094 - Die Schleimigen von Ghost Valley
zärtlich ihr Haar.
Ralf küsste seine Freundin. Aber sie war nicht ganz
bei der Sache. »Ich bleibe bei dir am Bett sitzen und warte, bis du
eingeschlafen bist .« Sie lächelte ihn an. Ihr Gesicht
hatte endlich den hektischen, ruhelosen Ausdruck verloren. Er rückte sein Bett
nahe an das ihre heran und legte den Arm um ihre Schultern. Friedlich lächelnd
schmiegte sie sich an ihn und fiel in einen leichten Schlaf. In drei Stunden
würde der neue Tag anbrechen. Noch ehe jedoch die Sonne aufging, wollten sie
abfahren.
●
Noch jemand schlief in dieser merkwürdigen Nacht ruhelos. Rund 350
Meilen weiter südwestlich lag Larry Brent in dem fraglichen Zimmer des kleinen
Hotels. Sein Körper war auf Wachsamkeit eingestellt, und so reagierte sein
trainiertes Unterbewusstsein sofort auf jede
Veränderung der Umgebung. Genau zehn Minuten nach drei Uhr in der Früh geschah es ...
Die Vorhänge an dem schmalen, hohen Fenster bewegten sich, als
würde plötzlich ein Windhauch durch das Zimmer wehen. Die Stimmung veränderte
sich augenblicklich. Larry Brents Schlaf wurde unruhiger. Der blonde Mann
drehte sich von einer Seite auf die andere und hatte plötzlich das Gefühl, dass außer ihm noch etwas oder noch – jemand im Raum war.
In X-RAY-3 schlug eine Alarmglocke an und signalisierte Gefahr! Larry Brent
öffnete die Augen und war von einer Sekunde zur nächsten hellwach. Von einem
orkanartigen Sturm wurde das Fenster aufgedrückt. Beide Flügel knallten gegen
die Wand, und die Scheiben zerbarsten.
Die Splitter flogen jedoch nicht zu Boden, wie es dem Naturgesetz
entsprochen hätte, sondern spritzten dem PSA-Agenten entgegen wie Pfeile, die
zur gleichen Zeit aus mehreren Blasrohren abgefeuert wurden. Larry Brent ahnte
instinktiv die Gefahr. Das Zimmer wurde aggressiv, und zwar mehr als je zuvor.
Er ließ sich einfach zur Seite fallen und kippte aus dem Bett. Keine Sekunde zu
früh! Wo er sich eben noch aufgerichtet hatte, zischten Glassplitter aller
Größen vorbei, schlugen in die Wand und das Kopfende des Bettes und brachen
dort mit trockenem Knallen ab. Larry lag kaum am Boden, als das Bett lebendig
zu werden schien. Es rutschte herum, nahm Fahrt auf, so dass der PSA-Agent sich gerade noch mit kühnem Sprung zur Seite in Sicherheit
bringen konnte.
Das Möbel verfehlte ihn nur um Haaresbreite. Die Lampe an der
Decke begann heftig zu pendeln, das Bett drehte sich mitten im Zimmer im Kreis,
und X-RAY-3 jagte der Tür entgegen und riss die
Klinke herab. Ruckartig wollte er die Tür öffnen, um sich vor den
herumfliegenden Gegenständen in Sicherheit zu bringen. Das ging jedoch nicht.
Die Tür klemmte und gab um keinen Millimeter nach. Wie festgemauert saß sie in
den Zargen. X-RAY-3 war in dem Spukzimmer gefangen ...
●
Drei Minuten dauerte der Angriff aus dem Nichts. Larry kam es vor
wie eine Ewigkeit. Er sprang von einer Ecke in die andere und wich den
heranfliegenden Gegenständen aus. Die Tonbandgeräte und Mikrofone, die er
gemeinsam am späten Nachmittag mit Shawn Stilling aufgebaut hatte, wurden
ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Die aggressive parapsychische Wucht, mit
der das Unsichtbare, Unheimliche sich bemerkbar machte, überraschte selbst
einen Mann wie Larry Brent. In den Geräten knisterte es, und Blitze schossen
aus den Buchsen. Kleine Explosionen waren zu hören.
Die Tonbandspulen wackelten, wurden emporgehoben und durch die
Luft geschleudert. Sirrend wickelten sich die Spulen auf, und das dünne, braune
Band wurde wie eine endlose Peitschenschnur durch die Luft gezogen. Die Spulen
klatschten an die Decke und in die Ecken, Verputz spritzte ab. Die Dinge, die
auf unerklärliche Weise in Bewegung gerieten, flogen nicht ziellos durch die
Luft. Ihr Ziel war eindeutig X-RAY-3. Larry blieb nichts anderes übrig, als mit
Händen und Füßen so viele Geschosse wie möglich abzuwehren. Blitzschnell
zuckten Arme und Beine vor, und Larry Brent erinnerte in den Positionen, die er
einnahm, an einen quicklebendigen Kung-Fu-Kämpfer, der sich gegen mehrere
Angreifer gleichzeitig zur Wehr setzen musste . In dem
Spukzimmer herrschten ein Durcheinander und ein Krach, der den gesamten
Korridor in dieser Etage erfüllte. Das Stockwerk, in dem das Spukzimmer lag,
war in weiser Voraussicht jedoch bis auf wenige Zimmer ganz am Ende des Ganges
von der Geschäftsführung des Marwick nicht
belegt worden.
Dr. Shawn Stilling, der in Zimmer Nr. 125 schlief, bekam den Lärm
sofort mit. Der
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