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0942 - Die Prophezeiung des Uriel

0942 - Die Prophezeiung des Uriel

Titel: 0942 - Die Prophezeiung des Uriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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gewesen? Oder wer?
    Schließlich tippte sie sich an die Stirn. »Die Leute haben doch alle einen Vogel«, sagte sie halblaut und schnappte sich das Buch, das sie für sich aus dem Regal gezogen hatte. »Und ich auch.«
    Zeit, um sich wieder mit der Frage zu befassen, wie man einen Engelsfluch löste.
    ***
    Wieder Tage vergangen, ohne dass viel passiert ist , dachte Nicole. Sie war zwar dazu übergegangen, Minamoto und seiner Tante bei der Bekämpfung kleinerer Dämonenerscheinungen zu helfen, doch sie hatte immer eindeutiger den Eindruck, sie trete auf der Stelle. Und obwohl Minamoto ihr den Gefallen tat und stapelweise Bücher anschleppte, die in Englisch oder Französisch abgefasst waren und sich mit der Legende um Susanoo und den drei Insignien Japans beschäftigen, hatte Nicole immer mehr das Gefühl, sie müsse wirklich zu dieser Amanohashidate, dieser Landbrücke.
    Sie hatte Minamoto und auch seine Tante Madame Ichiko noch mehrmals darauf angesprochen, doch erreicht hatte sie damit nicht viel. Ihre japanischen Gastgeber schienen nicht willens, sie dorthin zu bringen, so als fürchteten sie dort eine große Gefahr für Nicole. Und bisher hatten beide es mit ihr so gut gemeint, dass Nicole gar nicht anders konnte, als ihnen vertrauen.
    Ich weiß gar nicht, warum ich glaube, dass ich auf einmal dort in Miyazu am Meer alle Antworten finde. Vielleicht ist das gar nicht so. Die beiden haben schon recht, vielleicht hat es wirklich einen Grund, dass ich hier bin, und die Dinge entwickeln sich, wie sie sollen.
    Nachdenklich sah Nicole in den kleinen Garten hinter dem ryokan hinaus. Der Tag war warm gewesen, doch jetzt, am Abend, begann die Luft feucht zu riechen. Zu hören war nur das Plätschern des winzigen künstlichen Bachlaufs. Sie nahm noch einen Schluck des herben, grünen Tees, den sie wie jeden Abend von Madame Ichiko bekommen, hatte und spürte, wie sie innerlich etwas ruhiger wurde.
    Die Sonne schien rot durch die Blätter des Ahornbaumes und glänzte mit dem vergoldeten Dach der kleinen Zierpagode um die Wette. Nicole fragte sich unwillkürlich, welcher Landschaft wohl dieser Garten nachempfunden war. Es hieß ja, das beinahe jeder japanische Garten einer echten Landschaft ähnelte.
    »Ich sehe, dass die verehrte Weißmagierin versucht, ihr inneres Gleichgewicht wiederzufinden«, hörte sie auf einmal eine leise und angenehme Stimme hinter sich. Nicole fuhr herum.
    In den Schatten des mit japanischem Minimalismus eingerichteten Zimmers saß eine Gestalt in rauchgrauer Seide. Das Gesicht bestand nur aus einer Nô-ähnlichen Maske und schien über dem Körper zu schweben. Es zeigte ein gelassenes und beinahe entrücktes Lächeln.
    »Shinigami«, sagte Nicole. Sie hatte sich immer noch nicht an das plötzliche Auftauchen des Totengeistes gewöhnt.
    »Ich grüße die verehrte Weißmagierin.« Der Geist legte die Fingerspitzen auf den Boden vor sich und verneigte sich tief. »Ich bin hier, da ich von Eurem Wunsch erfahren habe, die Amanohashidate zu besuchen.«
    »Und du bist auch dagegen, dass ich dorthin fahre.«
    Der Geist schwieg ein paar Sekunden, als müsse er über die Antwort nachdenken. »Es ist noch nicht an der Zeit. Ihr habt natürlich recht, dass diese Landbrücke eine Bedeutung hat. Doch noch ist es nicht an der Zeit.«
    »Warum nicht? Ich bin es nicht gewöhnt, herumzusitzen und die Hände in den Schoß zu legen und abzuwarten, bis etwas passiert.«
    Die schwebende Maske senkte sich noch ein Stück, sodass das Lächeln darauf breiter zu werden schien. »Nein. Ihr seid nicht die Frau, die die Hände in den Schoß legt. Wie ich weiß, habt Ihr mit Euren Freunden bereits viele Menschen hier in Japan vor üblen Kami gerettet.«
    »Vielleicht reicht mir das nicht aus, wenn ich weiß, dass es ein Wesen wie CHAVACH auf dieser Welt gibt!« Nicole stellte ihre Teeschale ab, sodass die Flüssigkeit darin fast überschwappte. »Ich fühle genau, dass man ihn vernichten muss, Shinigami! Und du weißt das auch, deshalb bin ich hier! Ich verstehe einfach nicht, was dieses Warten soll. Warum werde ich immer vertröstet?«
    Der Shinigami hob das Gesicht wieder, sodass es diesmal ernst aussah. »Verehrte, ich kenne den Zustand Eurer Seele. Ich habe auch den mir übergeordneten Geist schon gebeten, mir mehr darüber zu sagen, sodass ich Euch ein wenig von Eurer Unruhe nehmen kann. Doch er weiß selbst nicht mehr. Er weiß jedoch, dass alles zur rechten Zeit enthüllt wird.«
    »Und dann ist es vielleicht zu spät«,

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