0960 - In den Nebeln
den Weg gelaufen bin«, fügte sie etwas sanfter hinzu.
»Das ist seltsam«, meinte Fu Long. »Die anderen Dämonen schienen sich vor etwas im Nebel zu fürchten, doch du fühlst dich hier offenbar wohl. Wovor hatten die anderen solche Angst?«
»Ich weiß nicht, was diese niederen Kreaturen fürchten und es kümmert mich auch nicht. Vielleicht ist es ein dämonischer Aberglaube.«
»Ich dachte, diese ›niederen Kreaturen‹ stünden unter deinem Schutz. Wie kannst du da nicht wissen, was sie fürchten?«
Lea überlegte. Was konnte sie sagen, um Fu Long von seinem Verdacht abzubringen, dass sie etwas vor ihnen verbarg? »So ist es auch. Ich schütze diejenigen, die meinen Schutz wollen und allen anderen steht es frei, mein Reich zu verlassen. Vielleicht sind einige von ihnen abgehauen und nie wieder aufgetaucht und nun denken die anderen, dass der Nebel etwas damit zu tun hätte.«
»Aber warum sollten sie von hier fortgehen?«
»Wen interessiert das, Fu Long?«, schaltete sich Asmodis plötzlich ein, und Lea durchfuhr Erleichterung, weil ihr langsam keine ausweichenden Antworten mehr einfielen. »Es ist doch völlig egal, was dieses Fußvolk denkt. Vielleicht haben sie gedacht, dass du als Fürst der Finsternis ihnen helfen kannst, und sind deshalb nach Choquai gekommen. Vielleicht sind sie aber auch einfach nur ausgeflippt, weil die Welt, wie sie sie kannten, nicht mehr existiert und im Magischen Universum nicht mehr alles im Lot ist. Deswegen sind wir ja hier: um das zu ändern!«
Stille folgte, und für einen kurzen Augenblick befürchtete Lea, Fu Long könnte widersprechen. Doch zu ihrer Überraschung tat er nichts dergleichen. »Ja, du hast recht«, sagte er stattdessen und schien damit auch Asmodis ein wenig zu überraschen. »Mir lässt nur der Gedanke keine Ruhe, dass die Dämonen sich vor etwas in diesem Nebel fürchten, von dem wir nicht einmal wissen, was es ist.«
»Ich kann euch nur erneut versichern, dass ich in diesem Nebel noch nie etwas Bedrohlicherem als den Pflanzen begegnet bin und die habe ich schließlich unter Kontrolle. Ihr müsst euch also keine Sorgen machen. Außerdem sind wir schon fast am Ziel.«
»Und selbst wenn sich hier etwas verstecken sollte, kann es uns beiden wohl kaum gefährlich werden«, meinte Asmodis zu Fu Long. »Also mach dir nicht in die Hose und leg lieber einen Zahn zu.«
***
Die Dämonenkolonie am Rande des Nebels
»Das geht so einfach nicht mehr weiter!«, rief ein ziegengesichtiger Dämon. Er stand auf einem Felsen und sah auf seine Artgenossen herab. Ein Großteil der Anwesenden hatte sich um ihn versammelt und lauschte seinen Worten. »Wir müssen die Tyrannin stürzen und die Kontrolle über unser Leben zurückerlangen!«
»Wie willst du das anstellen?«, fragte eine schrille Stimme aus der Menge, die zu einer fledermausähnlichen Kreatur gehörte. »Sie kann jeden einzelnen von uns töten, ohne sich dabei anzustrengen.«
»Aber kann sie uns auch alle auf einmal töten? Ich denke nicht, dass sie einem koordinierten Angriff gewachsen wäre. Wir sind viele, und einige von uns sind stark.«
»Urkonis war auch stark«, warf die Fledermauskreatur ein. »Und was hat es ihm gebracht?«
»Urkonis hatte sich längst aufgegeben. Wie so viele von euch. Ihr müsst euch an das erinnern, was ihr bis vor Kurzem noch wart. Ihr gehört zu den Heerscharen der Hölle. Selbst der Schwächste von euch kann in den Herzen der Menschen solche Furcht auslösen, dass sie sich zu Tode ängstigen!«
»Aber sie ist kein Mensch«, gab ein anderer zu bedenken, der wie eine verunglückte Kreuzung aus einer Kröte und einem Mistkäfer aussah. »Sie fürchtet sich nicht vor uns.«
»Und warum fürchten wir uns vor ihr?«, wollte das Ziegengesicht wissen.
»Was hat sie getan, um von wandelnden Albträumen wie uns gefürchtet zu werden?«
Ein Raunen ging durch die Menge. Offenbar überlegte jeder, wie die Antwort auf diese Frage lautete, doch niemand fand eine.
»Sie kann in den Nebel gehen und wieder zurückkehren«, rief schließlich eine Stimme, dessen Ursprung das Ziegengesicht nicht genau ausmachen konnte.
»Was besagt das schon? Sie hat vielleicht eine Fähigkeit, die wir anderen nicht haben, aber deswegen ist sie nicht allmächtig. Ein Fisch kann unter Wasser atmen und sich dort schnell und wendig bewegen, doch an Land ist er hilflos und stirbt. Wenn wir sie außerhalb des Nebels stellen und verhindern, dass sie hinein flieht, können wir sie gemeinsam
Weitere Kostenlose Bücher