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0983 - Die Schamanin

0983 - Die Schamanin

Titel: 0983 - Die Schamanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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eigene Faust zu fahren. Er hatte diese Imelda zwar ernst genommen, aber nicht ernst genug, denn hinter ihr steckte mehr. Sie war mit einer Kraft gesegnet worden, die er kaum fassen konnte. Die Macht und die Kraft der Schamanen hatten sich in ihr zusammengefunden und sie so über die anderen gestellt. Sie war der Natur zugetan, aber auch sie besaß eine böse Seite, wie Bill hatte erleben können. Ortiz lebte nicht mehr. Es gab für ihn keinen Grund, dies nicht zu glauben.
    Imelda hatte ihren Besucher vergessen. Sie kümmerte sich einzig und allein um den Raben, den sie streichelte wie andere Frauen ihren Geliebten. Mit sanften Bewegungen glitten die Hände über das dunkle Gefieder hinweg, und das Tier schien diese Belohnung zu genießen, denn es gab Geräusche ab, die schon entfernt an das wohlige Schnurren einer Katze erinnerten.
    »Er ist ein Freund«, sagte Imelda und hob den Raben an. »Flieg, mein Freund, und gib auf mich acht!« Sie hatte den Vogel angehoben, dann drückte sie beide Hände nach vorn, und der Rabe löste sich aus dem Gefängnis.
    Flatternd stieg er in die Luft, blieb aber nicht sehr hoch, sondern flog dicht über die dunkle Wasserfläche des Pools hinweg, wobei er seinen Kopf noch bewegte, als wollte er mit dem Schnabel nach den Schlangen hacken.
    Ziele fand er nicht. So stieg er wieder hoch in das düstere Licht unter dem Dach und war sehr bald verschwunden.
    Imelda streckte sich wieder. »Freust du dich?« fragte sie.
    »Worüber?«
    »Daß er weg ist.«
    »Ich weiß nicht so recht.«
    »Doch«, sagte sie, »du freust dich,, denn du hast Angst davor gehabt, daß er dich angreifen könnte.«
    »Für einen Moment habe ich tatsächlich daran gedacht«, gab Bill zu.
    »Aber warum hätte er mich angreifen sollen? Ich bin zu dir gekommen, weil ich mit dir sprechen möchte. Ich will dir nichts Böses. Ich will nur über dich schreiben.«
    Imelda konnte das Lachen nicht unterdrücken. »Mach dir doch nichts vor, Bill Conolly. Du müßtest doch selbst wissen, daß Papier oft gefährlicher ist als Waffen. Viel wird geschrieben, und vieles ist Lüge oder Mist. Es stimmt nicht, es ist ein Vertrauensbruch…«
    »Halt!« Bill fiel ihr ins Wort. »Da magst du recht haben, was bestimmte Gazetten angeht, aber ich schreibe für seriöse Zeitschriften, und da sieht das schon anders aus.«
    Wieder lachte sie so unheimlich. Hob die Arme und klatschte die Hände zusammen. »Soll ich dir das glauben?«
    »Es wäre nicht schlecht.«
    »Gut«, sagte sie nach einer Weile und nickte. »Ich werde dir glauben, Bill.«
    »Danke.«
    Sie setzte sich wieder normal hin und drehte den Kopf, daß sie den Reporter anschauen konnte. »Eins muß ich dir noch sagen. Ich gehöre zu den Menschen, die sehr schnell herausfinden, ob jemand lügt oder ob er die Wahrheit sagt. Bevor ich dich an meinem Experiment teilhaben lasse, möchte ich dir einige Fragen stellen, und du sollst sie mir wahrheitsgemäß beantworten.«
    »Das werde ich tun.«
    »Sehr schön, Bill, dann fange ich jetzt an.«
    »Ich warte.«
    »Entspanne dich. Es ist nicht schlimm. Ich brauche nur einige Informationen, die dich betreffen.« Sie hob ihren Becher an und schluckte den darin befindlichen Trank.
    Bill wußte nicht, was Imelda vorhatte. Es gefiel ihm nicht besonders, doch er mußte das Spiel mitmachen, wollte er die Frau nicht verärgern.
    Wie ihr Test aussehen würde, darüber machte er sich noch keine Gedanken.
    Das Gesicht der Frau sah er jetzt deutlicher. Eigentlich nur diese Maske, und in seinem Innern erhitzte sich das Blut, als wollte es allmählich anfangen zu kochen.
    Ihm wurde heiß. Aber nicht so, als hätte er unter der Sonne gelegen. Es war einfach eine andere Hitze, die möglicherweise mit dem genossenen Trank zusammenhing.
    Bill bewegte die Augen. Er wollte eine andere Blickperspektive bekommen, was gar nicht so einfach war, denn einzig und allein Imelda war für ihn existent. Nur sie zählte noch, alles andere trat im wahrsten Sinne des Wortes zurück. Der Hintergrund verschwamm, und Bill sah einzig und allein ihr Gesicht.
    Sie bewegte den Mund. Er hörte sie sprechen. Sehr leise, aber trotzdem gut zu verstehen. »Bill Conolly, du bist zu mir gekommen, um mich zu interviewen. Stimmt das?«
    »Ja.«
    »Du kommst aus London?«
    »Richtig.«
    »Bist du verheiratet?«
    »Mit Sheila.«
    »Habt ihr Kinder?«
    »Einen Jungen. Er heißt Johnny.« Bill gab die Antworten automatisch.
    Auch wenn er sich hätte weigern wollen, er hätte es nicht gekonnt.

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