0979 - Der Totenhügel
ignorieren, die sich mit dem. Erscheinen Außerirdischer oder ähnlich gelagerter Phänomene beschäftigten. Sie waren einfach zu konkret geworden, und sie lösten sich allmählich auch aus den diffusen und nebeligen Hintergründen.
»Ich weiß nicht, wer und wann diese Gestalt hier begraben wurde. Ob vor hundert, tausend oder noch mehr Jahren, aber ich weiß, dass sie existiert und aussieht wie eine Frau. Sie hat sich den Menschen angepasst. Sie hat es geschafft. Sie war einfach gut. Sie hat den genetischen Code der Menschen knacken können. Sie weiß jetzt, wie Menschen sind. Und sie konnte sich ihnen anpassen.«
»Nicht ohne Opfer zurückgelassen zu haben«, bemerkte Suko. »Da brauchen wir uns nur Cody anzuschauen.«
»Ich weiß es. Ich habe ihn auch gewarnt. Er war so fasziniert, dass er nicht anders konnte, als immer nur zum Grab zu gehen. Das hat ihn seine Existenz gekostet.«
»Und Sie das Blut«, bemerkte Suko trocken.
»Das weiß ich. Aber für das andere Wesen war mein Blut der Informationsträger. Es wurde einfach gebraucht, verstehen Sie? Jeder Tropfen glich einer biologischen Datenbank, und ich habe es letztendlich auch gern getan, denn mir eröffnete sich ein großes Wissen. Oder finden Sie nicht, dass ich den meisten Menschen überlegen bin?«
»Doch, das schon.«
»Eben. Ich kann damit leben, aber ich wollte nicht das Kind mit hineinziehen.«
»Das ist jetzt zu spät.«
Sidney Byron nickte. Daraus bestand seine Antwort. Den Mund öffnete er nicht mehr. Er brauchte auch keine Erklärungen zu geben, denn wir sahen selbst, dass wir dem Ziel schon sehr nahe gekommen waren. Trotz der dunklen Umgebung spürten wir die Nähe des Hügels. Wir sahen ihn auch, aber das Gespür erwischte uns zuerst.
Ich merkte, dass etwas Fremdes dabei war, mit mir Kontakt aufzunehmen. Es wollte in mich eindringen, um weitere Informationen zu sammeln, aber die Sperre, die ich aufbaute, war noch zu stark. Ich wehrte mich innerlich dagegen und kam mir dabei vor wie ein Mensch, der hypnotisiert werden sollte, aber seine eigenen Kräfte dagegen stellte, weil er stärker sein wollte.
Auch Suko musste diesen ungewöhnlichen Angriff gespürt haben. Er sprach nicht darüber, aber das Knirschen seiner Zähne sagte mir genug. Er war wütend und kam mit bestimmten Dingen nicht zurecht.
Ganz im Gegensatz zu Sidney Byron. Dieser Mensch war förmlich aufgeblüht. Er hielt seinen Kopf leicht erhoben. Er schaute nach vorn, der Mund stand dabei offen, als wollte er alles das einsaugen, was ihm entgegengeschickt wurde. Die Lippen hatten sich zu einem Lächeln verzogen, und die Augen sahen aus wie Kugeln.
»Was spüren Sie?« fragte ich.
»Sie ist da. Sie wartet auf uns. Sie hat mich begrüßt. Es ist wie immer. Nichts hat sich geändert.«
»Wenn es wie immer ist oder war, was haben Sie dann getan?«
»Ich bereitete ihr ein Licht.« Er streckte die Arme aus. »Überall stehen Kerzen, die ich ihr zu Ehren aufgestellt habe. Ich werde sie anzünden.«
»Ja, tun Sie das, Mr. Byron.«
Auch die letzten Meter ließen wir hinter uns, dann erst blieben wir stehen, und wir sahen den Hügel jetzt zum Greifen nah vor uns liegen. Er war bewachsen, auch die flache Kuppe. Das Gras schickte uns seinen Geruch entgegen, der einfach gut tat, denn es war nicht der Geruch nach Moder, alter Erde oder Verwesung.
Auch die Kerzen konnten wir sehen. Sie schauten aus dem dunklen Boden hoch wie starre und unterschiedlich dicke Leichenarme. Nur helle Kerzen hatte Byron aufgestellt, deren Licht dem anderen Wesen tief im Hügelgrab heimleuchten sollte.
Lilian Kline und der Mutant standen vor uns. Beide drehten uns den Rücken zu. Sie schauten zum Hügel, und das Mädchen hatte die Hand des anderen losgelassen.
Hätte ich die Stimmung beurteilen sollen, so wäre mir der Ausdruck feierlich in den Sinn gekommen.
Ja, still und feierlich. Da wurde sogar das Atmen eingeschränkt.
Das Mädchen drehte sich langsam um. Sein Onkel wusste Bescheid, dass er gemeint war. Er ging von uns weg. Während er noch auf seine Nichte zuschritt, hörte er ihre Frage. »Steckst du jetzt die Kerzen an, Onkel Sid?«
»Ja.«
»Das ist gut. Darf ich dir helfen?«
»Wenn du möchtest.«
»Darauf habe ich gewartet. Meine Freundin dort unten auch. Sie will sich zeigen.«
»Wir werden es sehen.«
»Und was tun wir?« fragte Suko.
»Nichts. Zuschauen. Vorerst.«
»Okay.«
Der Mutant war außen vor. Er tat nichts. Er stand nur da, drehte uns den Rücken zu und starrte gegen den
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