0957 - Der schwarze See
Agent Devaine hat sie mitgenommen.«
Mist!
»Okay«, sage Nicole. »Hören Sie mir gut zu, Juan. Ich verschwinde jetzt von hier. Damit mich niemand daran hindert, muss ich dafür sorgen, dass Sie niemanden warnen.« Die Augen des Mannes wurden groß. »Keine Angst, Ihnen wird nichts geschehen. Sie werden nur ein kleines Nickerchen machen und in einer Stunde gut erholt wieder aufwachen.«
Wenn nicht vorher die ganze Anlage hier zum Teufel geht , dachte Nicole. Sie löste den Griff um den Hals des Mannes, doch bevor der auf die neue Situation reagieren konnte, schlug sie zu. Blitzschnell traf ihre Handkante eine andere Stelle an der Halsschlagader. Fassungslos starrte Juan Santos sie an, dann erschlaffte sein Körper. Die Dämonenjägerin nahm Santos' Waffe an sich, atmete tief durch und machte sich auf den Weg zum Gefängnistrakt.
***
Während das MRAP mit atemberaubender Geschwindigkeit die Todeszone durchquerte, wanderten Richard Devaines Gedanke zurück in die Vergangenheit, zurück zu einem kleinen Dorf in Gabun im August 1996. Wie unzählige Male zuvor sah er vor seinem inneren Auge die Bilder, die sich unauslöschlich in sein Gedächtnis eingebrannt hatten. Er sah die schrecklich entstellten Leiber, sah, wie die Flammenwerfer unermüdlich ihre Arbeit taten, roch den von menschlichem Fett gesättigten schwarzen Rauch.
Er hatte an diesem Tag zum ersten Mal Dinge getan, von denen er wusste, dass er sie sich niemals würde vergeben können. Er hatte Unschuldige getötet, weil die Vogelwesen sie mit ihrem dämonischen Keim infiziert hatten. Aber noch waren sie Menschen gewesen, bei einigen hatten die Veränderungen nicht einmal eingesetzt.
Würde er heute anders handeln? Richard Devaine stellte sich die Frage jedes Mal, wenn er an diesen Tag zurückdachte, der zum grauenhaften Wendepunkt seines Lebens geworden war. Und die Antwort lautete immer gleich.
Nein.
Wenn sie die dämonische Seuche damals nicht aufgehalten hätten, wären immer weitere Dörfer gefallen. Der schwarzmagische Keim hätte sich rasend schnell ausgebreitet und wäre innerhalb kürzester Zeit auch auf andere Länder übergesprungen. Er würde tun, was immer getan werde musste, um das Böse aufzuhalten. Und wenn er deshalb in manchen Nächten nur Schlaf fand, wenn er sein Gewissen mit Whiskey betäubte, war das ein Preis, mit dem er leben konnte. Das war die Lehre, die er aus Gabun gezogen hatte.
Und daran würde sich in Kolumbien nichts ändern.
Der kolumbianische Soldat rechts neben Devaine beugte sich leicht zu ihm herüber und riss ihn aus seinen Erinnerungen. »Sir, es wäre vielleicht besser, wenn Sie sich anschnallen. Es wird langsam etwas ruppig.«
»Ja, sicher. Danke, Soldat«, murmelte Devaine. Er war so in Gedanken versunken gewesen, dass er gar nicht gemerkt hatte, dass die Beben deutlich an Intensität zugenommen hatten. Jede neue Welle ließ das schwere Panzerfahrzeug erzittern, und der Fahrer hatte offenbar immer mehr Mühe, das Steuer nicht zu verreißen und in der Spur zu bleiben. Seine uniformierten Begleiter gaben sich jetzt keine Mühe mehr, ihre Unruhe zu verbergen. Einer der Kolumbianer hielt einen Rosenkranz in Händen und betete stumm.
Zamorra hatte Devaine den Rücken zugewandt und starrte durch die schmalen Sehschlitze in den Dschungel. Devaine ließ den Sicherheitsgurt, den er sich gerade anlegen wollte, wieder sinken, stand auf und hockte sich neben den Dämonenjäger.
»Tut sich was da draußen?«
Der Parapsychologe rückte etwas zur Seite. »Sehen Sie selbst.«
Der CIA-Mann blickte eine Weile angestrengt nach draußen. Der Dschungel sah so aus wie immer. Nur das Licht wirkte seltsam fahl, so als hätte jemand bei einem Fernseher die Farbe rausgedreht. Doch von den geheimnisvollen Kreaturen, die da draußen angeblich auf Beutefang gingen, fehlte jede Spur.
»Ich kann nicht das Geringste erkennen.«
»Aber sie sind da und beobachten uns.«
Devaine nickte. Auch er konnte die Präsenz des Bösen spüren, das dieses Fleckchen Erde infiziert hatte, obwohl er nicht im Mindesten paranormal begabt war. Jede Faser seines Körpers schrie nach Flucht, und er musste sich zusammenreißen, um dem Fahrer nicht die sofortige Umkehr zu befehlen.
Das MRAP machte einen Satz, als sie unerwartet heftig von einer weiteren Erschütterung getroffen wurden. Das Panzerfahrzeug geriet einen Moment ins Schlingern und schrammte einen mächtigen Baum, bevor der Fahrer es wieder unter Kontrolle bekam.
Devaine wurde von seinem Sitz
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