0964 - Schwingen des Geistes
übrige lange Periode aber seid ihr allein.
Wieso wehrt ihr euch dagegen, euch zu MehrfachKonzepten zusammenzuschließen? Nur so könnt ihr ES näherkommen."
„Wir wehren uns keineswegs dagegen", sagte Adros. „Wir warten nur auf die Erleuchtung. Wir haben noch kein Konzept getroffen, das uns mit absoluter Sicherheit sagen konnte, daß die Bildung von Bewußtseinsketten und -gruppen das von ES angestrebte Ziel ist. Oder kannst du es tun?"
„Es ist eine logische Schlußfolgerung, daß wir am Ende unserer Entwicklung, zu einem einzigen Multibewußtsein werden sollen", erklärte Maina.
„Diese Folgerung entspringt der menschlichen Logik, aber wer kann sagen, daß ES danach handelt?"
erwiderte Adros. „ES ist eine Superintelligenz."
„Das sind Spitzfindigkeiten, Adros", sagte Maina. „Ihr Tassuaner könnt doch nicht behaupten, die einzig richtige Lebensart zu praktizieren."
„Das nicht. Aber sich dich um. Wohin du blickst, überall leben die Konzepte nach ihrer eigenen Fasson.
In dem Bestreben, sich zu MehrfachKonzepten zusammenzuschließen, gehen sie die seltsamsten Wege. Es ist ein Chaos. Kann es da falsch sein, zu warten?"
„Worauf wartet ihr?"
„Darauf, daß ES uns sagt, was zu tun ist."
„ES ist nicht hier."
„ES wird kommen. Denn hier ist ES beheimatet."
Maina mußte diese Einstellung akzeptieren. Es gab keinen vorgezeichneten Weg. Und ES schickte kein Zeichen, denn ES schien in etwas Erloschenem verschollen.
„Willst du nicht in mir aufgehen, Adros?" fragte sie abschließend.
Der Tassuaner erhob sich wortlos und zog sich in seine Hütte zurück. Maina wartete noch eine Weile zu, dann setzte sie ihre Wanderung fort. Sie warf nur noch zwei Schatten. Das Plateau war längst schon verlassen, kein Tassuaner war zu sehen.
Maina hielt sich am Rand der Hochebene, wo die Grenze zu Dommerjan verlief. Ihr Ziel war das Gebiet, in dem Herkas wohnte, der Ellert/Ashdon gekannt hatte. Das Bewußtsein jenes Pilgers, der Kontakt zu Herkas gehabt hatte, wies ihr den Weg.
Als sie so müde war, daß sie kaum mehr die Beine heben konnte, suchte sie sich eine verlassene Hütte, um sich darin zum Schlafen niederzulegen. Sie streckte sich auf dem weichen Moosboden aus, aber sie konnte nicht einschlafen. Lange lag sie wach und beschäftigte sich in Gedanken mit den Problemen von EDEN II.
Irgendwann übermannte sie dann doch die Müdigkeit. Ihr Schlaf war traumlos, und als sie wieder erwachte, fühlte sie sich frisch und munter.
„Hallo", sagte eine Kinderstimme. Neben ihr saß ein Junge mit einem etwa zehnjährigen Körper. „Ich hoffe, du hattest in meiner Hütte einen guten Schlaf. Ich bin Jan."
„Oh", machte Maina schuldbewußt. „Habe ich dich etwa von deinem Schlafplatz verdrängt?"
„Macht nichts", sagte der Junge leichthin. „Wenn du willst, kannst du ruhig einziehen. Mich hält hier nichts mehr."
„Ich bin nur auf der Durchreise", sagte Maina. „Ich gehöre nicht hierher. Aber was ist mit dir? Wieso willst du ausziehen?"
„Mich hält nichts mehr in diesem langweiligen Land", sagte der Junge. „Ich stamme eigentlich von dort." Und er deutete dabei nach Dommerjan. „Aber ich dachte, als Einer-Konzept sei ich hier richtig, darum wanderte ich nach Tassuan aus. Nun weiß ich, daß das Leben hier auch nicht die Erfüllung ist. Hier werde ich noch gemütskrank, ich gehe wieder zurück."
„Vielleicht könnten wir ein Stück des Weges zusammen gehen, Jan", schlug Maina vor.
„Wohin willst du denn?"
„In das Dreiländereck, wo Ikarien, Tassuan und Dommerjan aneinander grenzen. Kennst du dich dort aus."
„Klar, ich stamme von dort."
„Dann hast du vielleicht auch schon einmal von einem Konzept namens Herkas gehört?"
„Ein guter Freund von mir", behauptete Jan. „Was willst du von Herkas?"
„Er hat Ellert /Ashdon gekannt, falls dir dieser Name etwas sagt. Uber dieses Konzept möchte ich mit Herkas sprechen. Würdest du mich zu ihm führen?"
„Ellert/Ashdon", sagte der Junge wie zu sich. „Dieser Kontakt hat Herkas kein Glück gebracht ... In Ordnung, ich zeige dir den Weg."
Und der Junge sprang auf und lief aus dem Haus.
*
„Was hältst du von Dommerjan?" fragte Maina.
„Ich stamme von dort ..."
„Ich meine das Konzept gleichen Namens."
„Alles nur Gerüchte", behauptete Jan. „Dommerjan ist noch gar nicht erschlossen, und ein Konzept dieses Namens gibt es gar nicht."
„Und du bist nur ein Einer?" fragte sie.
„Wäre ich sonst nach Tassuan gegangen?"
Weitere Kostenlose Bücher