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0955 - Blutiger Dschungel

0955 - Blutiger Dschungel

Titel: 0955 - Blutiger Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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zögern, sonst finden wir die Kinder nicht mehr.«
    Alita winkte ab.
    »Glaubst du, die werden sich weit in den Dschungel hinein wagen? Ganz sicher nicht. Sie werden sich nach wenigen Metern irgendwo auf den Boden hocken und hoffen, dass diese Nacht bald enden möge.«
    Artimus hatte da seine Zweifel.
    »Irgendwie werden sie im Lauf der kommenden Stunden tiefer in den Urwald gehen - oder mit Gewalt dorthin gebracht werden. Ich kann es nicht erklären, aber das, was ich hier erahne, hockt tief im Dickicht und lauert. Wir müssen uns beeilen. Du hast es gehört - nur vier Kinder sollen die Nacht überleben. Sorgen wir dafür, dass diese Prognose nicht zutrifft.«
    Vorsichtig näherten sie sich dem Dschungelsaum, immer darauf bedacht, dass man sie von den Häusern aus nicht dabei beobachten konnte. Die Dunkelheit war nun schon so fortgeschritten, dass diese Gefahr jedoch nur sehr gering war. Wie zwei verschwommene Schemen drangen sie in das Gebiet ein.
    Schon nach wenigen Metern blieb Alita stehen. Artimus sah sie fragend an.
    »Fühlst du das denn nicht? Die Luft. Ich kann nur schwer atmen.«
    Artimus hatte diesen Umstand auch schon für sich registriert, doch er hatte vermutet, das sei normal, denn im Urwald herrschte eine hohe Luftfeuchtigkeit. Unauffällig beobachte der Physiker von nun an seine linke Hand, in der sich der Splitter befand, doch der zeigte keinerlei Reaktion.
    Mit jedem Schritt glaubte Artimus, dass sie dem Bösen entgegenliefen. Und er mochte sich nicht ausmalen, wie es den Kindern dabei wohl ergehen musste.
    ***
    Ana konnte die schweißnasse Hand ihres kleinen Bruders Pedro in der ihren fühlen. Die Finger des Kleinen bewegten sich unablässig, krampften sich zusammen, zuckten hin und her. Er hatte entsetzliche Angst.
    Die hatten sie alle. Wahre, echte Todesangst. Ein kaum zu ertragendes Gefühl, dass ein Kind nie und nimmer kennen sollte. Doch hier galten andere Gesetze, die den Begriff Kindheit vollkommen verfremdeten. Ana erinnerte sich noch zu genau, wie alles für sie und ihren Bruder begonnen hatte. Ihre Mutter war ohne jede Vorwarnung verschwunden - sie sah in den Kindern nur zwei Klötze, die an ihren Beinen hingen. Sie wollte leben - etwas erleben. Der Vater war drogensüchtig. Mit den Kindern konnte er nichts anfangen, überhaupt nichts. Also gab er sie in die Hände eines der Drogenkartelle, die immer auf der Suche nach Kindern waren. An die ersten Tage in der Gewalt der Rojos erinnerte sich Ana dann nicht mehr, denn was ihr dort widerfuhr, das war zu viel für ihren Körper und ihren noch so jungen Verstand.
    Als man sie und ihren Bruder schließlich zum ersten Mal im Drogenhandel einsetzte, stellten die beiden sich nicht besonders clever an - und so waren sie hier gelandet. Ana hatte nur den einen Ausweg gesehen: Flucht! Doch man hatte die Kinder schnell wieder eingefangen. Und nun bekamen sie ihre Strafe.
    Immer wieder blickte Ana sich um, doch hinter ihr war nur die tiefe Dunkelheit des Dschungels, es schien, als würde den Kindern niemand folgen. Abrupt blieb Ana stehen und wandte sich an ihren Bruder und die anderen Kinder.
    »Wir gehen keinen Schritt weiter. Setzen wir uns im Kreis auf den Boden - Rücken an Rücken, dann können wir in alle Richtungen beobachten. Ihr dürft alle nicht einschlafen, denn wir müssen aufeinander aufpassen.«
    Pedro sah zu seiner Schwester auf.
    »Aber… was wird geschehen? Geister? Kommen uns die Toten holen? Oder die Tiere des Dschungels? Ich habe so große Angst! Hier gibt es doch giftige Insekten und riesige Schlangen…«
    Ana legte beruhigend eine Hand auf Pedros Kopf. Die anderen Kinder - drei Jungen, die ebenfalls bei einer waghalsigen Flucht geschnappt worden waren, schwiegen betreten. Die Furcht schnürte ihnen die Kehlen zu.
    Was sollte sie auf Pedros Frage antworten? Sie wusste auch nicht mehr als er.
    »Jeder von uns nimmt sich einen Stock, einen Ast oder Stein und schlägt damit immer wieder auf den Boden vor sich. Das wird die Kriechtiere verscheuchen. Wahrscheinlich haben die nicht weniger Angst vor uns, als wir vor ihnen.« Sie glaubte ihre eigenen Worte nicht wirklich, aber irgendeine Lösung musste sie den anderen anbieten. Ana verdrängte dabei den Gedanken an die größte aller Gefahren, denn es hieß, dass sich hier in den Urwäldern Jaguare herumtrieben. Sie wusste nicht, ob das vielleicht nur Märchen waren, um anderen Furcht einzuflößen. Sie hoffte, dass dem so war.
    Kurz darauf hatten sie ihre Positionen eingenommen,

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