096 - Kreuzfahrt des Grauens
Kurs auf die Meerenge zwischen den Inseln Tablas und Panay. Die Marcos III war ein modernes Passagierschiff mit Turbinenantrieb, 150 Meter lang und sehr schnell.
380 Passagiere befanden sich an Bord und nahmen an einer zehntägigen Kreuzfahrt durch die Welt der 7000 Philippineninseln teil. 79 Besatzungsmitglieder waren für das Schiff und das Wohlergehen der Passagiere verantwortlich.
Einer der Passagiere war Walter Martin, ein Bauunternehmer aus Heidelberg. Er hatte schon seit jeher einen Hang zum Exotischen gehabt. Deshalb hatte er bei einem deutschen Reiseunternehmen für seinen Sommerurlaub eine Reise nach den Philippinen gebucht. Es wurde ein dreitägiger Aufenthalt in Manila geboten, der Hauptstadt der Philippinen, und eine Kreuzfahrt durch die Inselwelt.
Die drei Tage lagen bereits hinter Martin.
Nun war der zweite Tag der zehntägigen Kreuzfahrt angebrochen. Sie sollte von Manila aus durch die Wunderwelt der 7000 Inseln um Mindanao herum und zurück nach Manila führen. Zwei Ausflüge an Land waren eingeplant.
Es war ein reichhaltiges und preiswertes Programm. Bisher hatte Walter Martin den Urlaub sehr genossen. Der Zauber der Millionenstadt Manila hatte ihn gefangengenommen. Neben modernen Geschäftsvierteln mit Hochhäusern und mehrspurigen Stadtautobahnen nahm sich die Altstadt mit Gebäuden aus der Spanierzeit und engen, verwinkelten Gäßchen sehr romantisch aus.
Martin hatte die Santo-Tomas-Universität besichtigt, die bereits 1611 von spanischen Augustinermönchen begründet worden war. Auch das Denkmal des spanischen Konquistadors Miguel Lopez de Legazpi hatte er sich angesehen, dann das Fort Santiago und die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts errichtete Kirche San Agostin. Martin hatte sich über die Reisfelder gewundert, auf denen die altertümlichen Pflüge noch wie vor Jahrhunderten von Wasserbüffeln gezogen wurden. Er hatte den Taal-Vulkan besucht und die Stromschnellen und Wasserfälle des Pagsanjan-Flusses.
Martin hatte philippinische Folklore kennengelernt, Bars, Diskotheken und Restaurants der Hauptstadt. Außerdem hatte er eine Fahrt in die Berge mit ihrem Terrassenfeldbau und den tropischen Regenwäldern gemacht. Besonders gefielen Martin die Fröhlichkeit und Unbefangenheit der Menschen auf den Philippinen.
Sie hatten einen anderen Lebensrhythmus als die streßgewohnten Europäer, sie nahmen das Leben viel leichter.
Die Kreuzfahrt auf der Marcos III, einer kleinen schwimmenden Stadt mit Restaurants, Swimmingpools und einem Kino, war ein Erlebnis für sich. Die Passagiere waren bunt zusammengewürfelt, Japaner, Chinesen, ein paar wohlhabende Malaien und andere Angehörige asiatischer Völker, Amerikaner, Briten, und einige Deutsche. Philippinos waren nur wenige an Bord.
Gerade diese bunte Mischung ergab eine internationale Atmosphäre. Die verschiedenen Rassen und Nationen harmonierten ausgezeichnet miteinander.
Martin absolvierte am zweiten Tag der Kreuzfahrt zwei Trainingsstunden mit dem japanischen Maschinenbauingenieur Gichin Yanakawa, einem Träger des 4. Karate-Dans. Martin betrieb in Heidelberg Karate, um körperlich in Form zu bleiben, und der Managerkrankheit zu entgehen. Da er im Urlaub nicht nur auf der faulen Haut liegen wollte, trainierte er ab und zu mit Yanakawa. Er hatte ihn an Bord der Sporthalle kennengelernt.
Nach einem aus sechs Gängen bestehenden Mittagessen im 1. Klasse-Restaurant legte sich Martin am Swimmingpool in die Sonne. Er unterzog die weiblichen Badeschönheiten einer eingehenden Betrachtung. So viele rassige Frauen wie an Bord der Marcos III hatte Martin selten gesehen.
Da er unverheiratet war und noch keine Dreißig, wollte er in seinem Urlaub einiges erleben. Martin war Einsachtzig groß und athletisch gebaut. Er hatte schwarzes, welliges Haar und ein energisches, markantes Gesicht.
Er war ein sehr männlicher Typ und kam bei Frauen gut an. Zartbesaitet und auf den Mund gefallen war er auch nicht gerade, sonst wäre er in der Baubranche nicht innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit hochgekommen. Er besaß ein Bauunternehmen, das dreißig Leute beschäftigte.
Martin flirtete intensiv mit einer wasserstoffblonden Engländerin, von deren Bikini keine drei Motten hätten satt werden können. Das schöne Kind himmelte den schwarzhaarigen Mann an.
„Sie sehen aus wie Tom Jones“, sagte sie mit gekonntem Augenaufschlag.
„Ich kann nicht singen“, antwortete Martin.
Der Vergleich mit dem Hitparadenstürmer „Tiger“ Tom Jones
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