0943 - Herren aus der Tiefe
er mich ausfindig, rief mich an. Er brauche Hilfe, sagte er mir aufgelöst am Telefon. Er wolle sich von seiner Schuld reinwaschen, bevor es zu spät sei. Ob es keine Alternative gäbe? Nichts, was er den Stadtvätern als Ersatz für sein armseliges Leben anbieten könnte? Er würde alles dafür geben, nicht dem Beispiel Georges und Neils folgen zu müssen.«
»Brillant.« Andy keuchte. »So leid es mir tut, aber das ist brillant. Und wahnsinnig.«
Menderbit lächelte. »Sie haben vielleicht bemerkt, dass Silverman und D'Aquino in ähnlichen Richtungen dachten. Mir kam zu Ohren, sie hätten beide große Summen an wohltätige Zwecke gespendet. Nun, um Geld ging es mir nicht.«
Gryf nickte. »Als Roslin Sie nach einer Alternative bat…«
»… riet ich ihm, sich des Gegenstands zu entledigen, der für ihn den meisten Wert besaß, ganz genau.« Der kleine Mann glühte förmlich, so begeistert war er. »Mein Plan hatte funktioniert. Endlich war Roslin da, wo ich ihn haben wollte - und er fraß mir aus der Hand.«
»Das erklärt Ihr Motiv«, sagte Andy langsam, »aber nicht Ihre Vorgehensweise. Wie haben Sie es geschafft, zwei Menschen zu ermorden und es wirken zu lassen, als seien sie von innen heraus verbrannt?«
»Weil sie das sind , Sergeant! Zumindest in gewisser Weise.« Menderbit wandte sich an einen livrierten Bediensteten, der wie aufs Stichwort in die Halle getreten war. »Livingston, bringen Sie mir doch bitte die Waffe, ja?«
Waffe? Gryf traute seinen Ohren kaum. All das mit einer simplen Waffe?
Keine Minute später kehrte der Lakai zurück und hielt ein klobiges, silbern schimmerndes Gerät im Arm, das mühelos aus einem Science-Fiction-Serial wie »Flash Gordon« hätte stammen können, wenn es nicht so modern ausgesehen hätte.
»Das, Miss Moffat, ist der eigentliche Grund, aus dem ich unsere Begegnung so großartig finde«, sagte Menderbit und nahm seinem Hausdiener das latent an ein Gewehr erinnernde Objekt ab. »Eine Erfindung, die, wie ich glaube, Sie und Ihre Zuschauer brennend interessieren dürfte. Ich präsentiere Ihnen: die Mikrowellen-Kanone!«
Seine Statur, der hochgereckte Kopf und das triumphale Grinsen im Gesicht… das war ein Mann, der ganz und gar Herr der Lage war, daran bestand kein Zweifel. Menderbit wusste genau was er tat, Wahnsinn hin oder her, und er genoss jede Sekunde.
»Mikrowellen«, wiederholte Andy skeptisch. »Wie in: Mikrowellengerät?«
Der Kahle nickte begeistert. »So ist es. Dieses kleine Wunder verdanke ich den Forschungen an der NYU, die ich seit Jahrzehnten fördere. Es handelt sich um eine Strahlenwaffe, so könnte man es wohl am einfachsten beschreiben. Stellen Sie sich einen Laser vor, den sie zielgenau ausrichten und abfeuern können. Er vernichtet sein Zielobjekt, zieht aber - im Gegensatz zu anderen Waffen - die unmittelbare Umgebung in keinster Weise in Mitleidenschaft. Nun, dieses Gerät arbeitet genauso, nur eben auf Mikrowellenbasis. Bisher existiert einzig der Prototyp hier, aber in den nächsten Jahren will ich damit auf den freien Markt. Den Waffenhandel revolutionieren, hehe.«
Es war die reinste Science Fiction. Gryfs Gedanken überschlugen sich. Erzählte dieser Knilch ihnen tatsächlich gerade, dass er Silverman und D'Aquino gekocht hatte? So, wie man sich eine Suppe vom Vortag heißmachte?
»Nicht so skeptisch, Mister«, sagte Menderbit und sah Gryf lachend an. »Es funktioniert wirklich - und das Prinzip ist der Wissenschaft seit Jahren bekannt. Alles, was wir noch taten, war, die Leistung zu bündeln, zu verstärken und sie in der Praxis anzuwenden. Im Fall von D'Aquino hatte sich der gute Livingston im Schaffnerbüdchen des U-Bahn-Waggons versteckt. Sie wissen schon, diese kleinen Kabuffs nahe der Waggonübergänge, die aussehen, als seien sie vor Jahrzehnten verrammelt und vergessen worden. Dort sah ihn niemand, und als George auftauchte - wofür ich persönlich Sorge trug - musste Livingston nichts weiter tun, als den Lauf der Waffe auf ihn zu richten und abzudrücken. Zu diesem Zweck hatte er extra ein kleines Loch in die Wand des Kabuffs gebohrt. Wirklich erstaunlich, wie winzig so ein Mikrowellenstrahl sein kann, finden Sie nicht?«
»Und Silverman?«, fragte Jenny. »Ich kann mir vielleicht noch vorstellen, dass Ihr Killer unbemerkt aus einer verlassenen U-Bahn flieht, aber in einem TV-Studio hatten Sie doch weitaus mehr Zeugen!«
»Und weitaus mehr Verstecke. Silverman war dafür bekannt, jeden Tag der Fallon-Aufzeichnung
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