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0955 - Blutiger Dschungel

0955 - Blutiger Dschungel

Titel: 0955 - Blutiger Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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Kopf und sah ihn direkt an.
    »Wir haben viel zu bereden. Nicht weit von hier habe ich eine kleine Hütte, die mir meine Großeltern hinterlassen haben. Dort fahren wir nun hin. Aber komm auf keine schrägen Gedanken, Fettsack - ich kann mich meiner Haut sehr wohl wehren.«
    Artimus grinste. Davon hatte er sich ja überzeugen können. Doch die Art, in der sie ihn vorsorglich in seine Schranken gewiesen hatte. Fettsack… das alles kam ihm so vertraut vor. Es war nicht nur das Äußere, nein, es war auch die Art zu sprechen.
    Während der folgenden - wesentlich ruhigeren - Fahrt, konnte er die Augen kaum von ihr lassen. Irgendwann wurde es ihr zu bunt.
    »Was ist los? Warum stierst du mich so an, F…«
    »Stopp!« Artimus brachte sie tatsächlich zum Schweigen. »Nenn mich noch einmal Fettsack, dann reiß ich dir die Haare einzeln aus, klar, Chiquita?«
    Die Frau schwieg verblüfft, dann lachte sie tatsächlich laut los.
    »Okay, war nicht böse gemeint - ist nur eine Art Familientradition jeden Mann so zu nennen, der… nun, ein paar Kilo zu viel auf den Rippen hat.«
    Artimus van Zant nickte.
    »Ich weiß, denn ich glaube, dass ich deine Familie kenne, zumindest ein ehemaliges Mitglied.«
    Sie blickte wieder nach vorne auf die Straße.
    »Wen meinst du?«
    Van Zant war sicher, dass sie die Antwort sehr wohl kannte, aber er tat ihr den Gefallen.
    »Ich bin in den Südstaaten der USA aufgewachsen. Meine Eltern waren nicht arm, aber auch keine von den Superreichen, die es in diesem Teil der Staaten gab und gibt. Meine Großeltern hingegen - die Eltern meines Vaters - stanken zehn Meilen gegen den Wind nach Geld. Das hatten sie sich ganz sicher nicht selbst erarbeitet, sondern die Arbeiter in ihren Fabriken zu Hungerlöhnen werkeln lassen. Das wurde mir allerdings erst klar, als ich älter wurde. Als kleiner Junge bin ich immer mit offenem Mund staunend durch den Palast gelaufen, wie meine Mutter das Herrenhaus ihrer Schwiegereltern immer abfällig genannt hat.« Artimus machte eine kurze Pause - die Straße vor ihnen war leer, und ein Blick in den Außenspiegel zeigte ihm, dass es hinter ihnen nicht anders aussah. Offenbar wurden sie wirklich nicht verfolgt.
    »Jedenfalls war mein Großvater ein großer Kunstsammler - Schwerpunkt: Malerei aus Mexiko. Diese Bilder hatten es ihm angetan. Daher fand man keinen Raum, in dem nicht zumindest eines dieser Kunstwerke an den Wänden hing. Siqueiros, Orozco, Abaroa - sie waren alle vertreten. Und natürlich Diego Rivera und Frida Kahlo. Von all diesen Bildern hat mich eines immer voll und ganz in seinen Bann gezogen: Das Porträt einer jungen Frau mit dunklen Augen, markanten Augenbrauen und einem leidvollen Ausdruck auf ihrem schönen Gesicht.«
    »Ein Selbstporträt von Frida Kahlo?« Die Frau neben Artimus nahm den Blick nicht von der Straße. Der Physiker nickte.
    »So ist es - Frida Kahlo. Die größte und wichtigste Malerin Mexikos. Und du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten.«
    Artimus' Retterin nickte.
    »Das ist nicht zu leugnen. Weißt du, wo das Bild heute hängt, wem es gehört?«
    Van Zant verneinte. »Nach dem Tod meiner Großeltern haben sich ihre Kinder um das Hab und Gut der alten Leute gestritten. Mein Vater hielt sich aus diesem Streit heraus. Wer sich die Bilder unter den Nagel gerissen hat, konnte ich nie in Erfahrung bringen. Ich habe das Selbstporträt nie wieder gesehen.«
    Einige Sekunden herrschte Stille im Fahrzeug, dann lachte die junge Frau auf.
    »Ja, die Familienähnlichkeit ist nicht zu leugnen. Frida war so etwas wie eine Ur-Ur-Cousine von mir - frag mich nicht nach den Einzelheiten. Und ja. Ich habe sie immer sehr verehrt, sicher auch ein wenig kopiert, was mein Aussehen angeht. Sie hat ihren Mann Diego Rivera übrigens oft als Fettwanst tituliert.«
    Rivera war ein mehr als korpulenter Mann gewesen, Frida Kahlo hingegen eher ein zarter Frauentyp. Die Taube und der Elefant hatte man sie auch genannt. Die beiden hatten einander geliebt, gehasst, sich getrennt und wieder vereint.
    »Ich stammte auch aus Mexiko. Nach Kolumbien hat es mich erst vor zehn Jahren verschlagen. Doch genug davon. Wir haben andere Sorgen als die Lebensgeschichte meiner Verwandten.«
    Artimus grinste. »Richtig, zum Beispiel die Frage, wie ich dich denn ansprechen darf. O'Hara hat mir deinen Namen nicht genannt, er hat mir nicht einmal gesagt, dass die Kontaktperson eine Frau ist.«
    Die Frau lachte kurz auf. »Sieht ihm ähnlich. Mein Name ist Alita Tirado, aber wenn

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