097 - Die Knochenkammer der Dämonen
Chance.
Der Dämon hatte die Frau gefragt, wo ihr Wagen stand, und Janet Ashby hatte es ihm gesagt. Dorthin huschte der weiße Vampir sogleich. Er war schneller als der Dämon, denn dieser mußte die Frau mitschleppen.
Boram legte sich hinter dem roten Ford Escort auf die Lauer. Er hörte den Dämon mit seiner Geisel kommen. Der Schwarzblütler wollte die Autotür öffnen.
»Es ist abgeschlossen«, sagte Janet Ashby mit tränenerstickter Stimme.
»Wo hast du die Schlüssel?« wollte der Dämon wissen.
»In meiner rechten Manteltasche«, antwortete die Frau.
»Nimm sie heraus und schließ auf!« befahl der Mann mit der Höllenklaue. »Beeil dich!«
»Ja«, schluchzte die Frau, und neue Tränen quollen ihr aus den Augen. Gleich darauf hörte Boram die Autoschlüssel klimpern.
Die Frau war zu aufgeregt, um den richtigen Schlüssel ins Schloß zu bringen. Sie stocherte mit dem falschen Schlüssel so lange am Türschloß herum, bis der Dämon die Geduld verlor.
»Gib her!« knurrte er und griff nach dem Schlüsselbund. Janet Ashby ließ ihn zu früh los, und er fiel zu Boden.
Der Dämon fluchte, beschimpfte die Frau und schlug sie. Sie schrie heiser auf und fiel gegen den Audi Quattro, der neben dem Escort stand.
Als der Dämon sich bückte, um die Wagenschlüssel aufzuheben, sah Boram seine Chance gekommen. Er flitzte hinter dem roten Wagen hervor und stürzte sich fauchend auf den Schwarzblütler.
***
Janet Ashby begriff gar nicht, was geschah. Ein Mann mit einer Horrorhand! Ein Ungeheuer! Und jetzt dieses schattenhafte Wesen, das von dem Tränenschleier, der vor ihren Augen hing, auch noch verzerrt wurde.
Sie erkannte nur, daß der Mann, in dessen Gewalt sie sich befunden hatte, keine Zeit mehr für sie hatte, weil dieses graue Wesen sich auf ihn gestürzt hatte.
Und sie verstand, daß sie frei war, daß sie fliehen konnte, daß der schreckliche Mann sie nicht dran hindern konnte.
Die Angst hatte ihr nahezu die ganze Kraft geraubt, aber die Hoffnung verhalf ihr vorübergehend zu neuen Kräften.
Sie wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen, wartete nicht das Ende des Kampfes ab, sondern lief kopflos davon.
Sie hatte kein bestimmtes Ziel. Sie wollte nur weit genug von diesem grausamen Kerl wegkommen, wollte die Garage verlassen. Sie glaubte zu wissen, daß sie zusammenbrechen würde, sobald sie in Sicherheit war, aber das machte dann nichts mehr aus.
Sie lief mit unsicheren Schritten, stieß mit der Hüfte gegen den Außenspiegel eines Sportwagens und stürzte. Ein glühender Schmerz durchzuckte ihre Knie.
Weiter! Weiter! schrie es in ihr. Obwohl es fast über ihre Kraft ging, erhob sie sich wieder und lief um eine Säule herum.
Als sie gegen den Mann prallte, der sich dahinter verbarg, wollte sie einen grellen Schrei ausstoßen, doch der Hüne mit den Silberhaaren hielt ihr blitzschnell den Mund zu.
»Keinen Laut!« zischte der Ex-Dämon. »Sie haben nichts zu befürchten!«
Janet Ashby starrte ihn groß an.
»Haben Sie mich verstanden?« fragte Mr. Silver.
Die rothaarige Frau nickte.
»Sie werden nicht schreien?« fragte der Ex-Dämon.
Die Frau schüttelte den Kopf.
Mr. Silver ließ die Hand sinken. Die Frau blieb stumm. Sie hatte seltsamerweise Vertrauen zu dem großen Mann. Er fragte sie nach ihrem Namen. Sie brachte ihn kaum heraus.
»Haben Sie keine Angst, Mrs. Ashby«, sagte der Ex-Dämon beruhigend. »Sie sind in Sicherheit. Der Kerl kann Ihnen nichts mehr anhaben.«
»Er… wollte… mich…«
Mr. Silver nickte. »Es ist vorbei.« Er nahm ihre Hand. »Kommen Sie, Mrs. Ashby.«
Sie folgte ihm willenlos. Er brachte sie zu jenem Tor, durch das er die Garage betreten hatte, und machte sich mit Klopfzeichen bemerkbar.
Sekunden später übergab er die Frau den Polizisten. George Waite sah den Hünen verblüfft an. »Donnerwetter! Alles erledigt?«
»Noch nicht«, antwortete der Ex-Dämon. »Aber nun ist unsere Aufgabe nicht mehr schwierig.«
»He, Jungs, kümmert euch um die Frau!« rief Waite.
Stützende Hände griffen nach Janet Ashby, und sie gab sich ihnen willenlos hin, während Mr. Silver kehrt machte.
***
Das Blatt hatte sich sehr zu unseren Gunsten gewendet. Der Dämon hatte kein Druckmittel mehr in der Hand. Ich sah die Frau fliehen und wünschte ihr im Geist viel Glück.
Das hatte sie dann auch, denn sie lief Mr. Silver in die Arme. Nirgendwo war sie besser aufgehoben.
Während der Ex-Dämon sie fortbrachte, verringerte ich die Distanz zum Ford Escort
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