0957 - Das Aibon-Gezücht
sein Geld?«
»Er importiert Dinge des alltäglichen Lebens. Reis, Nudeln, spezielle Soßen, auch Tees, eigentlich alles, was man sonst in der Fremde vermissen würde.«
»Auch Schlangen?«
»Ja.«
Die Antwort überraschte mich. »He, wieso importiert er Schlangen?«
»Sie werden von manchen Leuten gegesssen, das weißt du doch. Es gibt dann auch die Schlangen in Alkohol. Alles ist sehr vielfältig, John, und Fin Wai ist eben offen.«
»Da bin ich mal gespannt.«
Wir konnten die Halle betreten, da ein großes Rolltor offenstand. Der Mann war so etwas wie ein Großhändler für Lebensmittel, denn in seinem Lager stapelten sich Säcke und Kisten oder lagerten auf einem sicheren Platz im Hochregal.
Wir mußten aufpassen, um den Arbeitsablauf nicht zu stören. Gabelstapler fuhren die Waren hin und her, und ein Mann im braunen Anzug kam wütend auf uns zu. Er war kleiner als ich, er war Chinese und trug eine Brille mit dickem Gestell. Es gibt sicherlich viele höfliche Chinesen, dieser hier war es nicht. Er fuhr uns an, von diesem Ort zu verschwinden. Suko schien energisch zu werden, damit der Knabe endlich den Mund hielt und auf den Ausweis schaute.
»Polizei?«
»Ja, mein Lieber, Polizei. Und wir möchten Ihren Chef Fin Wai sprechen.«
»Ich weiß nicht…«
»Bringen Sie uns hin!«
Der Bebrillte war etwas durcheinander. Aufsehen wollte er auf jeden Fall vermeiden. Schließlich hob er die Schultern und ging vor, wobei er davon sprach, daß sich die Firma nichts zuschulden hatte kommen lassen und alles in Ordnung war.
»Das glauben wir Ihnen«, sagte Suko. »Es geht auch um ganz andere Dinge.«
»Welcher Art?«
»Das wiederum geht Sie nichts an.«
»Ich bin ein Verwandter des Chefs und…«
»Trotzdem!« Suko blieb hart.
Wir hatten inzwischen die große Halle durchwandert und näherten uns dem Teil, wo die Büros untergebracht worden waren. Es waren eher Verschlage, denn richtige Büros waren das auf keinen Fall.
Menschen und Computer drängelten sich in den Verschlagen, nur im Büro des Chefs sah es anders aus. Der Bebrillte hatte uns anmelden wollen, aber Suko hatte ihn nur zur Seite gedrückt und schlicht gefragt: »Wie geht es dir, Bruder?«
Damit war die Sache erledigt. Der Bebrillte wurde weggeschickt. Wir durften in einer weichen Polsterlandschaft Platz nehmen und wurden von einem Mann angeschaut, der einen dunkelblauen Anzug trug, das graue Haar sorgfältig gekämmt hatte und uns sehr höflich anlächelte. Er wußte natürlich, wer Suko war. Die beiden sprachen über Erfolge, bevor man sich dem Thema näherte. Zuvor aber wurde Tee serviert, der mir sehr gut schmeckte. »Das Getränk erfrischt unsere Geister«, sagte Fin Wai und lächelte dabei. »Ich weiß ja, daß du ein Problem hast, wenn du zu mir kommst, Suko.«
»Man kann es so sagen.«
»Und wie kann ich euch dabei helfen? Ich tue es gern, das weißt du genau.«
»Es geht um Schlangen.«
»Oh…« Fin Wai lächelte. »Schlangen sind rätselhafte Geschöpfe. Ich weiß nicht, ob ich mich bei und mit ihnen so gut auskenne, daß ich euch helfen kann …«
»Wir werden es versuchen, Fin Wai. Es geht um eine Schlangensekte. Nicht um die Schlangen, die du importierst, sondern um die Ophiten. Ein alter Schlangenkult, der sich wieder neu gebildet hat und von einer Frau geleitet wird.«
Fin Wais Gesicht blieb unbewegt.
»Bitte« sagte Suko. »Ich weiß, daß du viele Beziehungen hast. Daß du Menschen kennst, die dir viel erzählen, und ich kann mir vorstellen, daß du bereits von diesem Schlangenkult erfahren hast und von einem Götzen, der im Mittelpunkt steht.«
Fin Wai führte seine Teetasse an die Lippen. Sein Blick hatte sich nicht verändert. Keiner von uns konnte in seinen Augen ablesen, was er tatsächlich dachte. Als er die Tasse dann wegstellte, fragte er: »Wollt ihr die Schlangenbrut zerstören?«
»Ja, das hatten wir vor.«
»Es ist gefährlich«, sagte er. »Es ist sehr gefährlich, sich mit ihnen anzulegen.«
»Dann kennst du die Ophiten?«
»Ich hörte von ihnen. Sie sind auch nicht so geheim. Sie suchen Mitglieder für ihren Kult. Gemeinsam gehen sie dann hinein in das neue Leben, das ihnen die Schlange schenkt.«
»Werden der Schlange auch Menschen geopfert?«
Fin Wai hob die Schultern, als er meine Frage hörte. »Wenn sie die Schlangen als Gott verehren, bestimmt. Aber darauf möchte ich mich nicht einlassen.«
»Brauchst du auch nicht«, sagte Suko. »Für uns wäre es wichtig zu erfahren, wo wir die Ophiten
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