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096 - Kreuzfahrt des Grauens

096 - Kreuzfahrt des Grauens

Titel: 096 - Kreuzfahrt des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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in diesem Fall doch eine erhebliche Rolle.“
    Sue Diaz schilderte nun den gespannt lauschenden Zuhörern, was sich damals vor nahezu zweihundert Jahren ereignet hatte. Die Wirklichkeit versank vor den Augen der vier Lauschenden, und in ihrer Phantasie stiegen die Bilder der Vergangenheit auf. Die brutale Vergewaltigung, der Fluch des gemarterten Magiers Lao Han Minh, das Auftauchen des schwarzen Albatros’ und das Absacken der Galeone in den Höllenschlund.
    „DeVries fuhr mit Schiff und Mannschaft zur Hölle“, erzählte Sue. „Doch der Teufel Schinsang behielt die Galeone nicht. In einer Sturmnacht tauchte sie wieder auf, die Besatzungsmitglieder von einem dämonischen, widernatürlichen Leben erfüllt, um bis in alle Ewigkeit ihre Frevel zu sühnen. Auch Lao Han Minh, der Weise und Magier, der seine Seele opferte, um im Bund mit dem Teufel die Piraten furchtbar zu strafen, war ein Verdammter geworden. In Sturmnächten und vor großen Katastrophen wurde die Galeone gesichtet. Man hörte nachts ein Heulen und Wehklagen, wie von einem dämonischen Chor verfluchter Seelen. Dem Fliegenden Holländer gleich jagte Henri DeVries durchs Chinesische Meer und die Inselwelt der Philippinen. Der verfluchte Korsar ist zur Legende geworden. Bis zum Jüngsten Tag muß er seine verdammte Existenz weiterführen, und keine Ruhe findet er, bis Himmel, Erde und Meer vergehen.“
    Nachdem die schöne Eurasierin geendet hatte, herrschte eine Weile Stille. Yanakawa fragte dann: „Wurden jemals Besatzungsmitglieder der verfluchten Galeone an Bord eines anderen Schiffes gesehen? Oder erfolgte sonst ein Kontakt mit DeVries oder seiner Mannschaft?“
    „Nein, davon habe ich nie etwas gehört.“
    Martin wollte wissen: „Wenn die Galeone damals mit der gesamten Besatzung versank, wenn DeVries, seine Mannschaft, der Magier Lao Han Minh und seine Tochter ums Leben gekommen sind, woher will man dann wissen, was an Bord der Galeone geschehen ist?“
    Auch darauf wußte Sue eine Antwort.
    „Lao Han Minh erschien seinem Lieblingsschüler im Traum, und er schilderte ihm alles so, wie es überliefert ist. Er teilte ihm auch mit, welche Qualen er und die andern Verfluchten erleiden mußten und noch immer erleiden müssen. Lao Han Minhs Schüler hat nie zu anderen darüber gesprochen, was er von der abgrundtiefen Verzweiflung der Verdammten erfuhr, aber sein Haar wurde in wenigen Tagen schlohweiß, und er führte ein so gottesfürchtiges Leben, wie selten jemand sonst auf der Welt.“
    „Sind alle Schiffe gesunken, die die Galeone sahen?“ fragte Hyun Yat Sen.
    „Die allermeisten“, antwortete Sue. „Und die übrigen wurden von schlimmem Unheil betroffen.“
    „Das sind doch alles Schauermärchen“, rief Harriet Stone nun, mehr um sich selbst zu überzeugen, als die andern. „Wenn ich das schon höre: Böse Vorzeichen. Schlimme Omen. Wir leben im 20. Jahrhundert, im Atomzeitalter. Wir können zum Mond fliegen und Atome zertrümmern. Da haben Gespenster keinen Platz mehr.“
    Hyun Yat Sen wiegte den weißhaarigen Kopf. Wie ein abgemagerter alter Buddha sah er aus.
    „Ihr Leute aus der westlichen Hemisphäre verlaßt euch immer auf eure Wissenschaft und eure Logik. Ihr glaubt, euer Weltbild müsse das einzig Wahre und Richtige sein. Aber denkt doch einmal darüber nach, wie viele Zivilisationen, Kulturen und Weltreiche schon entstanden und wieder vergingen, seit der Mensch mit Faustkeil und Feuer umzugehen lernte? Wie will ein Mensch mit absoluter Bestimmtheit sagen können, was möglich ist und was nicht? Weshalb soll es keine Geister, Dämonen und Mächte der Finsternis geben? Woher sollen die Sagen und Überlieferungen, all die Geschichten des Grauens kommen, wenn da nichts, gar nichts ist?“
    „Der alte Spruch“, murmelte Martin. „Wo Rauch ist, da ist auch ein Feuer.“
    „Sehr vereinfacht, aber treffend ausgedrückt“, sagte Hyun Yat Sen.
    „Mir brummt der Kopf“, bemerkte Harriet. „Von dem vielen Reden und von allem, was ich gehört habe. Darf ich als einfaches Frauenzimmer nun eine einfache Frage stellen?“
    „Bitte.“
    „Werden wir nach Albatros, Mumie an Bord und Geisterschiff nun alle zugrunde gehen oder eine furchtbare Katastrophe erleben oder nicht?“
    „Mit endgültiger Gewißheit kann das niemand sagen“, antwortete Hyun Yat Sen.
    „Ich fürchte fast, daß uns Schlimmes droht“, sagte Sue Diaz leise. „Wenn ich nur wüßte, welche Rolle mein Onkel hier spielt. Er ist eine Schlüsselfigur, er ist in die

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