095 - Der leuchtende Schlüssel
allerdings ein großer Fehler gewesen, daß er umkehrte, um den Schlüssel in Miss Lanes Zimmer zu suchen. Sonst wäre Leo Moran längst tot, und die gefälschte Selbstbezichtigung wäre von der Polizei geglaubt worden.
Binny hatte alles so sorgfältig geplant: Den Schlüssel hatte er auf der Innenseite vor der verschlossenen Tür auf den Boden legen wollen und ihn eigens zu diesem Zweck in die Tasche gesteckt. Aber nachher hatte er es doch vergessen. Und dieses kleine Versehen hatte den ganzen Plan zum Scheitern gebracht.
Die Vernunft, die bis dahin alle seine Handlungen diktiert hatte, sagte ihm, daß er jetzt möglichst ruhig aus London verschwinden müsse, und zwar so bald als möglich. Aber plötzlich machte sich der theatralische Zug in seinem Wesen geltend, den man häufig bei Verbrechern findet, und es kam ihm der Gedanke, noch einen großen Streich auszuführen, bevor er den Schauplatz seiner Tätigkeit verließ. Die ganze Welt würde dann über ihn sprechen! Er sah bereits die sensationellen Überschriften der Zeitungen vor sich: »Der berühmte Surefoot Smith ermordet! Täter entkommen! «
»Der große Detektiv Smith ermordet, der hervorragende Polizeibeamte, der so viele Mörder gefangen hat!«
Binny dachte nicht mehr daran, sich in Sicherheit zu bringen. Seine Gedanken waren nur noch darauf gerichtet, eine ungeheure Sensation hervorzurufen. Es kam ihm nicht zum Bewußtsein, wie sehr sich gerade in diesem Verhalten seine Eitelkeit zeigte.
26
Dick Allenby und Mary speisten zusammen im Carlton-Hotel und unterhielten sich, aber Mary war zerstreut.
»Du hörst überhaupt nicht zu«, sagte Dick vorwurfsvoll.
Sie schrak zusammen.
»Ach, ich war unaufmerksam«, erwiderte sie betroffen. »Ich glaube, du hast mir einen Heiratsantrag gemacht, und ich bin mit meinen Gedanken immer noch bei der schrecklichen Küche.«
Er lachte.
»Wenn du mir tatsächlich zuhören wolltest, wäre ich sehr glücklich. Warum denkst du eigentlich noch daran? Was quält dich?«
»Es fehlte dort etwas. Und nun erinnere ich mich, daß Mr. Lyne erzählte, er habe die Küche umbauen lassen. Ich besinne mich, daß er Binny lobte und sagte, er habe die Bauhandwerker beaufsichtigt und dadurch viel Geld erspart.« Sie strich mit der Hand über die Stirn. »Es stand doch früher ein großer Küchentisch an der Wand - den habe ich heute nicht mehr gesehen. In der Ecke war auch noch ein Ausguß... und es kommt mir alles so klein vor... «
Plötzlich hielt sie inne und sah ihn mit großen Augen an. »Jetzt weiß ich, was es ist. Die Tür zur Speisekammer habe ich nicht mehr gesehen! Ich weiß ganz genau, daß sie in der Ecke war. Was ist nur daraus geworden?« Er schüttelte den Kopf.
»Dafür habe ich mich wirklich nicht interessiert.«
»Mr. Smith sagte doch, Binny müßte ein Versteck haben! Das ist natürlich die Speisekammer! Sie lag rechter Hand vom Kücheneingang.«
Dick Allenby lachte.
»Rechter Hand vom Eingang ist eine massive Mauer!«
»Aber ich bin sicher, daß sich dahinter ein Raum befindet.« In diesem Augenblick betrat Surefoot den Speisesaal, sah sie und nickte ihnen zu. Aber offenbar war er nicht ihretwegen gekommen, denn er ging weiter, und sein Blick wanderte suchend über andere Tische. Als er wieder in ihrer Nähe war, winkte Mary ihm, und er kam zögernd zu ihnen.
»Haben Sie nicht den Polizeipräsidenten gesehen? Er hat mich für drei Viertel zwei eingeladen, und jetzt ist es gleich zwei. Übrigens haben wir Binnys angebliche Frau verhaftet, aber es war nichts aus ihr herauszubringen.«
»Ich weiß jetzt aber, wo Binnys Versteck ist!« rief Mary. Smith war sofort aufs höchste interessiert. »Glauben Sie, er hält sich in Naylors Crescent verborgen?« Atemlos erzählte sie ihm, was ihr eingefallen war, und er schlug sich aufs Knie.
»Selbstverständlich haben Sie recht! Dadurch erklärt sich auch die Existenz der Vakuumpumpe. Die ganze Wand ist doch mit weißen Kacheln verkleidet. Da konnte er natürlich keine Klinke anbringen, wenn der Unterschlupf wirklich ein Versteck bleiben sollte. Mit der Vakuumpumpe hat er die Tür geöffnet! Ich habe das Ding in meinem Büro und werde es sofort holen. Auf den Polizeipräsidenten kommt es jetzt nicht an, der kann warten.«
Er verließ den Speisesaal, und eine halbe Stunde später war Hervey Lynes Haus von Detektiven umstellt.
Surefoot ging mit der Pistole in der Hand in die Küche und betrachtete die Wand. Eine Tür war nicht zu entdecken. Er befestigte die
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