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0955 - Blutiger Dschungel

0955 - Blutiger Dschungel

Titel: 0955 - Blutiger Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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Armbanduhr bei sich; das war eine Angewohnheit, von der er sich schon lange freigemacht hatte. Zeit, exakte Termine, in das Zifferblatt eines Chronometers gemeißelte Abläufe, unveränderbar, festgelegte Routinen, das hatte es früher einmal für ihn gegeben. Sie waren wie ein Skelett gewesen, an dem er sich nur festzuhalten musste, denn sie regelten sein ganzes Leben. Arbeit, Freizeit, Ruhephasen, wieder Arbeit und immer so weiter.
    Seit er in den Dunstkreis von Professor Zamorra und dessen Team geraten war, hatte Artimus loslassen müssen, denn das Zeitskelett war ihm immer mehr durcheinandergeraten. Schließlich war es ganz zusammengebrochen, denn fremde Welten, die Hölle und Armakath, die weiße Stadt, scherten sich nicht um sein Zeitmanagement.
    Er konnte also nicht mit Bestimmtheit sagen, wie lange sie durch die Straßen von Bogota gelaufen waren. Vielleicht waren es zwei Stunden gewesen, vielleicht auch noch mehr. Irgendwann hatte das Kind zu weinen begonnen, denn es konnte mit den Schritten der Erwachsenen nicht mehr mithalten. Artimus hatte das Mädchen von da an getragen. Endlich stoppte die Frau ihre forschen Schritte, zog van Zant in einen Hauseingang und verriegelte die Tür hinter sich. Alles ging plötzlich schnell, viel zu schnell für Artimus. Zwei junge Frauen erschienen auf der Bildfläche, die beruhigend auf das Mädchen einredeten. Dann führten sie die Kleine in eine Wohnung. Van Zant protestierte.
    »Moment mal. Wer seid ihr? Ich übergebe euch die Kleine nicht so einfach.«
    Seine Retterin vor der Gewalt der Schlägerbande baute sich vor dem Physiker auf. »Keine Sorge, das Kind wird in Sicherheit gebracht - weit weg von Bogota und den Schweinen, die es süchtig gemacht haben. Wir beide können uns nicht um sie kümmern, denn wir haben eine ganz andere Aufgabe.«
    Van Zant ließ sich nicht einschüchtern.
    »Wer sind Sie überhaupt? Ich kenne Sie nicht.«
    Die Frau stieß ein hartes Lachen aus.
    »Du wirst mich noch kennenlernen, das verspreche ich dir. O'Hara hat mich doch angekündigt - oder etwa nicht? Egal, wir haben keine Zeit zu verlieren, denn die Killer könnten uns nach wie vor auf den Fersen sein. Also komm.« Ohne auf eine Reaktion von Artimus zu warten, lief sie den langen Hausflur entlang, der an einem Hinterausgang endete. Artimus folgte ihr - was anderes hätte er auch tun können. Und noch immer glaubte er, in das Gesicht einer Toten zu blicken.
    Der Hinterausgang mündete in einem kleinen Platz, auf dem ein pechschwarzer Offroader stand. Wenige Sekunden später saß der Physiker auf dem Beifahrersitz, denn wie selbstverständlich hatte die Frau das Steuer geentert. Artimus war das nur recht, denn sie kannte diese Stadt sicher viel besser als er. Nur kurz darauf wurde ihm klar, dass er sein Leben ganz eindeutig einer Wahnsinnigen anvertraut hatte, die wie eine Rallyefahrerin über Bogotas Straßen heizte! Vorfahrt? Das war für sie ein Fremdwort - ebenso Einbahnstraßen oder rote Ampeln, die sie hartnäckig ignorierte.
    Van Zant versuchte verzweifelt, sich irgendwo festzukrallen. Er wollte gerade Luft holen und seine Kamikaze-Fahrerin zusammenzustauchen, doch die kam ihm zuvor.
    »Spar dir den Atem. Wir müssen aus Bogota heraus, aber ohne einen Schatten an der Stoßstange. Und exakt das versuche ich gerade, also halte dich besser fest.« Im gleichen Augenblick riss sie brutal das Steuer des SUV herum, der verdächtig weit in Schräglage geriet, doch der Allräder schaffte es wieder zurück in die Waagerechte. Artimus schloss die Augen, doch dabei wurde im schwindelig. Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als sehenden Auges diese Höllenfahrt über sich ergehen zu lassen.
    Irgendwann kamen sie tatsächlich an den Stadtrand und die wilde Fahrt wurde jäh unterbrochen. Die Frau schleuderte den schweren Wagen in eine Seitengasse und ließ den Motor absterben. Mit dem Zeigefinger an den Lippen zeigte sie Artimus an, dass er sich still verhalten sollte. Lange Minuten vergingen, dann entspannte sich die irre Fahrerin. Sie ließ ihre Stirn auf das Lenkrad sinken und atmete einige Male tief durch.
    »Ich glaube, wir haben sie abgehängt.«
    Artimus schüttelte beide Hände kräftig aus, die sich aus ihren Verkrampfungen überhaupt nicht mehr lösen wollten.
    »Ich dachte, meine Ex-Frau wäre die wahnsinnigste Fahrerin auf Erden gewesen, doch du toppst sie um viele Längen.«
    Zum ersten Mal konnte Van Zant auf dem Gesicht der Frau so etwas wie ein Lächeln erkennen. Sie hob den

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