0940 - Die Zombie-Zeche
stabil.
Suko mußte eine der Leitern an der Seite benutzen. An deren Ende konnte er über einen schmalen, abgesicherten Laufsteg die Brücke erreichen. Er versuchte, so wenig Geräusche wie möglich zu machen, was bei den Metallsprossen nicht einfach war, denn bei jedem Tritt klangen kleine Echos an seine Ohren.
Stufe für Stufe kletterte er hoch. Einem finsteren Himmel entgegen, der ihn schluckte. Die Schwärze der Decke über ihm kam ihm wie ein bösartiges, plattes Monstrum vor, das jeden Augenblick nach unten kippen konnte.
Unangefochten erreichte Suko den Laufsteg und bewegte sich auf den Metallplatten weiter, die zusammengeschweißt waren, aber trotzdem noch Lücken aufwiesen.
Im Schein seiner Lampe schaute Suko auf den Rost. Er wirkte wie verkrustetes Blut.
An der Brücke blieb Suko stehen.
Getan hatte sich nichts. Er konnte den großen Eingang gut sehen.
Dahinter malte sich das Zechengelände ab, auch ein Teil des Förderturms war sichtbar.
Durch zwei Geländer war die Brücke abgesichert worden. Die ersten Schritte setzte Suko vorsichtig. Er prüfte auch die Standfestigkeit des Metalls und war zufrieden, daß es nicht einsackte. Die einzelnen Platten lagen dicht beisammen und wegen ihrer nach oben stehenden Noppen waren sie ziemlich rutschfest angelegt worden.
Etwa in gleicher Höhe lag der große Ofen. Suko sah das Dach, er sah auch die gewaltigen Schornsteine, er roch das alte Mauerwerk, das etwas Unheimliches auszuatmen schien. Den Gestank nach Kohle und Erde, nach Dingen, die schon seit Urzeiten hier versteckt lagen.
Niemand zeigte sich, aber Suko fühlte sich trotzdem beobachtet. Wäre jetzt etwas passiert, es hätte ihn nicht gewundert. Auf seinem erhöhten Logenplatz fühlte er sich nicht eben wohl. Der Blick glitt hinein in die dichte und auch leicht schwammige Finsternis unter ihm, und er konnte leicht den Eindruck bekommen, das der Boden schwamm.
Etwas war da. Keine dämonischen Schlangen oder Aale. Etwas ganz anderes.
In den vergangenen Minuten war dem Inspektor klargeworden, daß dieses Zechengelände nicht mehr den Menschen gehörte. Jemand anderer hatte es in seinen Besitz gebracht und es wahrscheinlich schon immer besessen, sich aber als Besitzer nicht offenbart.
Wer war es? Eine Macht? Eine Kraft, die Herrschaft über die dämonischen Aale ausübte und tief im Schoß der Erde lauerte, wo die Stollen und Gänge ein Muster bildeten?
Wie sicher war die Erde noch?
Etwas zuckte.
Suko achtete im ersten Augenblick nicht darauf, bis sich dieser Vorgang wiederholte und er in oder unter seinen Füßen die leichten Schwingungen spürte.
Das war keine Einbildung. Etwas hatte es geschafft, das Gestell der Brücke ins Zittern zu bringen. Suko spürte die Spannung in seinem Körper, er schaute über die Brüstung hinweg, weil er mehr vom Untergrund sehen wollte, der aber verschwamm in der tiefgrauen Schwärze und war nur nahe des Eingangs zu erkennen.
Bewegte er sich dort?
Möglich, aber nicht sicher. Trotzdem fand Suko den Platz auf dieser Metallbrücke nicht mehr so attraktiv, er wurde ihm allmählich ziemlich gefährlich.
Dennoch ließ sich der Inspektor Zeit. Wieder benutzte er seine Lampe und strahlte in die Tiefe. Er hoffte, den schmutzigen Fabrikboden dort unten erreichen zu können, was er auch soeben schaffte, aber es huschte nicht mehr als ein bleicher Hauch über den Untergrund hinweg.
Viel holte er nicht aus der Schwärze hervor, und als Suko weiter nach vorn leuchtete und dabei den Winkel verändert hatte, wurde der Lichtschein von der Finsternis ganz verschluckt.
Das war nicht gut.
Es hatte keine Aufklärung gegeben, aber die folgende Sekunde wurde für ihn zu einer Warnung.
Diesmal vibrierte der Metallboden unter seinen Füßen überdeutlich. Es war sogar ein leises Knirschen zu vernehmen, als würde das Metall im nächsten Augenblick brechen.
Suko hatte eine Hand auf die seitliche Stütze gelegt. Unter ihr zitterte das Metall.
Die Schwingungen blieben. Sie forderten Suko auf, seinen luftigen Platz zu verlassen. Noch knirschte das Gefüge nicht, aber so lange wollte der Inspektor auch nicht warten. Er mußte so schnell wie möglich festen Boden erreichen, obwohl er sich dort auch nicht sicher fühlen konnte.
Im Laufschritt rannte er über die eiserne Brücke hinweg. Es war ihm jetzt egal, ob er gehört wurde oder nicht, er mußte nach unten. In seiner Einbildung kam ihm das Metall schon weich vor. Er trennte sich von dem Gedanken und bekam den nächsten Stoß mit,
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