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0948 - Der Hort der Sha'ktanar

0948 - Der Hort der Sha'ktanar

Titel: 0948 - Der Hort der Sha'ktanar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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dann geschehen würde. Ob überhaupt etwas geschehen würde. Womöglich war er schon gestorben und sie hatten es gar nicht bemerkt.
    »Hör auf zu grübeln«, sagte Merlin hinter ihm.
    Zamorra warf noch einen letzten Blick auf Celuru, die Stadt, die in dem Tal zu seinen Füßen lag. Genau im Zentrum stand der Erbfolger-Palast, errichtet auf den Ruinen eines einst prunkvollen Tempels. Zumindest erzählte man sich das, denn das alles hatte sich vor Tausenden von Jahren - also weit vor seiner Zeit - abgespielt. Er atmete tief durch und drehte sich um.
    Der bärtige Magier schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. »Keine Sorge, es wird alles nach Plan ablaufen.«
    Zamorra nickte. Wer war er auch, dass er seinem Gegenüber hätte widersprechen können? Ein kleiner
    (Professor)
    Priester aus dem Bund der Sha'ktanar. Hätte man ihn vor einer Woche gefragt, ob er an die Legende des geheimnisvollen Magiers Merlin glaubte, die man sich seit fünftausend Jahren erzählte, wäre er in schallendes Gelächter ausgebrochen. Natürlich war er Angehöriger des Bunds, aber nur, weil er dadurch das Gefühl des Widerstands gegen den Erbfolger erleben konnte, und sei dieser noch so unbedeutend. Eine Verbindung von Priestern und Priesterinnen, die sich im Verborgenen auf einen Tag vorbereitete, der ohnehin nicht kam. Die man in der Stunde ihrer Weihe darüber belehrte, dass ihre Seele nach dem Tod in die hübschen blauen Kristalle eingehe. Obwohl jeder von ihnen den feierlichen Schwur abgeleistet hatte, dieses Opfer zum Wohle Lemurias freudig zu erbringen, vermutete Zamorra nicht, dass auch nur einer von ihnen daran glaubte.
    Und dann diese Krieger! Muskulöse, gestählte Kämpfer, mit furchterregenden Lederrüstungen, blitzblanken Schwertern und grimmigen Gesichtern. Das Problem war nur, dass ihre Waffen bloß darum so makellos aussahen, weil sie sich bisher noch keinem Dämon in den Weg gestellt, sondern stets nur im Verborgenen mit Holzschwertern in gegeneinander geführten Scheinkämpfen ihr Können gesteigert hatten.
    Zamorra hätte schwören mögen, dass sie alle nur deshalb dem Bund angehörten, weil sie dadurch ihr Gewissen beruhigten. Weil sie zumindest vorgaben, etwas gegen das Schreckensregime des Erbfolgers zu unternehmen. In Wirklichkeit taten sie jedoch nichts dergleichen. Keine Attentate, keine Protestaktionen, keine Märtyrerkommandos. Nichts.
    Auch das sollte früher anders gewesen sein, wenn man den alten Erzählungen glaubte. Aber seit der Bund der lichten Streiter existierte, konnte der Erbfolger schalten und walten, wie es ihm beliebte. Eine Vereinigung von Memmen. Zamorra war sich sicher, dass der Herrscher davon wusste und sie nur deshalb gewähren ließ, weil er sich selbst über einen Bund amüsierte, der ständig nur palaverte, aber nichts tat.
    Wie lautete das Sprichwort? Gosh, die die Lippen spitzen, küssen nicht.
    Ein Seufzen entstieg Zamorras Kehle.
    So hätte er noch vor einer Woche gedacht. Doch dann war plötzlich dieser weißhaarige, bärtige Mann bei ihnen aufgetaucht und hatte ihrer aller Weltbild ins Wanken gebracht.
    »Ich bin Merlin. Die Stunde der Befreiung ist gekommen.«
    Den Bund der Sha'ktanar von der Wahrheit seiner Geschichte zu überzeugen, hatte sicherlich mehr Zeit in Anspruch genommen, als sich der Magier vorher hatte träumen lassen - aber erheblich weniger, als Zamorra vermutet hätte. Eine beinahe schon hypnotisch zu nennende Ausstrahlung hatte alle Mitglieder des Bundes auf Merlins Seite gebracht. Inzwischen zweifelte Zamorra nicht einmal mehr an, dass dieser Mann in der strahlend weißen Kutte tatsächlich seit mindestens fünftausend Jahren lebte und den ersten lichten Streitern damals die Seelenkristalle übergeben hatte.
    Trotzdem: Bedeutete ihr Glaube an den Magier - oder hatte er sie nur geistig beeinflusst? - zugleich auch, dass sein Plan gelang? Klang er nicht viel zu wahnwitzig, zu abgehoben, um wirklich Erfolgsaussichten zu besitzen?
    Nun standen sie also hier, die Seelenkristalle - oder, wie Merlin sie neuerdings nannte: Seelenhorte - so gleichmäßig wie möglich um die Stadt verteilt, in der der einhundertachtundfünfzigste Erbfolger Hondrid Saer'ysap Chluechlyn auf den Tod und sein Sohn auf die Geburt wartete. Bei einem dämonischen Ritual zu Ehren des Ungeborenen, das einhundertneunundfünfzig lemurische Männer, Frauen und Kinder das Leben gekostet hatte, hatten die Herolde auch schon den Namen des Nachfolgers verkündet: Kesriel. Danach hatte sich der Erbfolger in

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