0963 - Wächter der Blauen Stadt
mit heiserer Stimme.
Der Fremde ließ einige bunte Kristalle vor sich kreisen, dann untersuchte er sie und ließ sie durch seine Hände gleiten. Als er sie achtlos auf den blauen Kreis zurückwarf, waren sie nur noch durchsichtig.
Und dann war er verschwunden.
»Ich glaube, wir sollten uns besser beeilen«, riet Zamorra.
Avenge ging näher an die Hubschrauber heran, dann schwenkte er ab zu den Iglus. Für die lange Zeit, die die Zelte schon hier standen, sahen sie erstaunlich gut aus. Das Einzige, was daran störte, waren einige Brandstellen neueren Datums. Er betrat den nächstgelegenen Iglu, suchte kurz darin nach der Funkanlage und ging zum nächsten Zelt weiter.
Beim mittleren Iglu wurde er fündig. Noch immer sendete die Funkanlage ihren wirren Spruch. Avenge schaltete sie aus.
»Es ist irgendwie bizarr, dass sich die Anlage von selbst eingeschaltet hat«, sagte Zamorra, der hinter Avenge das Zelt betreten hatte. Der Reeder nickte zufrieden, wenn Zamorra Interesse für seine Umwelt zeigte, hatte er sich mit der gegenwärtigen Situation abgefunden.
Avenge zeigte auf die frischen Brandspuren am Iglu und am Funkgerät.
»Ich denke, dass das Chaos hier daran Schuld trägt. Ich schätze mal, dass es dämonischen Ursprungs ist. Unser unbekannter Freund von eben dürfte mit daran beteiligt gewesen sein.«
Als Zamorra näher trat, erwärmte sich sein Amulett, das er an einer Kette um den Hals trug. Wenn sein Amulett, das die Bezeichnung Merlins Stern trug, heiß wurde, waren Schwarzblütige in der Nähe.
»Du bist gut im Schätzen«, lobte er.
»Blödmann, du bist längst schon auf den gleichen Gedanken gekommen.«
»Und, was hast du jetzt vor?«, erkundigte sich Zamorra. »Zurück nach Sydney?«
Luc Avenge breitete beide Arme aus. Hinter der wärmenden Kleidung war sein Gesicht fast nicht zu sehen.
»Noch nicht. Du sagtest, dass sich dort unten eine Blaue Stadt befindet? Mit meinen Druidensinnen spüre ich, dass der Kerl dort unten verschwunden ist. Außerdem befinden sich noch mehr Leute dort.«
Mit einem Mal würde Zamorra aufgeregt.
»Die Blauen Städte, die ich kenne, sind unbewohnt. In dieser Stadt hier war ich schon. Heißt das, dass die Erbauer zurückgekommen sind?«
Avenge zuckte die Schultern.
»Woher soll ich das wissen? Mir ist bekannt, dass die Blauen Städte nach den C14-Analysen angeblich rund 40.000 Jahre alt sein sollen. Stellen sich zwei Fragen: Wie lange schon werden sie nicht mehr bewohnt? Und wer ist so verrückt gewesen, eine Stadt in der Kälte der Antarktis zu bauen? Auch vor 40.000 Jahren ist der Südpol schon eine Eishölle gewesen. Aber vielleicht war die versunkene Stadt, nach der die Archäologen bei der Expedition 1999 geforscht hatten, nicht mit der Blauen Stadt von damals identisch. Tendyke erzählte mir, dass die Tiefe der Stadt zwischen 15 und 70 Meter schwankte.«
»Vielleicht erfahren wir mehr, wenn wir dem Dämon folgen«, mutmaßte Zamorra. Jetzt schien er doch Blut geleckt zu haben.
»Sag ich doch.« Luc Avenge lachte und zog Zamorra mit in den zeitlosen Sprung .
***
Trotz seiner Fähigkeiten und der aufgenommenen Energie fiel es Kronntarr schwer, sich zu orientieren. Er hatte Kassandras Spur aufgenommen und bis in die blau schimmernde Stadt verfolgt.
Ihm fiel auf, dass es ihm große Schwierigkeiten bereitete, hierher zu teleportieren. Es war, als würde sich dieser Ort gegen seine Gegenwart sperren. Ob Kassandra auch so große Schwierigkeiten gehabt hatte, hier aufzutauchen?
Egal, die Göre war geschlaucht genug durch ihren Umweg über den schwarzen See. Kronntarr war sowieso der weitaus Stärkere, bei einem erneuten Angriff würde sie ihm nicht mehr standhalten. Es war also müßig, sich Gedanken um Vassagos Ableger zu machen.
Er musste sich höchstens Gedanken machen, wenn Vassago unverhofft auftauchte. Aber einen solchen Zufall hielt Kronntarr rein rechnerisch für nicht möglich. Es war schon sehr viel Glück dabei gewesen, dass sie auf zwei Hinterlassenschaften des Amun-Re gestoßen waren.
Der Dämonenmischling konnte die Abwehrbemühungen der Blauen Stadt richtiggehend spüren. Auch der beständig wallende Nebel gehörte dazu, nicht geduldete Wesen hinauszutreiben.
Er konzentrierte sich auf Kassandras Gedanken. Möglicherweise konnte er sie so schneller wiederfinden, er hatte nämlich keine Lust, die vielen Tausend Gebäude nach dem Dämonenmädchen zu durchsuchen.
Schon nach kurzer Zeit wurde er fündig. Kassandra schaffte es nicht, ihre
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