0952 - Dr. Sensenmann
sind es gewesen, die Ihnen geglaubt haben, als uns die Dinge weitergeleitet wurden. Ihr Direktor hat meinen Chef in London auf irgendeiner Feier getroffen und von Ihren Problemen berichtet. Und mein Chef hat es nicht als Spinnerei abgetan und mich zu Ihnen geschickt. So einfach ist das. Wäre ich zu Ihnen in den Knast gekommen, um mich dort als Polizist erkennen zu geben, hätten Sie mir sonst etwas erzählt, nur nicht die Wahrheit. Also mußte ich es auf eine andere Art versuchen, die ja zuerst recht gut geklappt hat.«
Er schwieg.
Ich drehte etwas nach links, was Ferrano geschehen ließ. Auf das Messer achtete ich nicht, aber ich hatte gesehen, daß er es aus einem Besteckkasten im Lokal genommen haben mußte, denn dort lagen die scharfen und mit einem Sägeblatt versehenen Steakmesser.
»Was ist, wenn ich dir glaube?«
»Keine Ahnung. Aber ich würde Ihnen raten, es zu tun. Nur so können wir den Fall aufklären.«
Der Mann neben mir verengte die Augen. »Und wie steht es mit dir, Sinclair? Glaubst du mir auch?«
»Was?«
»Die Geschichte, die ich dem Direktor erzählt habe. Von Dr. Sensenmann, wie ich ihn taufte.«
Ich nickte, und in meinem Gesicht zeigte sich nicht die Spur von Skepsis.
»Ja, ich glaube Ihnen. Ich glaube Ihnen alles, sogar jedes Wort. Sind Sie nun zufrieden?«
»Nein.«
»Schade. Warum nicht?«
»Weil es unglaublich klingt und auch ist. Ich kenne euch Bullen. Ihr seid immer nur an einer schnellen und rationalen Aufklärung interessiert. Mischen aber exotische Mächte oder Kräfte mit, haltet ihr uns für verrückt. So ist es doch - oder?«
»Leider, Mickey. Im Prinzip gebe ich Ihnen ja recht. Aber Sie sollten auch daran denken, daß ich anders bin.«
»Ja, das sagtest du.«
»Ich habe es nicht nur gesagt.« Ich drehte mich so herum, daß wir uns gegenseitig in die Augen schauen konnten. »Ich habe es sogar erlebt, und ich habe einen Beweis, wenn Ihnen das mehr hilft.«
Der letzte Satz hatte ihn doch etwas aus der Fassung gebracht, und er suchte nach Worten. »Beweis?«
»Genau den?«
»Was denn für einen?«
»Es gibt diesen Geist, Ferrano. Ja, es gibt ihn. Ich habe ihn selbst gesehen.«
»Nein!«
»Warum nicht!«
»Du bist nicht in meiner Zelle gewesen. Du hast nichts mit ihm zu tun, verdammt!«
»Ich habe auch nicht davon gesprochen, daß es in der Zelle geschehen ist.«
»Aha.« Er kicherte plötzlich. »Wo dann?«
»Auf der Toilette. Im Waschraum des Steakhauses. Oder weshalb hätte ich mich dort länger aufhalten sollen? Weil es mir einfach Spaß macht, auf den keramischen Anstalten zu sein? Das glauben Sie doch selbst nicht. Ich habe es dort gesehen.«
Er überlegte einen Augenblick. Auf seiner Stirn bildete die graue Haut eine Furche. »Wie sah Dr. Sensenmann aus?«
Ich gab ihm eine Beschreibung. Er hörte sehr gut zu, und ich ließ ihn dabei auch nicht aus den Augen.
»Ja, das stimmt.«
»Sehen Sie?«
Sein Plan schien gescheitert. Er machte den Eindruck eines Mannes, der nicht wußte, ob er lachen oder weinen sollte. Dabei bewegte er seinen Mund wie jemand, der an einem Problem regelrecht herumkaut. Er krauste die Stirn und stellte dann die für ihn entscheidende Frage: »Es hat dich nicht gekillt?«
»Nein, sonst säße ich nicht hier.«
»Warum hat es das nicht getan?«
»Ich konnte es leider nicht fragen. Oder haben Sie schon mit ihm gesprochen?«
»Quatsch, Bulle! Es hat mir Angst eingeflößt. Eine verdammte und hündische Angst. Ich war wie von Sinnen. Ich kam ja nicht mehr mit mir zurecht, wenn es erschien.«
»In Ihrer Zelle?«
»Ja, in der Nacht, und ich weiß, daß es nicht nur einfach kommt, sondern auch tötet.«
»Das ist mir neu.«
Ferrano schaute mich mit einem Blick an, der sagen wollte: Ich habe zuviel gesagt.
Ich blieb allerdings beim Thema. »Sie haben also erlebt, daß Dr. Sensenmann tötet?«
»Ja, verflucht!«
»Wen hat er getötet, und wo ist das geschehen?«
So kooperationsbereit er sich auch in den letzten Minuten gezeigt hatte, so sehr verschloß er sich plötzlich. Als wäre er eine Perle, die sich in ihr Haus zurückzieht.
Das blieb mir nicht verborgen. Deshalb stellte ich eine weitere Frage.
»Was ist los? Was haben Sie?«
»Lassen Sie es auf einen Versuch ankommen.« Ich gab ihm die nötige Zeit, um nachzudenken. Inzwischen holte ich ein Taschentuch hervor, mit dem ich das Blut von meinem Hals wegtupfte. Dicke Flecken blieben im Stoff zurück. Zum Glück blutete die Wunde nicht mehr.
»Mir glaubt doch kein
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