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096 - Die Gräfin von Ascot

096 - Die Gräfin von Ascot

Titel: 096 - Die Gräfin von Ascot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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das Geschenk Julians.«
    Mrs. Carawood war inzwischen eingetreten und sah erstaunt das Schmuckstück an.
    »Der Ring ist wieder da, und hier ist auch eine kleine Notiz. Ein Zettel...«
    »Es ist schon so, wie ich dachte.«
    Sie las die Worte vor, die auf dem schmutzigen Papier standen:
    »Sehr verehrte Miss, es tut mir leid, daß ich Ihr Geschenk genommen habe.«
    Marie betrachtete den Ring, indem sie ihn von einer Seite zur anderen drehte.
    »Willst du das Schmuckstück nicht tragen, Liebling?« fragte Mrs. Carawood, als Marie den Ring ins Etui zurücklegte.
    »Nein, Nanny«, entgegnete das junge Mädchen ruhig. »Die Farbe paßt nicht zu meinem Kleid, und ich werde wahrscheinlich auch niemals ein Kleid anziehen, das dazu paßt. Deshalb werde ich den Ring vermutlich niemals tragen.«
    John nahm das Etui in die Hand und sah sich den Rubin an. Seiner Schätzung nach war das Schmuckstück höchstens zwanzig bis fünfundzwanzig Pfund wert. Es war eine Nachbildung eines altvenezianischen Schmucks. Die Goldarbeit war besonders gut.

12
    John Morlay kehrte am Abend in die Stadt zurück. Er war etwas verwirrt und verstand die Zusammenhänge nicht ganz.
    Sonnabend und Sonntag waren arbeitsreiche Tage für ihn. Durch den langen Aufenthalt in Ascot war viel liegengeblieben, und er mußte sich beeilen, das Versäumte nachzuholen. Am Montagmorgen saß er schon um acht Uhr an seinem Schreibtisch, als ihm Mrs. Carawood gemeldet wurde.
    Er begrüßte sie wie eine alte Freundin und schob sofort den besten Sessel für sie zurecht. Als er jedoch mit ihr über die angenehmen Tage in Ascot sprechen wollte, erkannte er, daß sie nervös und unruhig war. Plötzlich erhob sie sich wieder, trat an das Fenster und schaute auf den Platz hinaus. Ihre Aufmerksamkeit schien sich zwischen den Vorgängen draußen und im Zimmer zu teilen.
    Allem Anschein nach fiel es ihr ziemlich schwer, zu sagen, warum sie gekommen war. John glaubte bestimmt, daß sie ihm etwas ganz Neues mitteilen würde.
    »Es handelt sich wie gewöhnlich um Marie«, begann sie schließlich. »Ich mache mir im Augenblick sehr viel Sorgen um sie.« »Meinen Sie wegen des Einbruchs?« Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein. Das war eine dumme Sache, aber es kann jedem anderen ebenso gehen. Mr. Morlay, ich weiß, daß Sie sehr viel zu tun haben.« »Das stimmt. Im Moment bin ich sehr beschäftigt«, gestand er ohne weiteres und zeigte auf die großen Stöße von Briefen, die er noch beantworten sollte.
    »Können Sie - ich meine, kann ich Ihnen so viel Geld zahlen, daß es Ihnen möglich wird, Ihre ganze Zeit für Marie zu verwenden?« Sekundenlang war er versucht, zu sagen, daß er alle Geschäfte beiseite lassen wollte, wenn er nur ihr helfen und beistehen könnte. »Ich traue den Menschen nicht«, fuhr sie fort, »denn ich kenne sie gut. Aber auf Sie kann ich mich verlassen, das weiß ich. Sie haben Marie gern.«
    Als sie das sagte, sah sie ihn durchdringend an.
    »Ja«, entgegnete er ruhig. »Ich schätze sie sehr.«
    Es kostete sie ungeheure Anstrengung, die nächste Frage zu stellen.
    »Lieben Sie Marie - oder bilden Sie es sich nur ein?«
    Er sah ihr offen ins Gesicht.
    »Ich liebe sie, und ich bin alt genug, um meine Gefühle richtig beurteilen zu können.«
    Sie atmete schnell.
    »Sie liebt Sie auch. Ja, ich glaube, daß Marie Sie gern hat. das wäre auch ganz nach meinem Wunsch. aber man muß alles mögliche beachten. Ich habe die halbe Nacht nicht schlafen können und immer wieder darüber nachdenken müssen. Wenn sie nun überhaupt kein Geld hat - ich meine, wenn sie nicht einmal ein paar Pfund besitzt?« »Das würde für mich keinen Unterschied machen.« »Bedeutet Ihnen etwa auch der Titel nichts?«
    Es lag etwas in dem Ton ihrer Stimme, worüber John Morlay lachen mußte.
    »Aber meine liebe Mrs. Carawood, in England gibt es so viele Prinzessinnen und Herzoginnen! Es ist ja sehr schön, daß Marie eine Contessa ist, aber mir bedeutet es wirklich nicht viel. Es wäre mir ebenso lieb, wenn sie nur Miss Jones hieße.« Sie seufzte schwer. »Ich glaube Ihnen.«
    Trotzdem war sie in gewisser Weise enttäuscht, daß er den alten Grafentitel so wenig schätzte.
    »Sie sind ein Gentleman, der mit Leuten aus aller Herren Länder zusammenkommt, und deshalb denken Sie anders als ich. Ich bin in der Beziehung vielleicht noch etwas altmodisch. Marie habe ich nicht gesagt, daß ich hierherkommen würde«, fügte sie dann hastig hinzu. »Und ich werde ihr auch nicht erzählen, was ich

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