0957 - Der schwarze See
gerissen und wäre hart gegen die gegenüberliegende Seitenwand gekracht, wenn Zamorra ihn nicht instinktiv gepackt und auf die Bank zurückgezogen hätte.
»Danke.«
»Keine Ursache. Ich brauche Sie lebend, damit Nicole unbeschadet aus dieser Sache rauskommt. Danach sehen wir weiter.«
Devaine nickte. »Wie Sie meinen, Professor. Trotzdem danke.«
»Sir, in wenigen Minuten erreichen wir die Grenze«, rief der Fahrer durch die geöffnete Verbindungstür zum Cockpit.
»Wir sollten uns das besser ansehen«, sagte Devaine. Ohne Zamorras Antwort abzuwarten, ging er voran und zwängte sich in die mit Hightech vollgestopfte Fahrerkabine. Zamorra folgte ihm.
Während sich der Fahrer mit hochkonzentrierter Miene seinen Weg durch das dichte Buschwerk bahnte, kontrollierte sein Nebenmann die Daten, die von der Satellitenüberwachung reinkamen. Rechts vor ihm befanden sich die Kontrollen für das Bordgeschütz, das von beiden Beifahrersitzen aus bedient werden konnte.
»Bisher konnten die Satelliten nicht das Geringste entdecken«, sagte der Beifahrer, ohne von seinen Monitoren aufzusehen. »Und die Störungen nehmen ständig zu.«
Devaine hatte nichts anderes erwartet. Die Übertragung brach jedes Mal zusammen, sobald die Satelliten die Grenze von der äußeren Todeszone zum inneren Bereich der Anomalie, der Sphäre, überquerten.
»Ich übernehme von hier, Rodriguez«, sagte Devaine. »Professor, wenn Sie sich mit dem Bordgeschütz vertraut machen wollen?«
Der Kolumbianer überließ Devaine seinen Platz und ging nach hinten. Zamorra ließ sich rechts neben dem US-Amerikaner nieder. Devaine wollte den Franzosen gerade in die Bedienung des Bordgeschützes einweisen, hielt dann aber verblüfft inne, als er sah, wie Zamorras Finger flink über die Kontrollen glitten und intuitiv ihre Funktionen erfassten.
Probeweise ließ Zamorra die Kanone auf dem Dach nach rechts und links schwenken, bevor er zufrieden nickte und wieder aufmerksam aus dem Fenster schaute. Entweder war der Professor ein passionierter Videospieler oder er machte so etwas nicht zum ersten Mal. Offenbar war das CIA-Dossier über den Dämonenjäger bei Weitem nicht vollständig, dachte Devaine missmutig.
»Eine Minute bis zur Grenze«, verkündete der Fahrer. Zu dritt starrten sie angespannt in den Dschungel, doch nichts deutete darauf hin, dass sich unmittelbar vor ihnen der Übergang zur Sphäre befand.
»30 Sekunden.«
In instinktiver Erwartung eines Aufpralls klammerte sich Devaine fest. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Zamorra dasselbe tat.
Und dann waren sie da. Unwillkürlich schloss der Amerikaner die Augen. Als er sie wieder öffnete, hatte sich der Urwald nicht verändert. Ungehindert preschten sie weiter über die unebene Dschungelpiste.
»Niemand versucht, uns aufzuhalten«, sagte er ungläubig.
»Ja«, erwiderte Zamorra düster. »Und genau das macht mir Angst.«
***
Stumm hörte Gryf zu, während William ihm für seine Verhältnisse äußerst knapp und präzise die Lage schilderte. Erst als der Butler geendet hatte, hakte er nach.
»Wie viele von diesen Shi-Rin lungern da draußen rum und veranstalten mit uns Tontaubenschießen?«
»Bedaure, Sir, die genaue Zahl entzieht sich meiner Kenntnis. Aber gesehen habe ich etwa ein halbes Dutzend.«
Gryf nickte düster. Die Shi-Rin waren ernst zu nehmende Gegner. Nicht umsonst hatten Höllenfürsten wie Stygia oder Lucifuge Rofocale die Gestaltwandler bevorzugt als Leibwächter oder Attentäter eingesetzt.
»Und Zamorra und Nicole stecken irgendwo in Kolumbien, na super.«
»Wir haben mehrfach versucht, sie zu erreichen. Aber offenbar sind selbst die TI-Alphas dieser Blockade nicht gewachsen.«
»Kopf hoch, alter Junge«, sagte Gryf mit einem breiten Grinsen. »Jetzt bin ich ja da. Im Zweifelsfall ist auf Magie immer noch mehr Verlass als auf diesen neumodischen Schnickschnack.«
Der Silbermond-Druide erhob sich aus dem Sessel, in den er sich während Williams Bericht gelümmelt hatte, konzentrierte sich auf Zamorra und machte einen Schritt vorwärts. Es geschah - nichts.
»Sir?« Fragend sah der Butler Gryf an, doch eine knappe Handbewegung ließ ihn verstummen. Stattdessen unternahm der gut aussehende Blondschopf, der trotz der gut 8000 Jahre, die er auf dem Buckel hatte, gerade mal aussah wie Anfang zwanzig, einen weiteren Versuch. Nur dass er sich diesmal auf Nicole konzentrierte. Doch das Ergebnis war das gleiche.
»Mist«, murmelte er frustriert.
»Darf ich vermuten, dass
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