097 - Die Todestür
aufgestützt.
Wir befanden uns in einem Tempel von Teufelsanbetern. Der große Raum war schon lange Zeit nicht mehr benutzt worden. Es roch modrig, und eine dicke Staubschicht lag auf dem Boden.
„Hier scheinen die Kinder nicht zu sein", sagte ich. „Wir wollen uns nun in den Gängen umsehen." Der Gang zur Linken führte zu einer Kaverne, deren Öffnung mit dicken Gitterstäben verschlossen war. Unten in der Tiefe gab etwas dumpfe Laute von sich, gluckste und schmatzte. Es befand sich so tief unten, daß der Lichtstrahl unserer Taschenlampen es nicht erreichen konnte.
Ich zündete ein Papiertaschentuch an und ließ es hinunterfallen. Es fiel und fiel und wurde zu einem leuchtenden Punkt. Dann brach unten im Schacht die Hölle aus. Gräßliche Geräusche ertönten, die an nichts erinnerten, was ich je gehört hatte. Etwas zischte. Das Zischen wurde lauter, und ein glitschiger Körper schlug gegen die Gitterstäbe. Stücke der Gallertmasse quollen zwischen den Stäben hervor, stinkend und phosphoreszierend.
Ich schlug mit der Spitzhacke zu, und ein schriller, durchdringender Ton war zu hören. Es knackte, und der Stiel der Spitzhacke, die mir aus den Händen gerissen worden war, brach entzwei. Die Hacke fiel mir vor die Füße. Sie war jetzt gewunden wie ein Korkenzieher.
Die fürchterliche Kreatur plumpste wieder hinab in die Tiefe.
Wir taumelten zurück. Eine weitere Bekanntschaft mit diesem ungeheuerlichen Wesen wollte ich nicht machen. Ich war heilfroh, daß die Eisenstäbe über der Schachtöffnung Armesdicke hatten.
Im ersten Gang rechts vom Eingang in die Gewölbe entdeckten wir höhlenartige Zellen. In zweien von ihnen lagen Skelette. Der Gang endete an einer nackten Felswand.
Der dritte Gang, der zweite auf der rechten Seite des Vorgewölbes, führte zur Tür mit dem Löwenkopf. Ich drückte auf die Klinke und stellte fest, daß die Tür offen war. Ich öffnete sie jedoch nicht, sondern wandte mich an Fred Archer.
„Wir sind am Ziel, Fred. Du bist sicher, daß die Kinder sich hinter der Tür mit dem Löwenkopf befinden?"
„Hinter dieser Tür liegt ein höhlenartiger Raum", antwortete der Privatdetektiv. „Ein Gang führt zu ein paar Nischen in einem Nebengewölbe. Die schwarze Wolke war von diesem Gewölbe ausgeschlossen, aber die Schwarzen Seelen teilten mir mit, daß Luguri hier gewesen wäre und durch eine Beschwörung die Kinder hergebracht hätte. Danach schloß er den Zugang mit Magie."
Ich atmete tief ein.
„Nun gut. Ich werde hineingehen. Ihr haltet euch hier bereit. Sollte ich scheitern, solltet ihr mehr als zwei Stunden nichts von mir hören, dann kehrt an die Erdoberfläche zurück. Dann ist alles umsonst gewesen, und Luguri war stärker."
„Was hast du vor, Dorian?" fragte Coco und Fred Archer wie aus einem Munde.
Ich sagte, was ich mir während der Reise nach Glasgow und auf der Fahrt in die Grampian Berge überlegt hatte. Der Entschluß war allmählich in mir gereift. Es gab keinen anderen Weg.
„Ich werde mit dem Ys-Spiegel in den Raum des Todes gehen", sagte ich, „und der Schar der Schwarzen Seelen, der bösen Energien des Roderick Taboggwan und dem Erzdämon Luguri selbst die Stirn bieten. Es wird sich herausstellen, was stärker ist: der Ys-Spiegel oder die Kräfte der Schwarzen Magie."
„Tu es nicht, Dorian!" rief Coco. „Der letzte Einsatz des Ys-Spiegels hat dich schon völlig erledigt. Es kann dein Tod sein, wenn du ihn wieder anwendest!"
„Was sollen wir sonst machen? Mit Dämonenbannern, Beschwörungen und dergleichen können wir die schwarze Wolke bestenfalls zurücktreiben. Wenn ihr ungeschützt den Raum des Todes betretet und in den Bann der schwarzen Wolke geratet, zerfallt ihr zu Staub und gehört für immer zu den Schwarzen Seelen, der Schar der Verlorenen."
Fred Archer wollte etwas sagen, aber ich beachtete ihn nicht. Ich stellte den Koffer mit den magischen Utensilien ab, nahm die Taschenlampe in die Linke und den Ys-Spiegel in die Rechte und öffnete die Tür.
Für einige Augenblicke sah ich ein seltsames Phänomen. Der bronzene Türklopfer, der Löwenkopf mit dem gemaserten Ring und dem kleinen Bestienkopf, veränderte sich. Ein Totenschädel war zu sehen. Er grinste mich an.
Auch Coco und Fred Archer sahen es, denn Coco rief: „Geh nicht, Dorffan! Es wird dein Tod sein. Da! Siehst du nicht das Zeichen des Todes?"
Über mir war auf den Querbalken geschrieben: Tritt ein und laß jede Hoffnung fahren, Verdammter. Ich trat in den Höhlenraum,
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