0956 - Die Todeszone
Schließlich nickte der Yankee. »Danke, Jesús. Keine Sorge, die Zeit deines Leidens ist vorbei. Hier bist du sicher.«
»Was hat er gesagt, Agent Devaine? Was zur Hölle ist da draußen passiert?«
Der Yankee lehnte sich zurück und zündete sich eine Zigarette an. Er nahm einen tiefen Zug, bevor er antwortete. »Hölle trifft es besser, als Sie ahnen, Coronel. Ihre Jungs haben sich da draußen nicht selbst abgeschlachtet und sie sind auch keinen Drogendealern oder Guerilleros zum Opfer gefallen. Das war das Werk von Kräften, deren Existenz anzuerkennen sich unser Verstand normalerweise weigert. Ich rede von den Mächten der Finsternis.«
»Was?« Konsterniert starrte der Offizier den Mann namens Devaine an. »Aber… aber das ist doch völliger Blödsinn.«
»Meinen Sie? Jesús sagt, er habe etwas aus der Zone mitgebracht. Einen Beweis.« Devaine nahm einen letzten Zug, ließ die Zigarette auf den Boden fallen und trat sie aus. »Dann wollen wir mal sehen.«
Jesús zucke kurz zurück, ließ den Zivilisten jedoch gewähren, als der vorsichtig seine Uniformjacke öffnete und das Innere offenbar nach einer verborgenen Tasche abtastete. Devaine grinste triumphierend, als er etwas fand und langsam herauszog.
»Leck mich!«, keuchte Fernando. Dann übernahm der Profi in ihm, und er begann wortlos das abzufotografieren, was der Bildschirm ihnen zeigte.
Es war eine Hand. Sie sah reichlich mitgenommen aus, möglicherweise war sie ihrem Besitzer bei der Explosion einer Handgranate abgerissen worden. Und dieser Besitzer war mit Sicherheit kein Mensch gewesen. Das klauenartige Etwas war fast doppelt so groß wie eine normale Männerhand und vollständig überzogen mit grünen Schuppen. Es endete in scharfen Krallen, die aussahen, als könnten sie mühelos einen menschlichen Körper in Stücke reißen.
»Das muss eine Fälschung sein«, murmelte Paula. Die junge Journalistin fühlte sich wie betäubt. Irgendjemand hatte gerade ihre Welt genommen und von einer Sekunde auf die andere komplett auf den Kopf gestellt.
»Das ist keine Fälschung«, sagte Fernando. »Das ist das, was sie hier mit aller Macht vor den Augen der Öffentlichkeit verstecken wollen. Und wir sollten schleunigst sehen, dass wir von hier wegkommen.«
»Einverstanden. Hast du alles im Kasten?«
»Augenblick, ich versuche noch eine Detailaufnahme.«
Fernando betätigte erneut den Joystick und diesmal musste Devaine die Bewegung der Kamera gehört haben. Sein Kopf fuhr hoch und seine stechenden Augen schienen Paula und Fernando direkt anzustarren.
»Scheiße!« Paula sprang wie von der Tarantel gestochen von ihrem Stuhl auf. »Nichts wie raus hier!«
Fernando stopfte die Kamera in seine Tasche und folgte ihr auf dem Fuße. Wie durch ein Wunder waren die Gänge völlig verwaist, und für einen Moment gab sich Paula der Illusion hin, dass sie vielleicht doch eine Chance hatten. Doch ihre Glückssträhne endete, als sie durch eine Seitentür in die grelle Sonne traten. Das Haupttor der Anlage war von hier aus in Sichtweite, aber sie würden es nie bis dahin schaffen.
Agent Devaine trat aus dem Schatten eines geparkten Lkw. Ihm folgten der Coronel und mehr als ein Dutzend Soldaten, deren Waffen sie genau im Visier hatten.
»Können wir Ihnen helfen?«, sagte Agent Devaine. »Ich vermute, Sie haben sich verlaufen.«
***
Nicole reagierte sofort. Instinktiv warf sie sich zur Seite, da erfolgte auch schon der Angriff. Entsetzt keuchten die Umstehenden auf, als die attraktive junge Frau, die sich als »Nadine« vorgestellt hatte, ihr wahres Ich enthüllte. Die beiden Arme verwandelten sich von einer Sekunde zur anderen in tentakelartige Auswüchse, die auf Nicole zuschossen und sie zu umschlingen versuchten.
Nicole rollte sich ab, kam wieder auf die Beine und hechtete aus der unmittelbaren Gefahrenzone, während ihr Nadine mit einem bösen Lächeln langsam folgte. Ihre kräftigen Tentakel-Arme zuckten unablässig umher und warfen dabei Tische und Stühle um.
Die angebliche Studentin war eine Shi-Rin. Zamorra und Nicole waren dieser dämonischen Kriegerrasse zum ersten Mal in Lucifuge Rofocales unsichtbarer Festung in Alaska begegnet, wo sie den geheimnisvollen Hong Shi bewacht hatte. [2] Doch was machten die Gestaltwandler hier?
Aus den Augenwinkeln sah Nicole, dass sich auch Nadines Begleiter in ein tentakelbewehrtes Monstrum verwandelt hatte. Das, was einmal sein rechter Arm gewesen war, zuckte durch den Raum und riss den flüchtenden Posthalter
Weitere Kostenlose Bücher