0943 - Das Vampir-Phantom
verabschieden. Er war noch immer benommen und schaute sich dann sein Pendel genauer an, weil er sich wieder an das Zischen erinnert hatte. Es war genau in Höhe seines Pendels aufgeklungen.
Er zog es hoch und legte es auf seine Hand. Sekundenlang schaute er sich das Gesicht an, wobei eine Vermutung in seinen Kopf drang, mit der er selbst nicht zurechtkam.
Hatte sich das Pendel verändert? Nein, nicht von der Größe her, sondern vom Motiv.
Das Gesicht also!
Schief - ja, es war schief geworden, als würde es sich von der Oberfläche lösen, wobei es aber nicht zum Äußersten gekommen war.
Marek begriff nichts mehr. Er kam sich plötzlich vor wie ein Soldat irgendwo in der Wildnis eines fremden Landes. Er glaubte sich bereits verloren.
Bisher hatte er das Pendel nicht für ein Allheilmittel oder eine Allzweckwaffe gehalten, doch er hatte sich immer gern darauf verlassen. Das war nun anders geworden, denn er hatte miterleben müssen, daß es nicht unangreifbar war.
Er dachte wieder an das Zischen, und mit der Spitze des linken Zeigefingers glitt er über das Gesicht hinweg, um herauszufinden, ob sich dort etwas erwärmt hatte.
Nein, der Stein war normal. Oder er hatte sich wieder normalisiert, aber er war auch angreifbar. Mit der Idee fertig zu werden, fiel Marek schwer.
Er war tief in Gedanken und schrak zusammen, als er hinter sich ein Räuspern vernahm. Marek drehte sich um und schaute in das Gesicht eines älteren Mannes, der darum bat, auf die Toilette gehen zu dürfen.
»Natürlich, bitte.« Frantisek machte den Weg frei. Er suchte nach dieser Gestalt, aber sie war verschwunden. Nur er und das Mädchen hatten sie gesehen.
Ihm fielen die Worte ein, die man ihm mitgeteilt hatte. Da war vom Sterben gesprochen worden.
Alle sollten sterben. Wer war das denn? Wen hatte dieses Phantom damit gemeint?
Das wußte Marek nicht, aber er konzentrierte sich auf das Naheliegende und dachte daran, daß er sich in einem Flugzeug befand, zusammen mit anderen Passagieren. Und diese Gestalt hatte vom Sterben gesprochen.
ALLE STERBEN.
Die Fluggäste?
Frantisek kämpfte gegen einen Schwindel. Er wollte es sich nicht vorstellen, er wollte nicht mal daran denken, doch das fiel ihm verdammt schwer.
Mit schweren Schritten und langsamen Bewegungen ging er wieder zurück zu seinem Platz. Als ihn das kleine Mädchen ansprach, lächelte er ihm zu und strich über das dunkle Haar. Reden wollte und konnte er nicht. Er hätte sich überhaupt nicht auf das Kind konzentrieren können.
Als der Pfähler endlich saß, war er froh. Seine Beine hatten zuletzt doch stark gezittert. Natürlich kreisten seine Gedanken um das eben Erlebte, und das Bild in der Toilette kristallisierte sich immer wieder stark hervor.
Es war ein Phänomen gewesen. Ein Schatten und in dessen Mitte ein Vampir, ein Phantom, ein Geist. Ein Untoter, der feinstofflich war und sich aufgelöst hatte.
Marek dachte näher darüber nach, und ihm kam sein Kampfname wieder in den Sinn.
Man nannte ihn den Pfähler. Und das nicht grundlos. Denn er hatte zahlreiche Blutsauger durch einen gezielten Stoß mit seinem angespitzten Eichenpflock vernichtet.
Eine alte Methode, die noch immer am besten war.
Bis heute.
Doch jetzt dachte Marek anders darüber. Er stellte sich vor, was er getan hätte, wäre er mit seinem Pfahl bewaffnet gewesen. Nichts hätte er getan, gar nichts. Er hätte gar nichts tun können, denn ein Vampirgeist war nicht zu pfählen.
Diese Tatsache ließ ihn schaudern und sogar leicht zusammensinken. Er hatte den Eindruck, daß im Kampf gegen die Blutsauger ein neues Kapitel aufgeschlagen worden war.
Die Stewardeß kam vorbei, warf ihm einen Blick zu und blieb stehen. »Ist Ihnen nicht gut?« erkundigte sie sich besorgt.
»Doch, doch es geht schon.«
»Oder möchten Sie vielleicht einen Magenschnaps.«
»Ja«, sagte Marek, »das ist eine gute Idee. Bringen Sie mir bitte einen doppelten Slibowitz.«
»Gern, der Herr.«
Die Stewardeß ging in die Bordküche. Marek schaute aus dem Fenster, sah den blauen Himmel, spürte, wie ruhig die Maschine flog, und er faltete die Hände. Er betete für ein glückliche Landung in London…
***
Früh genug waren Suko und ich am Airport, nur Bill hatte seine Schwierigkeiten. Er traf später ein, aber er war noch immer zu früh, denn die Maschine hatte Verspätung.
Der Reporter stelle die dicke Reisetasche neben sich und schüttelte den Kopf. »Der Verkehr war wieder die Hölle.«
»Durch den mußten wir auch«,
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