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0950 - Visionen des Untergangs

0950 - Visionen des Untergangs

Titel: 0950 - Visionen des Untergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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sich durch die Straßen, Schlangen roter Rücklichter bildeten sich, Menschen waren auf den Gehsteigen unterwegs. Der Eingang, vor dem er stehen blieb, sah aus wie alle anderen in dieser ewig langen Häuserzeile. Er klingelte.
    Eine von außen vergitterte Klappe in der Tür ging auf, ein wächsernes Gesicht mit kalten Augen erschien. »Haben Sie mir etwas zu sagen, Monsieur?«
    »Fortreaux.«
    Die Klappe schloss sich wieder. Das Codewort öffnete ihm die Tür. Bonnart, der es vor Spannung kaum noch aushielt, sah sich einem unangenehm wirkenden Mann in schwarzer Kleidung gegenüber. Wortlos drehte der sich um und ging ein paar Schritte den düsteren, von schummrigem Licht nur spärlich erhellten Gang entlang. Der Neuankömmling folgte ihm. Links und rechts gab es einige Türen. Vor einer stoppte der Mann und öffnete sie. »Hier herein, Monsieur, bitte.«
    Bonnart nickte. »Danke.«
    Er stand in einer Art Garderobe. An Haken hingen, sorgfältig aufgehängt, insgesamt zehn bademantelähnliche Kleidungsstücke in den verschiedensten Farben. Über jedem hing eine Gesichtsmaske. Einige ähnelten jenen des venezianischen Karnevals, glatt, weiß und ausdruckslos, andere zeigten schreckliche Dämonenfratzen. Auch die verschiedensten Perücken zur Tarnung lagen bereit.
    Bonnart begann sich auszuziehen. In Gedanken suchte er sich bereits eine Maske aus, er hatte die freie Auswahl, auch unter den dazugehörigen Kimonos. Die oberste Bedingung der Masken-Partys hier war, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Masken die ganze Nacht nicht ablegten, damit alle untereinander unerkannt blieben. Denn es waren wohl auch ziemlich bekannte Leute dabei. Nur Lorik und Darien kannten alle, denn sie luden sie schließlich ein.
    Laurent Bonnart seufzte, als er die Seide des scharlachroten Kimonos, der mit allerlei seltsamen magischen Zeichen bedeckt war, auf seiner bloßen Haut spürte. Er hatte Mühe, seine Erregung im Zaum zu halten, während er sich eine Teufelsfratze mit gierigen Augen und heraushängender Zunge überstülpte. Aus was für einem Material sie bestand, vermochte er auch nach der dreißigsten Teilnahme immer noch nicht zu sagen, nur, dass es sich warm, fast lebendig anfühlte. Es schien ihm zudem, als passe sich die Maske perfekt seiner Gesichtsform an.
    Er ging durch eine zweite Tür und stieg durch ein schmales Treppenhaus in den ersten Stock. In den Fluren und Räumen, die zum Teil modern, zum Teil mit barocken Möbeln eingerichtet waren, herrschte bereits Betrieb. Bonnart zählte rund 40 Maskierte, davon etwa die Hälfte Frauen. Die meisten trugen Kimonos wie er. Zwei der Frauen liefen jedoch völlig nackt herum.
    Niemand störte sich daran. Einige Maskierte gingen mit Tabletts umher und reichten den Anwesenden Sektgläser und kleine Häppchen. Leise klassische Musik ertönte im Hintergrund. Bonnart bediente sich und hielt gleichzeitig Ausschau nach der Rothaarigen mit der Engelsmaske, denn er wusste längst, dass die Frauen ihre Masken nicht wechselten, wahrscheinlich, damit sich die männlichen Teilnehmer besser orientieren konnten.
    Plötzlich ertönte ein Horn. Die Musik ging aus. Durch eine Tür traten zwei Männer, beide in tief schwarzen Roben mit aufgestickten goldenen Tierkreiszeichen und Masken, die geile Ziegengesichter zeigten: Professor Charles Darien und Lorik Cana. Letzterer lud die Anwesenden mit getragenen, schwülstigen Worten dazu ein, zusammen mit ihnen den Hexensabbat zu feiern, den »Karneval der Wollust«. Und er behauptete wie üblich, echte Hexen hier zu haben, die den Anwesenden nie gekannte Wonnen bereiten würden.
    Eine der Frauen trat vor Darien hin. Sie warf ihren gelben Kimono ab. Ein atemberaubender, perfekt gestalteter Körper kam zum Vorschein und löste ein wohliges Stöhnen nicht nur unter den Männern aus. Die Frau mit der Katzenmaske streckte die Arme aus, drehte sich im Kreis und nahm dann obszöne Handlungen an dem Professor vor.
    Das war der Startschuss. Auch die anderen Anwesenden fielen nun übereinander her. Bonnart lehnte die Annäherung einer kleinen stämmigen Frau mit Sonnenmaske ab, ging durch die Räume und suchte mit wachsender Verzweiflung innerhalb des Grunzens und Gekreisches, das nun überall einsetzte, die Frau seiner Begierde.
    Er fand sie nicht. Sie war wieder nicht da! Enttäuscht reagierte er sich an einer ebenholzschwarzen Schönheit ab, die die Maske einer geheimnisvoll lächelnden Gazelle trug.
    ***
    Château Montagne / Paris
    »Gestorben? Oh, das tut

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