095 - Der leuchtende Schlüssel
schüttelte ungeduldig den Kopf.
»Ich bitte Sie aus einem ganz bestimmten Grund um die Gefälligkeit. Ich lasse mir überhaupt nichts nachschicken. Mein Diener hat auch Urlaub. Würden Sie ein wenig auf die Wohnung aufpassen, wenn ich Ihnen die Schlüssel schicke?«
»Wann reisen Sie ab?«
Moran machte keine bestimmten Angaben hierüber. Er sagte, es sei noch ungewiß, ob sein Urlaub überhaupt bewilligt werde. Die Direktion mache Schwierigkeiten, obwohl er einen sehr tüchtigen Assistenten besäße, dem er die Führung seiner Bankfiliale jeden Augenblick übergeben könne.
»Ich möchte so bald als möglich abfahren, aber dieser Aufsichtsrat ist eine furchtbar schwerfällige Gesellschaft. Der läßt sich in seiner Gottähnlichkeit überhaupt nicht stören, wenn Sie von dem etwas haben wollen, müssen Sie erst dreimal vor ihm niederknien. Also, wollen Sie meine Bitte erfüllen?«
»Gewiß«, erwiderte Dick. »Sie wissen ja, wohin Sie den Schlüssel zu schicken haben. Nun möchte ich Sie aber in einer anderen Angelegenheit um Ihren Rat bitten.«
Er erzählte ihm von seiner patentierten Luftpistole und dem Angebot, das ihm der Deutsche gemacht hatte. Die Waffe selbst brauchte er nicht zu erklären, denn Moran hatte sie schon gesehen und geprüft.
»Ich würde an Ihrer Stelle eine einmalige Zahlung ablehnen. Nehmen Sie die Hälfte der Summe als Anzahlung auf eine Beteiligung. Gehen Sie bald nach Hause?«
»Ja, gleich. Mary ist zum Souper eingeladen.«
»Von Mr. Wirth?« fragte Moran lächelnd.
»Ich dachte, Sie hätten niemals von ihm gehört?«
»Doch, inzwischen ist es mir wieder eingefallen. Er ist doch der Mann, der wegen seiner Einladungen und Feste bekannt ist. Früher habe ich das auch gemacht. Wenn Sie nach Hause gehen, komme ich mit vorbei und sehe mir Ihre Erfindung noch einmal an.«
Obgleich der Abend warm war, hatte sich Nebel gebildet, der immer dichter wurde, je mehr sie sich dem Park näherten. Als sie nach Knightsbridge kamen, lichtete er sich etwas.
»Ich wollte schon den ganzen Abend nach Hause gehen und mich nach der Luftpistole umschauen«, sagte Dick. »Im Unterbewußtsein hat mich das dauernd gequält. Es war dumm von mir, daß ich damit experimentiert und sie geladen habe, bevor ich ausging.«
Der Nebel hatte sich wieder verdichtet, und der Chauffeur konnte nur langsam am Rinnstein entlangfahren, bis sie zu Dick Allenbys Haus kamen. Der Fahrstuhl war dunkel, und selbst als Dick den Schalter andrehte, flammte das elektrische Licht nicht auf. Er ging einen Schritt weiter und trat dabei auf etwas, das unter seinen Füßen krachend zerbrach.
»Zum Teufel, was war denn das?« fragte Moran.
Dick steckte ein Streichholz an und sah auf dem Boden die Glassplitter einer elektrischen Birne, die offensichtlich aus der Decke der Kabine herausgeschraubt worden war.
»Unser Hausmeister wird nachlässig«, meinte er.
Er drückte auf den Knopf, und der Fahrstuhl glitt nach oben, Vor seiner Wohnungstür entdeckte er zu seinem Erstaunen, daß schon ein Schlüssel im Schloß steckte, und zwar so fest, daß er ihn weder nach rechts noch nach links herumdrehen konnte.
Als er die Klinke niederdrückte, gab die Tür nach.
»Hier hat jemand Dummheiten gemacht«, sagte Dick sehr bestimmt.
Er schaltete das Licht ein und blieb wie versteinert stehen. Der Platz, an dem der Stahlkasten mit der Luftpistole gestanden hatte, war leer. Die Waffe war verschwunden, keine Spur davon zu sehen.
10
Schließlich fand Dick seine Sprache wieder.
»Verdammt... «
Wer konnte das Modell gestohlen haben? Er war so außer Fassung, daß er im Augenblick nicht einmal ärgerlich war. Rasch ging er wieder zur Tür, betrachtete den Schlüssel, der darin steckte, und zog ihn mit einer starken Zange heraus. Das Stück war ziemlich roh gearbeitet und schlecht zurechtgefeilt; aber schließlich hatte es doch genügt, die Tür zu öffnen. Erst als der unbekannte Täter die Tür wieder schließen wollte, hatte es sich verklemmt.
Dick trat zu der Werkbank, auf der der Stahlkasten mit der Luftpistole gestanden hatte, und lachte nervös auf.
»Dieser gemeine Kerl!«
»Es ist ein schwerer Verlust für Sie, nicht wahr?« fragte Moran. Dick schüttelte den Kopf.
»Nein, das nicht. Alle Pläne und Details sind in den Händen der Firma, die das Modell hergestellt hat, und glücklicherweise habe ich die Hauptsachen vor einigen Tagen patentieren lassen. Aber ich möchte gern wissen, wer das getan hat. Wenn der Mensch nicht mit der Waffe
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