0979 - Der Totenhügel
Onkel der Kleinen. Ich nahm sein Blut und gab ihm dafür meine Lebensenergien, und so ist es zu einem Austausch der Lebewesen gekommen. Was in den unendlichen Weiten des Alls erschaffen wurde, könnte ich austauschen, und dieser Tausch ist mir beim zweiten Versuch gelungen. Auch das Kind nahm Kontakt mit mir auf, aber von ihm brauchte ich nichts. Ich gab dem Mädchen nur etwas von meiner Kraft, mit dem es leben wird.«
Ich kippte. Auch Suko fiel. Urplötzlich war der Bann gebrochen, und so rutschten wir gemeinsam den Hügelhang hinunter. Landeten an dessen Rand, wo wir uns überschlugen, aber schnell wieder auf die Beine kamen.
Das Wesen sahen wir nicht mehr. Dafür standen Onkel und Nichte vor uns. Sie verwehrten uns den Blick, und ihre Blicke sprachen Bände. Sie standen beide auf der Seite der Fremden und würden ihre Existenz mit ihrem eigenen Leben verteidigen.
Zumindest ich merkte in diesem Augenblick, dass es auch für mich - den Menschen - Grenzen gab.
Es war ein ungewöhnlicher, ein zu neuer Fall für mich gewesen. Gegen Dämonen hätte ich ankämpfen können, aber nicht gegen ein uraltes Wesen, das unzählige Lichtjahre von der Erde entfernt seinen Ursprung gehabt hatte.
»Sie haben es begriffen?« fragte Byron.
»Haben Sie es gehört?«
Er nickte mir zu. »Ich wusste Bescheid. Ich war eingeweiht. Ich werde alles versuchen, um diese Person in Schutz zu nehmen, denn sie ist so einmalig.«
»Ja, das denke ich auch«, gab ich zu. »Aber irgendwie muss es weitergehen«, sagte Suko.
»Muss es das wirklich? Kann man es nicht so hinnehmen, wie es ist? Sollten Sie diese Stätte hier nicht vergessen oder alles vergessen, was Sie erlebt haben, und uns dann in Ruhe lassen?«
»Kann man das vergessen?« fragte ich.
»Man sollte sich bemühen, Mr. Sinclair. Und man sollte sich nicht unnötig in Gefahr begeben.«
»Eine Drohung?«
»Nur ein Rat. Ich werde weiterleben können, das weiß ich.«
»Stimmt. Nur wissen auch einige Zeugen über Sie Bescheid. Sie waren im Krankenhaus, es ist aufgefallen, dass Sie mit einem blutleeren Körper existieren und…«
Nein, ich konnte nicht mehr sprechen, denn aus dem Hintergrund schwebte die Frauengestalt herbei.
Sie wehte dicht an Sidney Byron heran, wobei sie ihre ausgestreckten Arme um seinen Körper legte wie eine Geliebte, die ihren Partner umfing.
War sie nur mehr ein Geist? Wurde sie zu einem Geist? Löste sie sich auf?
Suko und ich standen nebeneinander und staunten. Die Fremde presste sich an den Wissenschaftler, der alles mit sich machen ließ. Der Körper des Geschöpfs war nicht mehr zusehen, weil er in den anderen eindrang, als er sich aufgelöst hatte.
Aus zwei wurde eins. Und der eine lächelte. Helles Licht leuchtete in den Augen, als er anfing, mit uns zu reden, wobei wir hinnehmen mussten, dass er mit der Stimme einer Frau sprach.
»Ich bin er, und er ist ich. Wir sind zusammen. Niemand wird etwas merken. Ich habe die Erde besucht, und ich werde bleiben. Ich habe meinen Auftrag erfüllt. Ich habe viel oder sogar fast alles über die Menschen herausgefunden, und ich werde als Frau ein Mensch bleiben im Körper eines anderen, eines Mannes. Das ist die neue Art der Vereinigung, und ich werde so lange bleiben, bis mich irgendwann der Ruf meines Volkes erreicht, der mich wieder in meine eigene Welt zurückholt, wo ich die Erkenntnis verwerten kann, die ich auf der Erde gesammelt habe. So ist die erste Vermischung fremder Kulturen entstanden, ohne dass es aufgefallen wäre. Vergesst ihn, vergesst mich. Es gibt uns nicht mehr als Einzelpersonen, wir sind zu einem Ganzen verschmolzen. Wir haben das hohe Ideal erreicht. Zwei Welten sind zu einer geworden. Es ist ein Anfang. Was heute noch unaussprechlich ist, kann in hundert Jahren völlig normal sein.«
»Das ist möglich«, gab ich mit belegter Stimme zu, denn ich hatte an den Erklärungen schwer zu knacken. So etwas zu akzeptieren, war nicht einfach.
»Und vergessen Sie die Ärzte, meine Herren!« Diesmal hatte Byron mit seiner normalen Stimme gesprochen. »Sie werden einsehen müssen, dass sie sich irrten.«
»Meinen Sie?«
»Bestimmt.«
»Ich glaube nicht, denn die Beweise waren deutlich.«
»Meinen Sie das wirklich?« Er hatte uns angesprochen, aber seine Nichte angeschaut. Sie hielt die Hand ihres Onkels fest und lächelte ihm zu. »Ich werde die Kerzen löschen.«
»Gut. Aber komm mit einer zurück.«
»Ja, ich weiß.«
Uns war nicht klar, welchen Plan die beiden ausgeheckt hatten, aber
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