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098 - Der Kerkermeister

098 - Der Kerkermeister

Titel: 098 - Der Kerkermeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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so kalte Augen gesehen.
    „Du bist also Michele da Mosto", sagte der Dicke.
    Ich nickte schwach und strich mir die über Lippen.
    „Wer seid Ihr, Herr?"
    „Eine dumme Frage", sagte der Dicke knurrend. „Ich bin der Kokuo. Du hast nur zu sprechen, wenn ich dich frage. Verstanden?"
    „Verstanden", flüsterte ich. Jetzt erst wurde mir bewußt, daß Kokuo italienisch sprach.
    „Ich wollte dich sehen, da Mosto.
    Ich wollte einen Narren sehen - und du bist einer." Er lachte dröhnend. Sein gewaltiger Bauch hüpfte auf und ab. „Freundschaft muß etwas Herrliches sein. Du Narr hast die weite Reise von Europa nach Japan umsonst gemacht. Franca Marzi lasse ich nicht frei. Und dich auch nicht."
    „Wie soll ich das…"
    Der Dicke hob den rechten Arm, und ich bekam einen Stockschlag auf die rechte Schulter.
    „Du hast nicht zu reden, da Mosto", sagte er zischend. „Ich kann mir denken, was du wissen willst, was ich mit dir vorhabe. Aber dazu ist es noch zu früh. Du wirst noch viele Tage in deiner Zelle verbringen. Um dir die Zeit zu verkürzen, wird sich mein narbengesichtiger Freund mit dir beschäftigen. Keine Angst, da Mosto, du wirst nicht sterben. Ich brauche dich lebend." Laut lachend wand sich der Kokuo hin und her. „Es ist zu komisch, zu komisch!"
    Ich verstand kein Wort.
    „Freundschaft, Ehre, Ritterlichkeit", fuhr der Herrscher fort, „das ist etwas für Narren! Du wirst all das erleiden, was Franca Marzi widerfahren ist. Du wirst ein anderer sein, da Mosto, wenn wir uns wiedersehen."
    Der Dicke klatschte in die Hände. Die Krieger hoben mich hoch und schleppten mich zurück ins Gefängnis. Doch sie steckten mich nicht in meine Zelle. Sie rissen mir den Kimono herunter und stießen mich in einen düsteren Raum, der nur von zwei Fackeln erhellt wurde. Das Gewölbe erinnerte mich an die Folterkammern der Inquisition. Ich wurde an einer Wand festgebunden. Die Krieger ließen mich allein.
    Was hatte der Kokuo mit mir vor? Ich beschäftigte mich mit dieser Frage, doch ich konnte es nicht einmal erahnen.
    Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als das Narbengesicht die Folterkammer betrat. Breitbeinig blieb er vor mir stehen und stierte mich an.
    „Wer bist du?" fragte ich. Der Mann schien kein Japaner zu sein. Sein Gesicht war europäisch. Er antwortete mir nicht. Nach einigen Minuten verließ er das Gewölbe.
    Ich war so ermattet, daß ich trotz meiner Fesseln in einen leichten Schlummer fiel. Immer wieder schreckte ich hoch. Die Fackeln waren heruntergebrannt. Es war dunkel in der Folterkammer, und mir war kalt.
    Irgendwann traten vier Männer in die Kammer, lösten meine Fesseln und zerrten mich zu einem schrankähnlichen Gebilde, dessen Vorderseite sie aufklappten. Sie stießen mich hinein, banden meine Hände an Haken fest, schlugen die Vorderseite zu und verriegelten sie. Nur mein Kopf ragte heraus. Sie begannen, mich zu foltern.
    Als ich erwachte, war ich allein in der Kammer und steckte noch immer in dem seltsamen Kasten. Mein Gesicht schmerzte höllisch. Es schwoll so stark an, daß ich nichts mehr sehen konnte. Immer wieder wurde ich bewußtlos.
    Die Qual wollte kein Ende nehmen. Die Wunden, die mir der Narbige zugefügt hatte, heilten nicht zu.
    Es war fast eine Erleichterung, als sie mich aus dem Kasten holten und in die schachtartige Zelle sperrten.
    Zu einem klaren Gedanken war ich nicht mehr fähig. Ich fieberte, stöhnte und schrie. Die meiste Zeit war ich halb bewußtlos, und das Essen rührte ich nicht an.
    Endlich ließen die Schmerzen nach. Die unzähligen Wunden waren verheilt. Ich strich über mein Gesicht. Es war rissig.
    Und eines Tages wurde ich aus der Zelle gezerrt. Ich war kaum fähig zu stehen.
    Sie trugen mich in die Folterkammer. Ich war so abgestumpft, daß ich keine Reaktion zeigte.
    Das Narbengesicht steckte zwei Fackeln an. Grinsend hielt er mir einen Spiegel vors Gesicht. Müde blickte ich mein Spiegelbild an.
    Der Anblick entsetzte mich nicht. Ich war darauf vorbereitet. Ich sah wie der Zwillingsbruder des Narbengesichts aus. Die Haare waren mir ausgegangen. Nur ein schütterer Kranz zog sich rund um meinen Schädel. Ich schloß die Augen. Mit diesem Gesicht wollte ich nicht mehr leben.
    „Wie gefällt Euch Euer Gesicht, Herr?"
    Diese Stimme kannte ich. Viele Jahre lang hatte ich sie täglich gehört. Franca Marzi!
    Ich riß die Augen auf, doch nur das Narbengesicht stand vor mir. Sonst war niemand in der Kammer.
    „Ich bin es, Herr", flüsterte das Narbengesicht.

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