0967 - Die Materiesenke
nur die Kosmokraten helfen. Das war einer der Gründe, warum er, Rhodan das Auge Laires abgenommen hatte.
Er sah jetzt ein, daß er unüberlegt gehandelt hatte. Das aber konnte er Atlan gegenüber niemals offen zugeben. Er konnte seinen Fehler höchstens durch ehrliche Hilfsbereitschaft wiedergutmachen.
Dazu war er nun bereit.
Auf dem Schirm des Interkoms erschien Waringers Gesicht.
„Wir sind soweit, Kemoauc", sagte der Wissenschaftler ruhig, „und wir würden es begrüßen, wenn du in die Zentrale kämst."
„Selbstverständlich", erwiderte der Mächtige in seiner gewohntepnfreundlichen Art, die er in letzter Zeit hatte vermissen lassen. „Ich bin schon unterwegs."
Atlan empfing ihn bei der Tür.
„Die BASIS hat ihre ursprüngliche Position eingenommen. Demnach sollte es für dich nicht schwierig sein, Rhodan sof ort zu finden und zurückzubringen."
„Das ist der Zweck des Unternehmens, Atlan. Du kannst dich auf mich verlassen."
„Damit rechne ich fest. Sobald Rhodan an Bord ist, werden wir beraten, was weiter zu tun ist. Aber es geht nicht nur um Rhodan. Eine Frage ist nämlich noch unbeantwortet geblieben: Was wurde aus ES, dem Unsterblichen?
Wir haben ihn nicht gefunden."
„Auch darum werden wir uns kümmern", versprach Kemoauc. „Zuerst Rhodan, dann ES."
„Einverstanden." Atlan nahm das Auge Laires und reichte es dem Mächtigen, der es behutsam in seine starken Hände nahm. „Wir vertrauen dir viel an, Kemoauc."
„Die Zeit des Mißtrauens ist vorbei, Atlan. Ich halte mein Wort."
„Wir glauben dir."
Kemoauc lächelte fast unmerklich, aber es war ein gutes Lächeln, das Atlan beruhigte. Auch Waringer, der ein wenig abseits stand, verlor den letzten Rest seines Mißtrauens.
Der Mächtige schloß den Helm, setzte das Instrument an seine Augen und sah hindurch. Obwohl er nur den wallenden Abgrund sah, wagte er den distanzlosen Schritt ins Ungewisse.
Er entmaterialisierte.
*
Es fiel Kemoauc, der einen besonders groß ausgefallenen terranischen Raumanzug trug, nicht sonderlich schwer, das Weltenfragment Schamballa wiederzufinden. Er blieb vorsichtig, als er sich ihm näherte, denn er wußte nur zu gut, welche Projektionen sich darauf herumtrieben. Wahrscheinlich hielt sich Rhodan dort auf, wo es am ungefährlichsten war.
Behutsam schob Kemoauc das Auge in die geräumige Tasche seines Anzugs, ehe er mit der Suche begann.
In geringer Höhe durchdrang er die leuchtende Aura der Atmosphäre und schwebte dicht über der. hügeligen Landschaft des „Pilzes" dahin. Früher oder später mußte sich Rhodan bemerkbar machen. Der Telekom war eingeschaltet.
Die Oberfläche des Pilzdachs hatte immerhin einen Durchmesser von dreihundert Kilometern und war zum Teil recht unübersichtlich, aber ihn würde man gut von unten her sehen können.
Er suchte systematisch und ohne Hast. Sein Blick war stets nach unten gerichtet, denn er wollte sich nicht allein auf das Funkgerät verlassen. Mehrmals rief er Rhodan, erhielt aber keine Antwort.
Nach zwei Stunden kamen ihm erste Bedenken.
Sollte Rhodan ein Unglück zugestoßen sein? Unmöglich war das nicht, denn seine „Schöpfungen", die er den Projektionen des Unsterblichen entgegengesetzt hatte, waren alles andere als harmlos gewesen. Rhodan konnte in eine Falle geraten sein, obwohl Kemoauc sich das kaum vorstellen konnte.
Er ließ sich tiefer sinken und setzte die Suche fort.
Stunde um Stunde verging, und dann war Kemoauc fest davon überzeugt, daß Rhodan Schamballa verlassen hatte. Damit ergab sich die zwingende Notwendigkeit, weiter in die Materiesenke einzudringen und auf den anderen Fragmenten die Suche fortzusetzen.
Er war sich noch immer nicht sicher, wie diese Fragmente entstanden waren, wenn er auch Vermutungen darüber angestellt hatte. Rätselhaft waren vor allen Dingen die überall vorhandene Atmosphäre, die gleichbleibende Gravitation und die vorhandenen Projektionen.
Er erhöhte die Schubkraft seines Aggregats und raste hinein in die ewige Finsternis der Materiesenke.
Früher oder später mußte er irgendwo einen winzigen Lichtpunkt entdecken, der ihm verriet, daß er ein neues Fragment gefunden hatte.
Erneut überkam ihn die Reue darüber, daß er Rhodan hintergangen hatte. Sein Egoismus tat ihm leid. Er hatte ihn keinen Schritt auf seiner Suche nach der Materiequelle weitergebracht. Im Gegenteil: Nun mußte er wertvolle Zeit verschwenden, um Rhodan zu finden.
Ein Lichtpunkt im Nichts ...!
Er korrigierte seinen Kurs und
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