094 - Die Schleimigen von Ghost Valley
erwiderte Angelika Schenk leise. Die Deutsche
hatte die Beine von sich gestreckt und lehnte mit dem Rücken gegen die
Hallenwand, die einen langen Schatten warf. Angelika Schenk war müde und hielt
die Augen geschlossen. Die Aufregungen und Strapazen waren nicht spurlos an ihr
vorübergegangen. Lucy Masters hielt das Gewehr auf den Knien.
»Jetzt ist es wieder still ... komisch«, murmelte sie. »Vielleicht
hast du doch recht. Wahrscheinlich haben meine Nerven von allem ein wenig
gelitten .« Sie gähnte herzhaft. Die Hitze machte auch
sie schläfrig. Ihr fielen fast die Augen zu. Aber tapfer hielt sie sie offen.
Sie hatte den anderen versprochen zu wachen. Das wollte sie auch tun. Auch Lucy
hockte im Schatten der Hallenwand und starrte hinüber auf die baufälligen
Häuser des verlassenen Ghost Valleys.
Die Hitze flimmerte vor ihren Augen. Der Maschendrahtzaun und die
Silhouetten der alten Holzhäuser der Geisterstadt verschwammen vor ihren Augen.
Sekundenlang nickte das Mädchen ein, fuhr wieder zusammen, und dann hörte sie
plötzlich ein leises, knackendes Geräusch. Es kam aus der Richtung der beiden
geparkten Wagen, die in der größten Sonnenhitze standen. »Die hätte man ja auch
in den Schatten fahren können«, sagte Lucy Masters im Selbstgespräch und erhob
sich matt. »So eilig, sich die Hallen anzusehen, war's ja nun auch nicht .« Dann vernahm sie leises Rauschen, als ob irgendwo Wasser
fließen würde. Aber in der Nähe gab es keinen Bach, kein Rinnsal, keinen
Wasserschlauch, aus dem Wasser hätte kommen können ...
Das Geräusch blieb. Lucy spitzte die Ohren, und ihr Blick ging
immer wieder zu den Autos hinüber. Da sah sie es . »Angie! Schnell ...
Verdammt, was ist denen jetzt passiert ?« Lucy Masters
rief es mit heller, aufgeregter Stimme. Die Deutsche schreckte in die Höhe.
Lucy zog schnuppernd die Luft ein, während sie zu den nur wenige Schritte
entfernten Autos eilte. »Benzin. Es kommt aus den Leitungen ... die sind leck
...«
»Aber ... das kann doch nicht sein .« Angelika Schenk erhob sich, lief hinter der Amerikanerin her, die sich neben den Station-Car ihres Bruders gehockt hatte, beugte den Kopf
tief hinab und sah beunruhigt unter das Fahrzeug. »Das läuft wie ein Wasserfall !«
Sie sahen es beide. Die Benzinleitungen waren an mehreren Stellen
aufgerissen, und der kostbare Treibstoff versickerte im staubtrockenen Sand.
Lucy war verzweifelt, ließ das Gewehr fallen und hantierte mit beiden Händen an
der leckgeschlagenen Leitung. Aber das half nichts. Die letzten Tropfen fielen
heraus. Das restliche Benzin aus dem Tank verschwand im Wüstensand.
Aber das war noch nicht alles. Das gleiche knackende Geräusch, das
sie auf den seltsamen Umstand aufmerksam gemacht hatte, war wieder zu hören. »Ralfs
Auto!« Angelika Schenk fuhr herum. Sie brauchte sich nicht mal die Mühe zu
machen, sich zu erheben und zu dem Wagen zu laufen. Er stand nur zwei Schritte
von Masters' Station-Car entfernt. Auf dem Bauch liegend sahen beide Mädchen
das, was eigentlich nicht sein konnte. Auch aus Ralf Ortners Wagen spritzte das
Benzin. Das konnten keine Schäden sein, die im Nachhinein ,
nach dem Unfall, noch auftraten!
»So etwas ... kann doch nicht von der Hitze kommen«, stieß Lucy
Masters hervor. Angelika Schenk sagte zunächst gar nichts. »Wir müssen die
Ersatzkanister in Sicherheit bringen«, forderte sie dann aufgeregt und raffte
sich auf. Ihre Müdigkeit war wie verflogen und sie zwang sich zur Eile. Die
vollen Ersatzkanister, die glücklicherweise die harten Manöver und
Schwierigkeiten vorhin unbeschadet überstanden hatten, standen übereinander befestigt
neben dem Ersatzrad an der hinteren Tür des Wagens.
In dem Moment, als Angelika aufsprang, um ihren Gedanken in die
Tat umzusetzen, ging das unheimliche Geschehnis weiter. Die unsichtbare Kraft,
die die Zuleitungen zerstört hatte, machte sich nun an den Kanistern zu
schaffen. Sie wackelten hin und her und wurden kräftig durchgeschüttelt, als
würde der schwere Wagen über Stock und Stein jagen. Aber er stand völlig still!
Die Kanister klapperten gegen die rückwärtige Metallverkleidung des Fahrzeuges,
und dann wölbten sich die Wände der Behälter nach außen, als würde jemand innen
sitzen und mit aller Kraft seine Fäuste dagegen drücken ...
Angelika schrie auf. Dann gab es einen Knall. Die Kanister
platzten auf. Dicke Fontänen spritzten in die Luft und trafen auch die beiden
Mädchen, die schreiend seitwärts liefen, um
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