0940 - Die Zombie-Zeche
schon mit dem Gedanken, angeseilt in die Tiefe zu klettern.
Ohne einen Strick und ohne Hilfe war das nicht möglich. Da hätte ich schon Suko an meiner Seite haben müssen.
Ihn würde ich hoffentlich auf dem Zechengelände finden. Aber mein Plan fiel’ ins Wasser, denn so dicht war der Dunst nicht, als daß mir nicht die Bewegung aufgefallen wäre, die ich für einen Moment im Licht der Straßenleuchte sah.
Es war eine Gestalt, eine Frau, Helma Bennet.
Und sie sah ganz so aus, als wollte sie wieder ihr Haus betreten, denn sie bewegte sich bereits auf der richtigen Seite. Mir kam es sehr gelegen. Ich zog mich noch mehr in die Finsternis nahe der Mauer zurück und wartete ab.
Den Eingang konnte ich unter Kontrolle halten. Helma Bennet war wieder in der Dunkelheit und im Dunst verschwunden, aber ich hörte sie; sie kam immer näher. Am Vorgarten blieb sie für einen Augenblick stehen und schaute sich sichernd um.
Mich entdeckte sie zum Glück nicht, denn mein Körper war mit der Dunkelheit verschmolzen.
Über den schmalen Steinweg durchquerte sie den kleine Vorgarten und schritt geradewegs auf die Haustür, zu. Sie hatte bereits einen Schlüssel hervorgeholt. Wie ein kleines Messer streckte sie den glänzenden Gegenstand nach vorn.
Ich hörte sie schnaufen. Vor der Tür blieb sie noch einmal stehen und sah sich um. Das Risiko für mich, entdeckt zu werden, war jetzt sehr hoch. Und wenn schon, Helma hätte mir nicht mehr entwischen können, aber sie blickte auch zurück und nicht zu den Seiten hin. Sicherlich rechnete sie mit einem Verfolger, der über die Straße kam und urplötzlich wie eine Gestalt des Schreckens aus dem Dunst auftauchte.
Mrs. Bennet schloß auf. Zweimal drehte sie den Schlüssel, was deutlich zu hören war.
Ich blieb noch stehen und wartete so lange, bis sie die Tür weit aufgedrückt hatte. Es nahm schon seine Zeit in Anspruch, denn Helma ging sehr vorsichtig zu Werke.
Sie machte den nächsten Schritt, der sie über die Schwelle brachte.
Genau in diesem Augenblick setzte auch ich mich in Bewegung. Ich war leise, aber nicht zu leise. Sie hatte wohl das Schaben meines Jackenärmels an der Haus wand gehört, drehte sich um, und selbst im Dunkel erkannte ich den erschreckten Ausdruck in ihrem Gesicht.
Der nächste Schritt brachte mich direkt an Helma Bennet heran, die nur noch stottern konnte. »Sie, Sie…«
»So ist es Mrs. Bennet.« Ich schob sie vorsichtig in den Hausflur. Sie ließ es mit sich geschehen und bewegte sich dabei mit kleinen Schritten voran. Ich schloß die Tür und fand sofort den Lichtschalter.
Helma schaute mich nicht an, ihr Blick glitt zur Treppe hin. Helma atmete dabei heftig und hörte meine ruhig klingende Stimme: »Sollten Sie von oben her etwas erwarten, so muß ich Sie leider enttäuschen, Mrs. Bennet. Da ist nichts mehr.«
»Wie…«
»Kommen Sie bitte. Den Weg ins Wohnzimmer brauche ich Ihnen ja nicht zu zeigen.«
»Nein«, murmelte sie. »Nein…«
Zusammen betraten wir das Zimmer, und ich war gespannt, was ich von ihr zu hören bekam…
***
Suko hatte die Halle der Kokerei erreicht. Er betrat eine derartige Anlage zum erstenmal in seinem Leben. Obwohl kein Licht brannte, hatte er es geschafft, sich zu orientieren. Er sah die Leitungen an den Wänden und diejenigen, die hoch zur Decke stiegen, wo sie mit den Schornsteinen verbunden waren.
Die Schienen führten bis dicht an einen gewaltigen Ofen heran, in dem die Kohle früher verkokst worden war.
Jetzt lag alles still. Es kam dem Inspektor auch so vor, als wären Teile dieser Anlage bereits demontiert worden, da manche Leitungen nur mehr aus Flickwerk bestanden. Sie waren einfach zerrissen worden, doch aus den Öffnungen strömte kein Dampf mehr hervor. Nur der alte Geruch hatte sich noch gehalten und drang in Sukos Nase.
Er schaute nach oben, weil er sich ein Gebilde näher betrachten wollte.
Es war eine eiserne Brücke, von den Seiten aus durch Leitern zu erreichen. Sie spannte sich quer durch die große Halle und führte zum Dach des gewaltigen Koksofens.
Suko durchwanderte die leerstehende Kokerei auf der Suche nach irgendwelchen Feinden. Aus keinem Versteck, aus keiner Spalte schössen sie hervor. Die Aale zeigten sich nicht. Sie blieben versteckt, und Suko fragte sich, ob überhaupt noch welche von ihnen in der Nähe lauerten.
Ihn interessierte schon, wie die Kokerei aus der Höhe aussah. Er wollte auf die Brücke gehen, die sicherlich seinem Gesicht standhielt. Eisen war eben
Weitere Kostenlose Bücher