0946 - Priester der Kälte
antwortete Vali. Sie sah sich um. »Weshalb ist es hier so dunkel?«
»Vorhin war es hell, da ließ Julian ein Kaminfeuer brennen«, sagte YeCairn.
Nach Gevatter Tod betrat Sergej das Organhaus, danach Takkon und Rakko. Der ältere Priester, der auf der Straße dazugekommen war, beeilte sich, den Anschluss nicht zu verlieren.
Einer der beiden Männer aus Korr Takkons Trupp wollte ihn aufhalten, doch der zweite winkte nur ab.
»Lass ihn. Der gehört zum Tempelherrn. Was will so ein alter Mann schon ausrichten?«
Also ließen sie den Alten durch.
Vali beeinflusste erneut das Organhaus und ließ es auf diese Weise im Inneren heller werden. Sie kniff die Augen zusammen, hatte sich aber schon gleich an das Licht gewöhnt, das von überall her zu kommen schien.
Vor ihnen lag Julian Peters auf dem Boden. Seine Extremitäten wirkten seltsam verdreht.
»Julian!« Gevatter Tod und Vali hatten den Ruf gleichzeitig ausgestoßen. Sie knieten neben dem jungen Mann und versuchten ihm zu helfen. Julian hatte die Augen fast ganz geschlossen, der Mund hingegen war wie zu einem Schrei geöffnet.
Die Sauroiden hielten sich im Hintergrund, mit dem menschlichen Metabolismus kannten sie sich kaum aus. Die Erste Hilfe wollten sie den Humanoiden überlassen.
»Er atmet noch ganz schwach«, keuchte YeCairn. Er kniete neben dem bewusstlosen Körper, tastete mit der Hand nach Julians Puls und sagte nach wenigen Sekunden: »Der Herzschlag funktioniert ebenfalls, wenn auch kaum fühlbar.«
»Aber er denkt nichts mehr«, hauchte Vali. Sie blickte den Philosophen erschrocken an.
»Er ist bewusstlos, vergiss das nicht«, gab YeCairn zu bedenken.
»Das ist es nicht«, widersprach Sergej, der neben Julian in die Hocke ging. »Selbst wenn er sich im Koma oder im Tiefschlaf befände, müssten wir seine Gehirnströme spüren.«
»Du meinst…« Padrig YeCairn wollte seine Befürchtung nicht aussprechen.
»Ich meine nicht nur - ich weiß , dass dieser Körper unbeseelt ist!«, stieß Vali hervor. Sergej nickte langsam dazu.
Tzakk Rakko trat neben Gevatter Tod. Er blickte auf den Träumer .
»Bedeutet das, dass dieser Körper nur noch eine leere Hülle ist?«, fragte er mit scharfer Stimme. Er wartete eine Antwort erst gar nicht ab und kniete ebenfalls. Der Tempelherr bewegte beide Hände wie beschwörend über Julians Kopf.
Das war das Zeichen für den alten Priester, der sich die ganze Zeit still hinter Tzakk Rakko und Korr Takkon verhalten hatte. Keiner der beiden hatte während der Untersuchung des Träumers durch Vali und YeCairn mitbekommen, dass der Alte ebenfalls das Organhaus betreten hatte. Dazu hatten sie sich zu sehr auf den Bewusstlosen konzentriert. Er zog eine unter seiner Kutte verborgen gehaltene Waffe und zielte auf Julian Peters.
Als die erste Kältenadel in den Körper des Bewusstlosen einschlug, drehte sich der Tempelherr um, er deutete auf den Alten und rief: »Vorsicht, Takkon!«
Noch bevor er das erste Wort beendet hatte, schlug auch schon bei ihm eine Kältenadel ein, gleich darauf eine zweite bei Julian. Takkon reagierte viel schneller als der Priester. Er drehte sich zur Seite und trat dem Alten mit voller Kraft in den Bauch. Gleichzeitig griff er nach dem Nadler des Priesters, um ihm die Waffe zu entwenden. Aber dadurch, dass er den beeinflussten Sauroiden nach vorne riss, geriet er selbst in die Schussbahn.
Die Kältenadel ritzte seine Schulter, die sofort vereiste. Gnadenlose, mörderische Kälte breitete sich in Sekundenschnelle in Takkon aus. Er spürte seinen Arm nicht mehr; die Kälte griff sofort nach seiner Lunge und erschwerte ihm das Atmen, strahlte hinauf zum Kopf und hinab zu den Füßen. Takkon schnappte nach Atem, er konnte nicht mehr klar denken. Er hustete krampfhaft und stürzte über Rakko.
Die beiden Mitarbeiter des Sicherheitsbeauftragten erfassten blitzschnell die Situation. Gleich nach Rakkos Warnruf hatte sie ihre Nadler gezogen und auf den Alten gezielt. Zwei Kältenadeln schlugen fast gleichzeitig in den Oberkörper des beeinflussten Priesters ein.
Die Sicherheitsleute kümmerten sich sofort um die Getroffenen. Zusätzlich alarmierten sie einen Trupp Priester, der sich um die Opfer kümmern sollte.
»Soviel zu: Was will so ein alter Mann schon ausrichten?«, schimpfte der erste Begleiter des Sicherheitsbeauftragten.
»Woher soll man denn wissen, dass ein hilflos wirkender Priester der Kälte einen Nadler verwendet?«, stellte sein Kollege eine Gegenfrage, doch als er die
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