094 - Die Schleimigen von Ghost Valley
dass sich dort
ruhelose Seelen trafen, die Seelen derer, die durch eine Gewalttat ums Leben
gekommen waren? Oder war es der Name eines Ortes in den Weiten des großen
amerikanischen Kontinents, vielleicht eine Geisterstadt, die nach der wilden
Zeit vor über hundert Jahren längst verlassen und vergessen war?
Das Letztere schien sich zu bestätigen. X-RAY-1 hatte seine
Mitarbeiter gebeten, so lange im Marwick zu
bleiben, bis er weitere Anweisungen gab. Larry Brent und Shawn Stilling nahmen
im Marwick gemeinsam ihr Frühstück ein.
Sie waren die Ersten, die bedient wurden, und führten ein ausführliches
Gespräch mit dem Direktor. Der kräftige, untersetzte Mann hielt mit seinen
Sorgen nicht zurück. Er fürchtete um den Ruf seines Hauses und die dadurch
entstehenden Einkommensverluste.
»Wenn ich daran denke, wie das Zimmer oben aussieht, graust es mir
vor der nächsten Nacht«, bemerkte er mit belegter Stimme. »So schlimm war es
noch nie ...«
»Wir werden alles daransetzen, die Auswüchse einzudämmen«,
entgegnete Larry, der die Angst des Geschäftsführers nur zu gut verstand.
»Ich habe gehofft, Sie würden in dieser Nacht dem Spuk schon das
Handwerk legen. Ich habe wegen des Lärms viele Beschwerden erhalten. Mein
Telefon hat seit sechs Uhr nicht mehr stillgestanden .«
»Wir kennen die Ursache noch nicht genau. Einen Verdacht haben
wir. Aber es ist fraglich, ob die Bluttat damals der einzige Grund ist, die
Ursache der unheimlichen Ereignisse in diesem Haus. Vielleicht wirken noch
andere Faktoren dabei mit. Hier im Haus, in einem bestimmten Zimmer, eben der
Nummer 124, oder auch nur an der Stelle, wo das Haus jetzt steht, können Dinge
passiert sein, von denen wir noch nichts wissen. Durch die Spukerscheinungen
zeigen sich Kräfte, von deren Existenz bisher niemand wusste .
Sie dürfen versichert sein, dass wir am Ball bleiben
werden und so schnell wie möglich eine Klärung herbeiführen wollen .«
»Hoffentlich dauert das nicht zu lange«, seufzte der geplagte
Direktor. »Sie können uns dabei sicher helfen, die Zeit abzukürzen«, meinte
Larry, der die Zeit bis zum Erhalt der angekündigte Anweisung von X-RAY-1 nicht unnötig verstreichen lassen wollte.
»Gern, Mister Brent.«
»Geben Sie mir die Möglichkeit, Einblick in Ihre Gästebücher zu
nehmen. Alle Personen, die sich irgendwann hier aufhielten, müssen wir
überprüfen .« Die Augen des Direktors wurden groß wie
Untertassen. »Über ... die gesamten ... dreißig Jahre?«
»Wenn es möglich ist, ja .«
»Sie haben sich viel vorgenommen .«
»Ich werde sofort damit beginnen. Noch an diesem Morgen wird ein
Mitarbeiter unserer Abteilung hier eintreffen, der die Sichtung noch genauer
vornehmen wird .«
Das kleine Mittelklasse-Hotel hielt etwas auf Tradition. Die
Gästebücher waren in der Tat vollständig. Eine lange Reihe dunkelbrauner, großformatiger
Bände stand im Büro des Direktors. Larry nahm sich den ersten Band vor. Er
überflog die Namen fand die Angaben über das Paar, das in jener Nacht vor rund
dreißig Jahren fast den Ruf des kleinen Hotels ruiniert hätte. Beim Lesen der
Namen entdeckte er, dass manche Gäste regelmäßig im Marwick abstiegen. Auch das war nichts
Außergewöhnliches. Larry konzentrierte seine Aufmerksamkeit ausschließlich auf
die Personen, die das Zimmer Nr. 124 in den vergangenen Jahren bewohnt hatten.
Im zweiten Jahr nach Bestehen des Marwick gab
es für Zimmer 124 wieder eine Eintragung, die X-RAY-3 sofort auffiel. Über dem
mit schwarzer Tinte eingetragenen Namen einer gewissen Cecil Helman war mit
Bleistift ein weiterer Name vermerkt worden.
»Berry Helman, geboren am 5.4. ...«, murmelte Larry. Er sprach
langsam und hatte Mühe, die dünne, kaum noch lesbare Schrift zu entziffern. Der
Direktor kam heran und warf einen Blick auf die Zeile, auf der Larry Brents
Finger lag. Der untersetzte Mann stutzte einen Moment und winkte dann ab. »In
Zimmer 124 ist doch schon einiges mehr passiert, als man manchmal selbst
wahrhaben will«, sagte er dann grinsend und schien für einen Moment seine
Sorgen vergessen zu haben.
»Ich war damals zwar noch nicht Direktor des Marwick .
Da war mein Vater noch verantwortlich für den Betrieb. Ich war ein kleiner
Junge. Aber da unsere Familie ebenfalls noch im Haus wohnte, und zwar in der
ersten Etage, wo heute die Zimmer 106 bis 112 liegen, bekamen wir natürlich das
Ereignis jener Nacht mit. In Nummer 124 wurde ein Kind geboren .«
»Das ist doch etwas Erfreuliches
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