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095 - Der leuchtende Schlüssel

095 - Der leuchtende Schlüssel

Titel: 095 - Der leuchtende Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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und Bühne war echt. Immer hatte er danach gestrebt, mit Künstlern und Künstlerinnen zu verkehren. Die ersten Veruntreuungen hatte er begangen, um ein Stück zu finanzieren, das nachher nur eine Woche gespielt wurde. Er war selbst kein schlechter Schauspieler.
    Nun mußte er all seinen Witz und Verstand zusammennehmen, um dem Netz zu entkommen, das sich immer enger um ihn zog. Er trat durch die enge Tür wieder in den kleinen Raum zurück, der schmaler war als eine Zelle.
    Auf dem Boden lag eine Matratze, auf der er geschlafen hatte, am Fußende stand ein kleiner Frisiertisch, unter dem zwei Koffer standen. Er zog einen hervor und schloß ihn auf. Ganz oben lag ein Briefumschlag mit Eisenbahnfahrkarten und drei Pässen. Er nahm sie mit sich in die Küche, stellte einen Stuhl an den Tisch und studierte sie sorgfältig. Er hatte seine Vorbereitungen gut getroffen. Die Pässe waren auf Namen ausgestellt, die noch in keinen Polizeiakten standen, und die Fotos zeigten ihn in den verschiedensten Aufmachungen. Es fiel ihm leicht, in kürzester Zeit die betreffenden Verkleidungen vorzunehmen und auf der Reise seine Persönlichkeit mehrmals zu ändern.
    Aus der Hüfttasche zog er einen dicken Stoß Banknoten, französisches, englisches und deutsches Geld. Ein anderes Paket nahm er aus einer Geheimtasche seines Rocks. Dann holte er noch ein drittes und viertes hervor und legte alles zusammen auf den Tisch. Eine Viertelstunde saß er ruhig davor und weidete sich an dem Anblick. Dann ging er in die kleine Kammer zurück, holte einen Spiegel und ein Rasiermesser und traf seine Vorbereitungen. Zwei Stunden lang bearbeitete er sein Gesicht und färbte es mit einer braunen Schminke. Dann zog er sich um und steckte das Papiergeld in einen besonders dafür angefertigten Gürtel, den er auf der bloßen Haut trug. Die Reisekoffer ließ er zurück. Er konnte es sich jetzt nicht mehr leisten, großes Gepäck mitzunehmen; er mußte sich mit zwei Pistolen und Munition begnügen.
    Mit größter Geschicklichkeit verteilte er sie so in den Taschen, daß äußerlich nichts zu sehen war, wenn er sich bewegte. Er wartete bis gegen Mittag, und nachdem er lange Zeit durch ein Seitenfenster Ausschau auf die Straße gehalten hatte, entschloß er sich, das Haus zu verlassen.
    Die Dienstboten der benachbarten Häuser mochten ihn sehen, aber wahrscheinlich waren sie gerade beim Essen oder mußten ihre Herrschaften bedienen. Um diese Zeit kamen auch keine Händler, um Waren abzuliefern. Es war höchstens zu befürchten, daß Surefoot einigen Beamten den Auftrag gegeben hatte, das Haus zu bewachen. Aber ohne Risiko ging es nun einmal nicht ab.
    Vorsichtig riegelte er die Haustür auf, öffnete sie leise, und trat auf die Straße.
    Als er auf der anderen Seite angelangt war, bemerkte er eine Frau in schlechten Kleidern, die mit unsicheren Schritten vor ihm herging. Es war die Person, die er als seine Frau ausgegeben hatte. Sie war so betrunken, daß sie ihn nicht erkannte. Vor ein paar Tagen hatte er sie mit dem Auftrag fortgeschickt, nach Wiltshire zu fahren, woher sie stammte. Er hatte ihr genügend Geld gegeben, daß sie sich ein Jahr lang unterhalten konnte.
    Ruhig, aber vorsichtig ging er die Straße entlang. Nur gelegentlich sah er sich einmal um, ob er beobachtet oder verfolgt würde. Einen Autobus durfte er nicht benutzen, auch ein Taxi war zu gefährlich. Und wenn er in seiner jetzigen Verkleidung selbst ein Auto lenkte, zog er nur allzu leicht die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich.
    Er erreichte die Finchley Road und kam zu einem Häuserblock, in dessen Untergeschoß sich nur Läden befanden. Die oberen Stockwerke enthielten Büros.
    Binny betrat das Eckhaus und fuhr mit dem Fahrstuhl nach oben. Direkt dem Lift gegenüber lag ein Zimmer, an dessen Tür ein Messingschild mit der Aufschrift »Neues Theatersyndikat« prangte. Er schloß auf und trat ein.
    Der selten benutzte Raum war von mittlerer Größe und einfach, aber gut möbliert. Binny verriegelte die Tür von innen, zog Mantel und Rock aus, setzte sich und dachte nach.
    Von hier aus konnte er leicht fortkommen. Etwas Gepäck befand sich im Aufbewahrungsraum des Liverpool-Bahnhofs. Alles war gut vorbereitet, und doch, Binny hätte ein Buch über die Psychologie des Verbrechers schreiben können. Er war kaltblütig, und die Vernunft behielt bei ihm immer die Oberhand. Viele Menschen hatte er schon ermordet, und niemals hatte er sich zu unbedachten Schritten hinreißen lassen.
    Es war

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