094 - Die Droge aus der Jenseitswelt
hoch und streckte den Kopf hinaus.
Kälte wehte ihn an und strich über sein seidiges, in der Mitte gescheiteltes Haar. Die Stille, die vor dem Haus lag, kam dem Butler unnatürlich vor.
Von dem Schwert, das er vorhin gesehen zu haben glaubte, war nichts mehr zu entdecken. Es fiel dem Butler nicht schwer, sich damit abzufinden. Schwieriger wäre es gewesen, an die Existenz eines schwebenden Schwertes zu glauben.
James schloß das Fenster wieder und widmete sich der Zubereitung des Tees. Als er die Küche verließ, war das Schwert auf einmal wieder da.
Sonderbar…
James überlegte, ob er mit seinem Arbeitgeber darüber sprechen sollte. Er entschied sich dagegen, aber sein Gesicht verriet ihn. Als er den Tee servierte, wollte Sim wissen, weshalb er plötzlich so verwirrt aussehe.
Da Aufrichtigkeit in diesem Haus oberstes Gebot war, blieb dem Butler nichts anderes übrig, als den Verleger zu informieren. James hätte nicht gedacht, daß Sim so heftig reagieren würde.
Der Mann sprang auf. »Was haben Sie gesehen, James? Ein Schwert? Wo ist es? Noch vor dem Küchenfenster? Das muß ich sehen.«
Sim stürmte aus seinem Arbeitszimmer, durch die Halle und in die Küche. James hatte Mühe, ihm zu folgen. Sim drehte das Licht ab, um besser durch das Fenster sehen zu können. Von einem Schwert war jedoch nichts zu sehen.
James biß sich auf die Unterlippe. Was würde Mr. Sim nun von ihm denken? »Sir, ich kann mir das nicht erklären. Ich bildete mir ganz fest ein, daß sich dort draußen ein Schwert befände. Die Sache ist mir sehr peinlich. Sie müssen mich für verrückt halten. Ich kann das sogar verstehen, aber…«
»Machen Sie Licht, James«, verlangte Leo Sim.
»Ja, Sir. Sofort, Sir.«
Das Licht flammte auf. Sim drehte sich um. Der Butler schaute ihn unsicher an.
»Ich glaube Ihnen, James«, sagte der Verleger.
Das verwirrte den Butler noch mehr. Sim glaubte ihm diese haarsträubende Geschichte ohne den geringsten Beweis?
»Sir… Sie meinen… Sie wollen sagen, Sie glauben mir, daß ich dort draußen ein Schwert in der Luft schweben sah? Wieso zweifeln Sie nicht an meinen Worten?«
»Erstens, weil Sie mich noch nie belogen haben«, sagte Leo Sim, »und zweitens, weil mir dieses Schwert heute abend schon einmal erschienen ist.«
Die Augen des Butlers weiteten sich. »Ihnen auch? Sir, was hat das zu bedeuten?«
Sim seufzte. »Ich wollte, ich wüßte es, James.« Er kehrte in sein Arbeitszimmer zurück, nahm wieder an seinem Schreibtisch Platz und betrachtete unschlüssig und gedankenverloren das Telefon. Sollte er Pater Severin anrufen und ihn informieren?
Er zögerte, weil sich der Priester vielleicht schon zu Bett begeben hatte. Sim wollte den Freund nicht aus den Federn holen. Er trank den Tee, den ihm James gebracht hatte.
Ab und zu hatten Menschen Visionen. Sie sahen Verstorbene oder irgendwelche Heilige.
Aber ein Schwert!
Sim streckte die Hand nach dem Telefonhörer aus, zog sie dann aber wieder zurück. Er wollte Pater Severin heute nicht mehr belästigen. Aber morgen früh würde er ihn anrufen und ihm vom Wiederauftauchen dieses Phänomens berichten.
Sollte es ein Zeichen sein? Eine Warnung? Eine Drohung?
Jemand klopfte an das Haustor. Leo Sim war so sehr in Gedanken versunken, daß er es nicht hörte, aber James zuckte zusammen, als würde ein Stromstoß durch seinen Körper rasen.
Der schlanke Butler faßte sich unwillkürlich an die Brust. Laut hallten die Schläge im Haus. Metall schlug gegen die dicken Holzbohlen.
Jemand begehrte Einlaß.
Das Schwert? James ärgerte sich über diesen Gedanken. Wie kam er auf eine so wahnwitzige Idee? Er tat ja so, als handelte es sich bei dieser Waffe um ein Wesen aus Fleisch und Blut, das einen eigenen Willen hatte, das alle möglichen Dinge tun konnte, wie zum Beispiel Einlaß fordern.
James schluckte trocken. Er räusperte sich, rollte die Schultern, hielt sich kerzengerade und schritt durch die Halle.
Wieder klopfte es, aber diesmal zuckte der Butler nicht mehr zusammen. Er weigerte sich, weiter zu glauben, daß dieses mysteriöse Schwert sich dort draußen befand.
Gleich würde er sehen, wer zu dieser späten Stunde noch eingelassen werden wollte. Er brauchte nur noch die Tür zu öffnen. Vielleicht hatte Mr. Sim etwas im Taxi liegengelassen.
James öffnete die Tür mit einer gewissen Vorsicht und zunächst einmal nur so weit, daß niemand eintreten konnte. Zu seiner Verblüffung stand niemand draußen.
Erlaubte man sich mit ihm einen
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