095 - Der leuchtende Schlüssel
Vakuumpumpe an verschiedenen Stellen, und bei dem fünften Versuch wurden seine Anstrengungen belohnt. Er konnte einen Stein herausziehen, der auf Stahlschienen lief, und es zeigte sich eine längliche Öffnung.
Er steckte die Hand hinein, fühlte einen Griff und drückte ihn nieder. Nun ging die Tür auf, und er stand in Binnys geheimem Versteck. Er sah die unordentlich durcheinanderliegenden Kleider auf dem Boden, den Spiegel, das Rasiermesser, das nicht gereinigt worden war, und die kleine Schale mit der gelbbraunen Schminke, mit der Binny sein Gesicht behandelt hatte.
»Wir werden noch viel Aufregung und Ärger haben«, meinte er dann.
Eilig durchsuchte er die Kleider und den ganzen Raum, fand aber nichts, was auf Binnys Pläne schließen ließ.
Eins stand fest: Der Mann war in diesem Versteck gewesen, als sie sich am Morgen in der Küche aufhielten, und hatte alles gehört, was sie dort sprachen. Surefoot Smith machte selbst die Probe darauf, daß man in der kleinen Kammer eine Unterhaltung verstehen konnte, die in der Küche geführt wurde.
Die Schminke in der Schale verriet, daß er sich nach einem gelbbraunen Mann umsehen mußte. Dieser Anhaltspunkt konnte bei den Nachforschungen sehr gute Dienste leisten.
Surefoot entdeckte noch eine Menge Patronen und einen weißen Glacehandschuh, der beschmutzt war, aber offensichtlich zu dem im Garagenzimmer gefundenen gehörte.
»Man kann nicht wissen, wozu das gut ist«, sagte er und reichte den Handschuh einem Untergebenen. »Geschworene sind manchmal schwer zu überzeugen, und ein kleines Beweisstück wie dieses hat zuweilen die größte Wirkung. Heben Sie ihn auf, damit wir ihn beim Prozeß verwenden können.«
Der Chefinspektor schickte seine Leute die Straße auf und ab. Überall erkundigten sie sich, aber niemand hatte Binny gesehen. Smith eilte zum Carlton-Hotel zurück, wo er Mary Lane mit ihrem Verlobten noch antraf, und berichtete über die Entdeckung, die er gemacht hatte.
»Wenn ich nur schon früher daran gedacht hätte!« sagte Mary bedauernd.
»Dann wäre jetzt wahrscheinlich einer von uns nicht mehr am Leben. Vielleicht hätten wir auch alle drei daran glauben müssen. Dieser Binny hat ein ganzes Waffenlager mit sich herumgeschleppt. Nein, es war so viel besser.«
»Glauben Sie, daß er sich in seinem Versteck aufgehalten hat, als wir uns miteinander unterhielten?«
Smith nickte.
»Darüber besteht wohl kaum ein Zweifel.«
»Dann wird es diesem Erzgauner also aller Wahrscheinlichkeit nach doch noch gelingen, sich in Sicherheit zu bringen?« fragte sie.
Surefoot runzelte die Stirn.
»Es ist möglich, daß er einen Versuch macht, England zu verlassen. Aber die Häfen sind bewacht, und jeder einzelne Passagier wird beobachtet. Er könnte nur entkommen, wenn irgendwo an der Küste ein seetüchtiges Motorboot für ihn bereitläge. Aber ich glaube, daran hat er nicht gedacht.« In Scotland Yard hielt man eine eingehende Konferenz ab, und nach allen Teilen des Landes wurden dringende Telegramme ausgesandt, die vor dem bewaffneten Mörder warnten.
Um halb zehn abends sah Surefoot die eingegangenen Berichte durch. Alle Züge waren sorgfältig überwacht und durchsucht worden, aber man hatte nichts von Binny gesehen. Nun, Binny war ein tüchtiger Chauffeur, und er würde London vermutlich nicht im Zug verlassen.
27
Chefinspektor Smith verließ Scotland Yard ein paar Minuten nach elf. Er ging in der Richtung nach Blackfriars, und wenn er hier entlangwanderte, dachte er gewöhnlich nach. Einer seiner Beamten hatte die Straße von Scotland Yard nach Savoy Hill deshalb »den Garten des Denkens« genannt. Sooft sich Surefoot über ein Problem nicht klarwerden konnte, ging er hier auf und ab, gleichgültig ob es Sommer oder Winter war, ob es regnete oder ob die Sonne schien. Um diese Stunde waren nur wenig Leute auf der Straße zu sehen; ab und zu fuhr ein Auto vorüber, und gelegentlich tauchte auch ein Bettler auf, der nach Zigarren- und Zigarettenstummeln suchte.
In der Nähe eines Hotelgartens, der nach dem Themseufer hinausführte, stand ein blauer Luxuswagen, und Smith sah hinein, als er vorüberkam. Er tat es mehr aus Gewohnheit als aus Neugierde. Mit einem flüchtigen Blick streifte er die Dame, die in dem Auto saß, und setzte dann seinen Spaziergang fort.
Im Weitergehen dachte er unentwegt darüber nach, wie er Binny verhaften könnte. Das größte Problem war gelöst: Er wußte, wer der Mörder war. Jetzt handelte es sich noch um die
Weitere Kostenlose Bücher