine Anstrengung, das Verhör zu führen.
»Ich habe Grund zu der Annahme, daß Sie einen Herrn kennen, der augenblicklich im Little Norfolk Hotel in der Norfolk Street logiert. Er heißt Donald Bateman.«
»Nein«, sagte Inez schnell.
»Ich frage Ihren Mann«, wies Bray sie scharf zurecht. »Nun, was haben Sie darauf zu erwidern, Mr. Landor?« Er zuckte die Schultern.
»Ich habe keinen persönlichen Bekannten, der Donald Bateman heißt.«
Elk griff wieder ein.
»Wir wollen ja auch gar nicht wissen, ob Sie persönlich mit dem Mann bekannt sind, Mr. Landor. Das ist ganz belanglos. Aber haben Sie jemals von einem Donald Bateman gehört oder mit ihm in Verbindung gestanden? Er kam in den letzten Wochen aus Südafrika hierher. Bevor Sie antworten, möchte ich Ihnen sagen, daß Inspektor Bray und ich die näheren Umstände aufklären wollen, unter denen dieser Mann in der Endley Street in Tidal Basin heute abend um zehn seinen Tod fand.«
»Ist er tot?« fragte Louis. »Wie starb er?«
»Er wurde erstochen«, entgegnete Bray. Er sah, daß die Frau leicht schwankte.
»Davon weiß ich nichts«, erklärte Louis. »Ich habe niemals ein Messer gegen einen Menschen erhoben.«
Elk betrachtete die Wände eingehend und trat einen Schritt näher. Dann nahm er den Ledergürtel herunter und legte ihn auf den Tisch.
»Was ist denn das hier?« fragte er und zeigte auf das Messer.
»Ein Dolch, den ich aus Südamerika mitgebracht habe«, sagte Louis sofort. »Ich hatte eine Farm dort.«
»Gehört er Ihnen?«
Louis nickte.
»Früher steckten zwei Dolche in dem Gürtel«, meinte Elk. »Wo ist der andere geblieben?«
»Wir haben ihn verloren«, antwortete Inez schnell. »Louis hat ihn verloren. Wir haben ihn schon seit langer Zeit nicht mehr - er ist gar nicht in diese Wohnung mitgekommen.«
Elk fuhr mit dem Finger über den Gürtel.
»Er ist ziemlich verstaubt. Es müßte also auch Staub in dem leeren Halter sein, wenn Ihre Angaben stimmen. Wenn sie aber nicht stimmen, dann war noch heute ein zweites Dolchmesser in dem Gürtel . . .«
Er steckte den Finger in die Öffnung und zog ihn vollkommen sauber wieder heraus.
»Ich habe ihn heute morgen erst abgestaubt«, entgegnete sie verzweifelt.
Elk lächelte. Er konnte ihr seine Bewunderung nicht versagen.
»Aber Mrs. Landor!« meinte er vorwurfsvoll.
»Nun, Sie wollen doch die Wahrheit hören!« Sie war dem Zusammenbruch nahe. »Sie dürfen keine Schlußfolgerungen ziehen, ohne daß ich Ihnen eine Erklärung gegeben habe! Großer Gott, habe ich nicht schon genug durch diesen Mann gelitten!«
»Durch welchen Mann?« fragte Bray scharf.
Sie schwieg.
»Durch welchen Mann, Mrs. Landor?«
Louis Landor hatte inzwischen sein Selbstvertrauen wiedergefunden.
»Meine Frau fühlt sich nicht ganz wohl«, sagte er. »Ich bin lange ausgeblieben, und sie hat sich große Sorgen gemacht.«
»Welchen Zweck hat es denn, etwas zu verheimlichen, was vollkommen klar ist?« fragte Elk. »Ihre Frau hat doch Donald Bateman gekannt?« Louis antwortete nicht.
»Ich will einmal ganz offen mit Ihnen sprechen«, fuhr Elk fort. »Ich sagte Ihnen schon, daß wir den Mord an diesem Mann aufklären wollen. Das ist unsere Pflicht. Wir fragen weder Sie noch Ihre Frau noch sonst jemand, warum Donald Bateman ermordet worden ist. Verstehen Sie das recht, Mr. Landor. Der einzige Mensch, den wir fassen wollen, ist der Mörder. Alle anderen Leute, die den Mord nicht begangen haben, brauchen wir nicht, selbst wenn sie etwas von ihm wissen. Wenn Sie oder Ihre Frau oder Sie beide schuldig sind, werden Mr. Bray und ich und sämtliche Beamten von Scotland nicht eher ruhen, als bis Sie vor Gericht stehen. Und dann würde Ihnen nur recht geschehen. Wenn Sie aber nicht schuldig sind, wollen wir alles tun, um Sie von dem Verdacht zu entlasten. Sie können uns nur dadurch helfen, daß Sie die Wahrheit sagen.«
»Wir haben doch die Wahrheit gesagt«, erwiderte Inez atemlos.
»Nein, das haben Sie nicht getan.« Elk schüttelte den Kopf. »Ich habe es auch gar nicht erwartet. Die Wahrheit verbirgt sich in solchen
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