0982 - Der Ufo-Bastard
sich wie ein Schatten, der erst aus dem dunklen Hintergrund geholt werden mußte und erst allmählich ins Helle trat.
Susanne trug einen dünnen Pullover aus schwarzem Material. Ihre Hose war ebenfalls dunkel. Das lange Haar hatte sie hochgesteckt, und in ihrem runden Gesicht bewegte sich nichts.
Einer der Männer rückte zur Seite, damit Susanne ihren angestammten Platz einnehmen konnte. Sie setzte sich mit einer grazil anmutenden Bewegung nieder, sprach aber noch kein Wort, sondern ließ ihre Blicke über die Gesichter der Anwesenden schweifen. Schließlich nickte sie den Anwesenden zu.
»Ich darf mich bei jedem von euch bedanken, daß ihr gekommen seid.«
»War doch selbstverständlich.«
Susanne lachte leise. »Bald ist die Zeit reif, kann ich euch sagen.« Dann räusperte sie sich. »Danke, Dieter.«
Der Mann neben ihr nickte. Er hieß Dieter Fohrmann und war Lehrer. Mit seinen langen Haaren sah er ein wenig alternativ aus, aber daran hatte man sich im Ort mittlerweile gewöhnt.
»Ich danke auch dir, Karl.«
Der Angesprochene lächelte gequält. Als Bürgermeister trug Karl Nägele die Verantwortung. Er war ebenfalls eingeweiht worden, aber er fürchtete sich vor dem Ende. Nägele war klein, ziemlich kompakt und hatte eine spiegelblanke Glatze. Er konnte seine Hände nicht ruhig halten. Immer wieder strich er sich über die Hosenbeine.
»Und auch bei dir möchte ich mich bedanken, Helmut.« Susanne hatte gegen die Kerzenflammen gesprochen, so daß sich diese heftiger bewegten.
»Keine Ursache.« Helmut Lanz war Bauer. Ihm gehörte der Stall. Das heißt, er arbeitete nicht mehr in seinem Beruf. Durch Landverkauf hatte er es nicht nötig. Er war ein stämmiger Mann mit rötlichem Haar.
Dieter Fohrmann zündete sich eine Zigarette an. Er hatte die Spitze dabei in die Flamme gehalten, saugte den Rauch tief ein und ließ ihn wieder durch die Nasenlöcher strömen. Ein Aschenbecher stand in seiner Nähe.
Susanne lehnte sich locker zurück. Ja, sie war locker, im Gegensatz zu den Männern. Sie verschränkte die Arme unter ihren Brüsten, die einiges an Masse aufzuweisen hatten, und fragte mit klarer Stimme: »Gibt es denn hier nichts zu trinken, meine Herren?«
Die drei schwiegen.
»Los, holt was!«
Lanz stemmte die Hände gegen die Tischplatte. »Haben wir denn einen Grund?«
»Auf jeden Fall.«
»Welchen?« fragte der Lehrer, als er die Asche abstäubte.
»Das sage ich euch, wenn wir einen Schluck getrunken haben. Los, Helmut, du bist hier der Hausherr. Hol eine Flasche von dem Selbstgebrannten. Und auch Gläser.«
»Klar, mach ich, Susanne.«
Sie war hier der Chef. Das wußte sie auch. Sie hatte die Männer in der Hand und ließ sie nach ihrer Pfeife tanzen.
Helmut Lanz, der Bauer, war aufgestanden und öffnete die Tür zum Kühlschrank. Die Flasche war schnell gefunden. Auf einem Tablett trug er sie mitsamt den Gläsern nach nebenan und schraubte die Literflasche mit dem Selbstgebrannten am Tisch auf. Der Geruch von Pflaumen stieg den Versammelten in die Nasen. Sie waren eine verschworene Gemeinschaft, gaben sich nach außen hin locker und genossen es, daß sie im Ort das Sagen hatten. Ihnen redete keiner rein, und ihre Versammlungen konnten sie als außerordentliche Sitzungen eines kleinen Gemeinderates tarnen.
Lanz hatte die vier Gläser gut gefüllt und schob den anderen die Schnapstassen zu, wie sie im Volksmund genannt wurden, und wenige Augenblicke später umfaßten kräftige Finger die Gläser.
Susanne war die erste, die ihr Glas zum Mund führte, aber noch nicht trank. Sie fühlte sich animiert, noch einige Worte zu sagen. »Auf uns, auf ihn, auf unser gemeinsames Ziel und auf das, was es woanders in der Welt nicht gibt.«
Die drei Männer widersprachen nicht. Sie nickten nur, dann setzte sie die Gläser an und schafften es tatsächlich, sie beim ersten Kippen bis auf den letzten Tropfen zu leeren.
Einige schüttelten sich, aber Susanne war nicht darunter. Hart stellte sie ihr Glas ab. »Das tat gut, das mußte sein«, erklärte sie und runzelte die Stirn.
Die anderen sprachen nicht. Sie wußten, daß der erste Schluck so etwas wie eine Ouvertüre gewesen war; das große Drama würde noch folgen.
»Was wir gemeinsam erlebt haben und was hier unser aller Geheimnis ist, kann man keinem Fremden sagen. Er würde es nicht begreifen. Man hat uns damals etwas genommen, was uns gehört, doch wie ich euch schon früher erklärte, wird der Zeitpunkt kommen, an dem das Etwas wieder zu uns
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