0966 - Die Angst der Psychonautin
Ihrer Stelle hätte nicht anders gehandelt. Das ist so, das gehört einfach zum Geschäft. Möglicherweise wissen Sie dann, daß ich in London einige sehr gute Freunde habe.«
Dagmar Hansen hob die Augenbräuen. Ihre Antwort bewies, daß sie informiert war. »Sie denken wahrscheinlich an John Sinclair und Suko, die beiden Kollegen vom Yard, die auch als Geisterjäger bezeichnet werden.«
»Genau das ist es.«
Die Frau überlegte. Dabei schaute sie aus dem Fenster, ohne allerdings mitzubekommen, was sich draußen abspielte. Ihr Blick war nach innen gerichtet, als wollte sie irgendein Bild hervorholen, um sich an gewisse Dinge zu erinnern. Schließlich hob sie die Schultern. »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, Harry, aber irgendwo habe ich schon damit gerechnet, daß einmal die Sprache auf dieses Thema kommen wird. Man hat mich nicht davor gewarnt, nicht, daß Sie es falsch einschätzen, aber die beiden sind so etwas wie Ihre Lehrmeister gewesen.«
»Das kann ich wohl sagen«, bestätigte Harry. »Wobei ich zugeben muß, daß ich mich ihnen gegenüber noch immer in der Lehre befinde. Sie können mich nicht mit den beiden vergleichen. Das sind Profis, während ich noch immer am Beginn meiner Karriere stehen. Aber ich will beim Thema bleiben.«
»Sie wollen Unterstützung haben!«
»Ja«, sagte Harry.
»Fühlen Sie sich überfordert?«
»In gewisser Hinsicht schon. Dieser Leichenfund hat mich auf die Idee gebracht. Es war ziemlich hart, die Frau zu sehen, aber mich interessiert einzig und allein das seltsame Auge auf der Stirn. Das ist ungewöhnlich. Ein Rätsel, mit dem ich noch nicht zurechtgekommen bin. Ich habe das Gefühl, daß dieser Fall sehr tief in mystische und geheimnisvolle Regionen hineinspielt.«
»Klar. Deshalb hat man Sie auch engagiert.«
»Und weshalb Sie?«
Dagmar schaute auf den Tisch. »Ich weiß nicht genau. Ich bin eben nur ein kleines Rad in der gesamten Maschinerie. Dabei kann ich mir vorstellen, daß sich unsere geheimnisvollen Bosse dort oben«, sie zeigte zur Decke und ließ den ausgestreckten Zeigefinger dabei kreisen, »dabei schon etwas gedacht haben.«
»Bestimmt. Könnte es sein, daß sie einem Mann oder einer Frau allein die Lösung nicht zugetraut haben?«
»Vielleicht. Aber als Aufpasserin sehe ich Sie nicht an, Dagmar, sondern als Kollegin.«
Dagmar Hansen wechselte das Thema. »Und was ist mit diesen beiden Geisterjägern?«
»Wir sollten sie über den Leichenfund informieren.«
Sie räusperte sich. »Warum?«
»Es geht um das Auge.«
»Wissen die beiden denn mehr?«
»Da habe ich keine Ahnung, Dagmar. Aber ich glaube, gehört zu haben, daß John einmal von einer Gruppe von Menschen gesprochen hat, die ein drittes Auge haben, das allerdings im Laufe der Jahrtausende verlorengegangen ist.«
Dagmar wußte nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie entschied sich für einen skeptischen Blick, den sie mit einem Schmunzeln begleitete.
»Man hört ja einiges«, gab sie zu. »Ich weiß auch, daß Sie derjenige sind, der sich um gewisse Fälle zu kümmern hat, denen ich persönlich skeptisch gegenüberstehe, aber über Menschen mit einem dritten Auge hatte ich bisher nicht in…«
»Sie haben es aber gesehen.«
»Das schon.«
»Und Sie können sich auch nicht vorstellen, woher es kam.«
»Nein. Es interessiert mich auch nicht mal so. Für mich ist es wichtig, daß wir diejenige Person oder diejenigen Personen finden, die diese Estelle getötet haben. Ich weiß nicht zu viel von ihr. Wie ich schon sagte, sprach sie einmal von ihrer Bestimmung oder ihrer Berufung. Das war alles.«
»Damit hat sie ihr drittes Auge gemeint.«
»Das könnte man jetzt so sehen. Damals jedoch war ich nicht soweit. Auch heute habe ich meine Schwierigkeiten, obwohl ich den schwachen Abdruck mit eigenen Augen sah.« Sie hob die Schultern. »Ich möchte mich allen Spekulationen enthalten und eigentlich den konventionellen Weg gehen. Wir suchen den Mörder.«
»Und wie?«
»Nicht spektakulär, Dagmar. Denken Sie das nicht. Es wird schon genügend Polizeiarbeit anfallen, keine Sorge. Wir müssen das Leben und das Vorleben durchleuchten. Möglicherweise finden wir eine Spur. Ist Ihnen das konventionell genug?«
»Zweifelsohne.«
»Sehr gut«, sagte Harry. »Doch Sie erlauben, daß ich auch in London anrufe.«
Dagmar nickte. »Wenn es Sie glücklich macht, Harry, dann tun Sie es. Schaden kann es wohl nicht.«
»Das denke ich auch, denn ich habe den Eindruck, daß noch verdammt
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