0961 - Der verrückte Orbiter

Rillengitter fallen ließ.
    „Dein Meister möchte also nicht daß ich dich entdecke", meinte Anson Argyris spöttisch. „Vielleicht ist es ihm peinlich. Aber wer weiß, möglicherweise begegne ich ihm noch, falls er sich auf Martappon befindet, denn ich komme so schnell nicht weg von hier."
    Er beschloß, sich vorerst nicht mehr um den Beobachter zu kümmern und sich der Realisierung seiner ursprünglichen Absicht zu widmen, den Datenspeicher des Robotgehirns zu „melken".
     
    *
     
    Ungefähr eine Stunde später befand er sich im Besitz einer Unmenge von Informationen und der Einsicht, daß ihm dieses Robotgehirn auch nicht weiterhelfen konnte.
    Die Daten in seinem Speicher waren in erster Linie technologischer Art und betrafen den Ablauf interner technischer Vorgänge in den Funktionskomplexen der Anlage von Martappon. Einige Sachen waren interessant - aber nur für später, falls es für die Zivilisationen der Milchstraße überhaupt ein Später geben sollte. Für seine Mission auf Martappon war nichts interessant, vielleicht abgesehen von der Information, daß es auf Martappon wie auf allen vierundzwanzig Stahlwelten Abtastanlagen zur Erfassung positronischer Speicherung und Befehlsdatierung an die Genkode-Simulatoren und Genkode-Impulsprogrammierer gab.
    Die technischen Details ließen sich nicht einmal von der hochleistungsf ähigen Biopositronik des Vario-Roboters überblicken, aber es gab einige Einzelheiten, aus denen er den Schluß ableiten zu können glaubte, daß die echten sieben letzten Flibustier- ohne es zu merken persönlich durch die Abtastanlagen aller vierundzwanzig Stahlwelten gegangen waren.
    Doch das war letzten Endes ohne große Bedeutung und außerdem nicht erwiesen, so daß Anson Argyris nichts damit anfangen konnte.
    Enttäuscht begab er sich auf den Rückweg zum zweiten Versteck. Als er das Schott des Ersatzteillagers öffnete, ortete er die Zellkernschwingungen von Olkyra.
    Er wunderte sich, daß er Olkyra nicht früher akustisch wahrgenommen hatte, aber als er eintrat, bemerkte er sofort, warum. Olkyra schlief ganz fest auf einem leeren Ersatzteilregal.
    Zum erstenmal wurde Anson Argyris sich der Tatsache bewußt, daß er es bei Olkyra mit einem menschlichen Wesen zu tun hatte. Die künstliche Erschaffung änderte nichts daran, daß die Urzelle, die die Basis der Erschaffung gebildet hatte, nach ihrer genetischen Programmierung zu einer menschlichen Eizelle geworden war, die haargenau jener glich, aus der die echte Kayna Schatten im Mutterleib herangewachsen war.
    Nein, nicht haargenau, denn das Fühlen und Denken war manipuliert worden, aber ansonsten war Olkyra bis auf ihren partiellen Wahnsinn mit Kayna Schatten identisch.
    Der Vario-Roboter schloß das Schott hinter sich, verriegelte es elektronisch und schwebte dann ganz nah an Olkyra heran. Er sah die dunklen Schatten unter ihren Augen, die von physischer und psychischer Erschöpfung sprachen, bemerkte das gelegentliche Zucken von Lippen und Lidern und sah, wie sich hin und wieder die Hände zu Fäusten ballten und wieder öffneten.
    Olkyra träumte.
    Wovon mochte ein geisteskranker Orbiter, ein bedauernswerter Doppelgänger eines menschlichen Wesens, träumen?
    Genau betrachtet, träumen sie alle, träumen einen Traum, dessen Schablone ein Ritter der Tiefe vor 1,2 Millionen Erdjahren träumte, weil er die Völker der Galaxis vor einem neuen Ansturm der Horden von Garbesch retten wollte.
    Aber er träumte zu perfekt - und nun wird sein Traum die Völker der Milchstraße nicht retten, sondern vernichten ...
    Lautlos schwebte der Vario-Roboter in einen Winkel des Ersatzteillagers. In seinem halbsynthetischen Gefühl lief das Äquivalent menschIichen Weinens ab.
     
    *
     
    Lange leistete sich Anson Argyris den Luxus des Mitleids nicht. Das Bedauern darüber, daß diese Wesen eines technischen Versagers wegen völlig sinnlos zum Leben erweckt worden waren, blieb, aber die Motivation zur Rettung der galaktischen Zivilisationen war stärker.
    Der Vario-Roboter überlegte, wie er den Radius des Telekontrollbereichs vergrößern konnte, so daß er seine Erkundungen in Bereiche ausdehnen konnte, in denen sich zu viele Orbiter und Rundumkämpfer aufhielten, als daß er persönlich dorthin hätte vordringen können.
    Zwar war die Größe des zu kontrollierenden Bereichs durch die Anzahl der vorhandenen Monitoren begrenzt, aber das ließ sich zumindest theoretisch ändern, wenn es gelänge, einen Teil der Monitoren abwechselnd auf weiter