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0940 - Geburt einer Dunkelwolke

Titel: 0940 - Geburt einer Dunkelwolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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auch wissen, daß es nicht Liebe auf den ersten Blick ist, die ihn gerade Virna Marloy auswählen läßt, sondern daß Tezohrs Macht seine Triebe zum richtigen Zeitpunkt geweckt hat.
    Virna Marloy drängt sich als Partnerin für Harzel-Kold nicht wegen überragender Intelligenz oder anderer besonderer Fähigkeiten auf. Sie bietet sich vielmehr wegen des Fehlens solcher Gaben an. Sie besitzt ein offenes und einfaches Wesen, ist unsicher und leicht beeinflußbar. Und sie ist ein überaus gefühlsbetontes Wesen. Harzel-Kold erweckt ihr Mitleid. Sie weiß nicht, daß seine Melancholie von der Beschäftigung mit den Psychoden herrührt, sondern denkt, daß sie Ausdruck seiner Einsamkeit ist. Darum geht sie mit ihm ... Ohne zu überlegen, ohne Fragen zu stellen.
    Ihr erster Kontakt mit den Zwottern löst beinahe einen Schock aus. Als nach der nächtlichen Landung auf Zwottertracht aus dem Sandsturm eine groteske Gestalt mit einem überdimensionalen Kopf und einem wie aus Lehm geformten Gesicht auftaucht, raubt ihr der Anblick das Bewußtsein. Das Heulen des Sturmes und das Trommeln des Sandes tut ein übriges, um ihre Ankunft zu einem Alptraum zu gestalten. Doch ist der erste Eindruck nicht bestimmend. Der dramaturgische Gag des unsichtbaren Regisseurs erzielt die gewünschte Wirkung: Virnas namenlosem Entsetzen folgt die befreiende Erkenntnis, daß alles nur halb so schlimm ist. Die Zwotter sind im Grunde genommen liebenswerte Gesellen, die Wüstenlandschaft von Zwottertracht zeigt schon am nächsten Morgen ihre unbeschreiblichen Reize. Der Atemlosigkeit folgt Aufatmen. Virna freundet sich mit Blinizzer an, er wird ihr persönlicher Diener. Blinizzer ... der vergessen hat, daß er als Blinizza Harzel-Kold das schicksalsbestimmende Königspsychod zugespielt hat.
    Das paraplasmatische Kunstwerk ist seit langem schon in Harzel-Kolds Museum deponiert. Es scheint, wie die anderen Psychode auch, keinen anderen Zweck zu erfüllen, als den Betrachter durch seinen Anblick zu erfreuen und durch seine Sendungen in Stimmung zu versetzen. Harzel-Kold merkt längst nicht mehr, wie sehr ihn ihre Parusie geformt hat und wie stark sie ihn immer noch beeinflußt. Er gehorcht keinem eigenen Antrieb, als er Virna Marloy in sein Museum führt und sie dem Einfluß seiner Psychode aussetzt.
    Doch Virna spricht anders als erhofft darauf an. Sie empfindet Entsetzen bei der Konfrontation mit den Psychoden, sie wird fast wahnsinnig vor Angst. Und sie bittet Harzel-Kold, die prä-zwotterischen Kunstwerke von ihr fernzuhalten.
    Harzel-Kold führt ihr auch das Königspsychod vor und teilt ihr das erarbeitete Teilwissen mit: „... Der Zwotter, der mir das Ei kostenlos überließ, nannte es das Auge des Königs. Und ich bin sicher, daß es ein Andenken an jenen König ist, der vor urdenklichen Zeiten den Umschwung für die Vorfahren der Zwotter brachte. Ihm allein haben wir die Entstehung dieser Kunstwerke zu verdanken, die Zeugnis von der Größe seines Volkes ablegen. Noch ist es mir ein Rätsel, was zum Untergang dieses hochentwickelten Volkes geführt hat. Aber bald werde ich die letzten Geheimnisse enthüllt haben."
    Virna flieht die Psychode. Harzel-Kold versucht, sie allmählich an sie zu gewöhnen, indem er der Schlafenden heimlich Psychode ans Bett stellt. In der ersten Nacht eines, in der zweiten Nacht ein zweites ... Aber Virna Marloy hat sich in den fernsten Winkel von Harzel-Kolds Trutzburg zurückgezogen, um der Parusie der Psychode zu entgehen, freilich ohne Erfolg. Denn die Ausstrahlung der Psychode ist überall. Und die Kraft der Psychode ist gegenwärtig, wenn sie sich in der vermeintlichen Abgeschiedenheit des geschlossenen Raumes Harzel-Kolds Umarmung hingibt.
    In solchen Momenten ist sie von seiner Leidenschaft überrascht, und sie gibt sich dem alles verzehrenden Feuer der entfesselten Gefühle nur allzu gerne hin, um Vergessen vor der Realität zu finden.
    Doch eines Tages ist Harzel-Kolds Feuer erloschen. Es ist, als hätte er in einem letzten Aufbäumen seinem Schicksal entrinnen wollen, resigniere nun aber. Er wird verschlossener und immer schwermütiger. Die meiste Zeit sperrt er sich mit seinen Psychoden ein.
    Virna spürt instinktiv, daß er diesen Kunstwerken verfallen ist. Doch glaubt sie sich selbst vor deren Einfluß sicher. Sie weiß noch nicht, daß sie die Saat der Psychode in sich trägt, daß ein Leben in ihr wächst, das im Zeichen von Tezohrs Einfluß gezeugt wurde.
    Als sie sich dann entschließt, von

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