Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

0983 - Der Ort der Stille

Titel: 0983 - Der Ort der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Verwirrung zum echten Chaos.
    Es dauerte nur Sekunden, bis sich die flugunfähigen Quetzkoatls von ihrer Überraschung erholt hatten. Sie fuhren ihre messerscharfen Krallen aus, die sonst unter ihren Flügeln verborgen waren, und wehrten sich erbittert gegen den angreifenden Feind. Gleichzeitig schickten sie ihre Impulse aus, die im Gebirge aufgefangen wurden.
    Die Kriecher waren über den unerwarteten Widerstand überrascht, aber ihr ständiger Appetit überwog die Furcht vor dem Tod. Von allen Seiten kamen sie aus den sumpfigen Teichen und stürzten sich auf die verzweifelt kämpfenden Quetzkoatls, die zweifellos den kürzeren gezogen hätten, wenn nicht ihre flugfähigen Artgenossen aufgetaucht wären.
    Eine furchtbare Schlacht begann.
     
    *
     
    Harnos erster Gedanke war, den Quetzkoatls zu helfen, weil sie schließlich auch ihm geholfen hatten, aber dann sah er ein, wie sinnlos das sein würde. Abgesehen davon, daß er seine ganze Energiereserve aufbrauchen würde, wäre das Resultat trotzdem die Auflösung aller Projektionen und damit auch des Inselfragments.
    Immerhin empfand er so etwas wie Beruhigung, als er den aufgefangenen Impulsen entnehmen konnte, daß die flugfähigen Schlangen ihren weniger glücklichen Artgenossen zu Hilfe eilten. Jeder Quetzkoatl, dessen Flügel noch in Ordnung waren, konnte einen flugunfähigen ergreifen und so in Sicherheit vor den gefräßigen Kriechern bringen.
    Damit war er, Harno, in der Lage, sich wieder um sein eigenes Problem zu kümmern.
    Die Energieaufnahme durch das ständig brennende Feuer der Kenuten war so gering, daß sie kaum der Rede wert war, aber Harno war überzeugt, daß er den Start wagen konnte, sobald das Fragment sich aufzulösen begann. Und das würde früher oder später der Fall sein.
    Oder vielleicht doch nicht?
    Harno mußte sich eingestehen, nur auf Vermutungen angewiesen zu sein. Die letzte Gewißheit fehlte. Das war einer der Gründe, warum er sich sowohl um das Schicksal der Quetzkoatls wie auch um das der Kenuten kümmerte.
    Wie es jedoch schien, war er zu weit gegangen. Das Problem „Kuman und Prontos", von ihm selbst geschaffen, begann ernster zu werden. Eine Katastrophe bahnte sich an.
    Daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, daß im Westen der Insel plötzlich ganze Oberflächenteile verschwanden, als hätte es sie nie gegeben. Kriecher und Quetzkoatls, die sich im Kampf verbissen hatten, lösten sich mit ihrer nächsten Umgebung in nichts auf. Verschont wurden nur jene geflügelten Schlangen, die sich rechtzeitig in die Luft erhoben hatten und davongeflogen waren. Ihr Ziel war das Gebirge im Norden der Insel.
    Die Kriecher und ihr Gebiet hingegen wurden schemenhaft transparent und kehrten in das Nichts zurück, aus dem sie gekommen waren.
    Das unheimliche Geschehen dauerte nicht lange. Nur das Sumpfgelände wurde davon erfaßt, bis hinab zu dem gewachsenen Fels, dann hörte es auf.
    Harno hatte den Eindruck, daß die vergewaltigte Natur eine Pause einlegte, um sich zu erholen.
    Die Frage war nur: Wie lange würde diese Pause dauern?
     
    *
     
    Der gefangene Himmelsnahe floh in der nächsten Schlafperiode der Kenuten. Er überwältigte seinen Wächter, nahm dessen Keule und Lederbeutel und schlich sich an den Opferstein heran. Der Feuerposten achtete nur auf sein Feuer, und so bemerkte er nicht, daß der Flüchtling die kleine schwarze Kugel an sich nahm und in den Beutel steckte, um Sekunden später zwischen den Felsen zu verschwinden.
    Nür einer beobachtete den Diebstahl: Kuman. Aber er verhielt sich ruhig und wartete auf seine Chance.
    Und die kam.
    Prontos hatte einen unruhigen Schlaf und trat als erster aus seiner Hütte. Als er den bewußtlosen Wächter am Boden liegen sah, ahnte er Schlimmes. Sekunden später entdeckte er die Gefangenenflucht und wenig später das Fehlen der schwarz en Kugel auf dem Opferstein.
    Er befragte den Posten, aber der wußte von nichts.
    Und nun machte Prontos in seinem Übereifer den Fehler, auf eigene Faust die Verfolgung des Flüchtigen aufzunehmen. Er nahm ganz richtig an, daß dieser die geheimnisvolle Kugel mitgenommen hatte.
    Kuman sah ihn zwisehen den Felsen untertauchen, wartete eine Weile, verließ dann seine Höhle und weckte das Dorf auf.
    „Prontos war es!" rief er aus, als sich die Männer um ihn sammelten. „Er war es, der dem Himmelsnahen zur Flucht verhalf und den kleinen schwarzen Gott stahl."
    „Ein Gott", sagte Aztekon sanft, „der sich stehlen läßt, ist kein starker Gott."

Weitere Kostenlose Bücher