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0963 - Wächter der Blauen Stadt

0963 - Wächter der Blauen Stadt

Titel: 0963 - Wächter der Blauen Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred H. Rückert
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durch den Schnee. Sie genoss es, denn es war das erste Mal, dass sie auf Schnee lief. Die Kälte machte ihr ebenso wenig aus wie die Hitze in der Sahara. In der Hölle hatte es einst auch Gebiete gegeben, die bitterkalt oder kochend heiß waren. Kraft ihrer Magie konnte sie notfalls für eine Erwärmung oder auch Abkühlung ihres Körpers sorgen.
    Der blaue Kreis faszinierte sie. Kassandra spürte, dass sich darunter mehr von Amun-Re's Magie befinden musste. Diese Magie war der einzige Fixpunkt, den die Dämonin besaß. Zwar wusste sie, wo Luc Avenge und Professor Zamorra wohnten, doch gebot ihr der Selbsterhaltungstrieb, nicht dorthin zu gehen.
    Dieses Mal wollte sie nicht schon wieder den Fehler begehen, blindlings in einen unbekannten Bereich einzudringen. Im Tempel in Libyen und viel mehr noch am schwarzen See hätte sie fast ihr vorzeitiges Ende gefunden.
    Vassagos Tochter konzentrierte sich auf den blauen Kreis und auf den Bereich darunter. So bemerkte sie nicht, dass sich jemand hinter ihrem Rücken materialisierte.
    ***
    Durch das ständige Heulen des Sturmes, der mit mehr als 180 Kilometer pro Stunde über den Schneekontinent dahinfegte, war es auch für das ausgeprägte Gehör von Kassandra nicht möglich, den Ankommenden zu hören.
    Er bewegte sich vorsichtig auf die Dämonengöre zu, die sich ganz auf das Erforschen der Welt unter dem blauen Kreis konzentrierte. Selbst wenn er gerannt wäre, hätte ihn Kassandra nicht vernommen.
    Ihre Hände versanken im blauen Kreis, sie nahm einige der bunten Kristalle auf und ließ sie wieder auf den Boden rieseln. Eigenartigerweise waren die Kristalle danach durchsichtig.
    Die Sinne des Ankömmlings erfassten sofort, dass sich das Dämonenkind mit Energie auftankte.
    Das durfte nicht geschehen! Sie durfte ihm so wenig Gegenwehr wie möglich leisten.
    Er musste eingreifen, damit er weiter die Oberhand behielt!
    »Wen haben wir denn da?«, dröhnte die Bassstimme über die Senke hinweg. »Du spielst aber gerne mit den Hinterlassenschaften von Amun-Re.«
    Kassandra drehte sich langsam um. Ihr fielen alle Todsünden ein, als sie die Stimme des Ankömmlings vernahm.
    »Kronntarr! Schon wieder!«, spie sie förmlich aus. Auf ihrem Gesicht konnte der Dämonenmischling fast wie auf einem Lauf band lesen: Wo kommt der jetzt wieder her?
    »Ich hatte Sehnsucht nach dir, mein Liebling«, beantwortete Kronntarr die nicht gestellte Frage. Er legte beide Hände auf den mächtigen Brustkorb, von der Bisswunde war nichts mehr zu sehen. Die Szene wirkte lächerlich, aber Kassandra lachte trotzdem nicht. Sie wusste um die Gefährlichkeit des anderen.
    »Verarschen kann ich mich selbst!«, fauchte Kassandra, während sie aufstand. »Dazu brauche ich dich nicht. Ich habe keine Sehnsucht nach dir! Statt deiner Gegenwart würde ich eher noch die von Professor Zamorra bevorzugen.«
    »Sei vorsichtig mit dem, was du sagst, Schätzchen«, brummte Kronntarr. »Vielleicht wird dein Wunsch eher erfüllt, als dir lieb ist.«
    »Spinner! Wie soll der Blödmann hierher kommen? Für Menschen ist es hier so ungemütlich, dass sie zu Recht in wärmeren Gefilden bleiben.«
    »Ich kann dich gerne zu ihm bringen, wenn du solche Sehnsucht nach demjenigen hast, der mehr Dämonen getötet hat, als jeder andere vor ihm. Es wird ihm bestimmt Freude bereiten, mit dir weiterzumachen.«
    »Lass mich einfach nur in Ruhe!«, schrie Kassandra. Sie hatte beide Hände zu Fäusten geballt. »Ich will nichts mit dir zu tun haben!«
    »Das mag sein, aber ich habe ein gutes Gedächtnis. Besser gesagt: ein sehr gutes Gedächtnis«, fügte der Dämon hinzu. »Ich vergesse nie, wer noch etwas von mir zu bekommen hat.«
    Ein Kribbeln erfüllte Kassandra bei diesen Worten. Was der Sturm und die Kälte nicht fertigbrachten, schaffte Kronntarr mit wenigen Worten. Sie fror.
    »Wie konntest du mir folgen?«, fragte sie, um etwas Zeit zu gewinnen.
    »Bestimmt nicht über den schwarzen See.« Er lachte meckernd. »Wie blöde muss man sein, um in den einzigen Bereich zu springen, den man auf diesem Planeten meiden sollte. Ich habe mitverfolgt, wo du herauskamst und dachte erst, der See hätte dich verschlungen. Doch dann bemerkte ich, dass es dir gelang, hierher zu fliehen.«
    Kassandra senkte beschämt den Kopf. Sie war sich so schlau vorgekommen, dabei hatte sie von vornherein keine Chance gehabt.
    »Respekt, allerliebste Gegnerin, aber du hast mich überrascht«, gab Kronntarr widerwillig zu. Er klatschte mehrmals in die Hände.

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