0940 - Die Zombie-Zeche
Deshalb hörte sich der Schrei noch lauter und schlimmer an, als er ohnehin schon war. Aber er hatte auch bei diesem grauenvollen Etwas für eine weitere Bewegung gesorgt, denn aus dem Loch schoß ein weiterer Schleimarm. Der zweite war dicker als der erste. Er sah aus wie eine Welle und fiel auf Gordon Bennet nieder. Ich hörte sogar das Klatschen, als er traf, und war selbst damit beschäftigt, auf die Knie zu kommen, was mir nur mühsam gelang.
Schaffte ich es?
Nein, das Wesen war schneller.
Bevor ich meine Hand noch ruhig halten konnte, hatte der Körper bereits den Rand des Lochs erreicht. Er wurde in die Tiefe gezogen.
Bennet schrie nicht mehr. Der zweite Arm hatte seinen Kopf inzwischen von hinten erwischt und ihm den Mund zugedrückt.
Im Licht der kleinen Lampe verfolgte ich das alles und wäre am liebsten im Boden versunken, so sehr tobte in mir die Wut und der Zorn darüber, es nicht gepackt zu haben.
Der zweite Schuß kam zu spät.
Er hätte dieses schleimige, schwarze Untier zwar erreicht, da aber war es mitsamt seiner Beute bereits in der Öffnung verschwunden. Ich hatte das Nachsehen.
Trotzdem blieb ich nicht auf der Stelle knien. Auch wenn mein Rücken noch so weh tat, ich wollte an das Ziel heran, bewegte mich auf den Knien rutschend und auch mit einer Hand abstützend weiter, wobei die schlimmsten Geräusche die aus der Tiefe drangen, auch meine Ohren erreichten.
Identifizieren konnte ich sie kaum. Ein Röcheln, Schreien und verzweifeltes Gurgeln.
Dann war es still.
Ich erreichte endlich den Lochrand und starrte in die Tiefe. Auch die Mündung der Pistole zeigte nach unten. Der Lampenstrahl zitterte ebenso wie meine Hand, aber ich bekam wieder nichts zu sehen. Nur die verdammte Schwärze, die alles aufsaugte.
War Bennet noch zu retten?
Ich glaubte nicht daran, deshalb kostete es mich auch keine Überwindung, in die Tiefe zu feuern.
Ich hatte die Beretta etwas in die Öffnung hineingesteckt. Das Echo hörte sich nicht mehr so laut an wie beim ersten Schuß, die Ränder dämpften es.
Wohin die Kugel verschwand, sah ich nicht. Das Dunkel saugte sie auf, und es war für mich auch nicht zu erkennen, ob ich einen Treffer gelandet hatte.
Sehr frustriert, verzweifelt und trostlos hockte ich am Loch. Es war wieder still geworden, abgesehen von meinen eigenen Atemzügen, die zischend aus meinem Mund drangen.
Still und unheimlich.
Und ich war der große Versager. Ich hatte es nicht geschafft, den Unhold zu stoppen. Diesen schwarzen Arm, dieses teerartige Monstrum das sich an die Oberfläche gebohrt hatte. Es war mir vorgekommen wie eine Riesenkrako, der in der Tiefe seine Heimat gefunden hatte, weil er mit der Welt unter Wasser-nicht mehr zufrieden war.
Bennet war verschwunden. Ich fragte mich, ob er je wieder auftauchen würde. Wenn ja, wie sah er dann aus? War er zu einem lebenden Toten geworden?
Ich starrte auch jetzt noch in die Tiefe, aber aus ihr erhielt ich keine Antwort.
Dann zog ich mich zurück. Jede Bewegung war noch immer mit einem heftigen Schmerz im Rücken verbunden, aber ich bekam einigermaßen Luft.
Ich kam auch auf die Füße, blieb schwankend stehen und brauchte schließlich die Stütze an der Wand. Daß der Abend so enden würde, hätte ich nicht gedacht.
Ausgerechnet Gordon Bennet! Ausgerechnet er. Verdammt noch mal, er war in diesem Fall mein Partner gewesen. Er hätte mich über das Gelände führen können, das er kannte wie seine eigene Westentasche.
Jetzt stand ich allein, das heißt, nicht ganz, denn Suko hielt sich ebenfalls in der Gegend auf.
Wir hatten uns den Job geteilt. Bennet wollte sich im Freien umschauen, in der Nähe des Förderturms und der Siedlung.
Er würde ziemlich allein sein. Seit sich herumgesprochen hatte, daß Menschen spurlos verschwanden, wagte sich kaum noch jemand in die Dunkelheit.
Aber was war hier schon sicher?
Wer immer dort unten herrschte und sich etabliert hatte, er hatte auch die Kontrolle bekommen.
Ein Motiv mußte es geben, das stand für mich fest. Einen Grund, warum sich das Monstrum Menschen holte, aber darüber wollte ich jetzt wirklich nicht spekulieren.
Es hatte keinen Sinn, wenn ich länger in der Kaue blieb. Hier war die Musik gelaufen. Gleichzeitig stand mir noch etwas Schlimmes bevor. Wir hatten für die Dauer unseres Einsatzes bei den Bennets ein Quartier gefunden, ein kleines Zimmer unter dem Dach, zu erreichen über eine schmale Treppe. Die beiden Liegen, die dort standen, reichten uns aus.
Und wir hatten
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