0983 - Schwingen des Verderbens
Aramintas Zimmer.
Als Zamorra die Tür aufriss, sah er gerade noch, wie der Oberarzt den Kopf schüttelte und eine Krankenschwester der Toten eine Decke über das Gesicht legte.
»Meine Herren, wir haben getan, was in unserer Macht stand, aber Araminta Moriente ist vor zwei Minuten gestorben«, sagte der Arzt und man konnte deutlich hören, dass er sich fühlte, als hätte er einen Kampf verloren.
Die Krankenschwester deckte das Gesicht der Toten wieder auf. Zamorra und Hernandez blickten das Antlitz der Leidgeprüften Frau an und erstarrten. Im Tod hatte Araminta ihren Frieden gefunden, ein Lächeln lag auf ihrem Gesicht. Sie wirkte weitaus jünger, als sie schlussendlich war.
Ruben Hernandez hatte Tränen in den Augenwinkeln. Er zog seinen Panamahut vom Kopf, legte ihn auf den Stuhl neben dem Bett der Toten und bekreuzigte sich. Dann neigte er den Kopf und sprach ein Vaterunser.
Zamorra neigte ebenfalls den Kopf und verschränkte beide Hände vor dem Bauch. Ihm standen ebenfalls Tränen in den Augen. Das Schicksal von Araminta Moriente berührte ihn so tief wie nur weniges in seinem Leben. Die Grausamkeit, mit der die Gosh-Dämonen vorgegangen waren, suchte ihresgleichen. Wahrscheinlich hatte noch selten ein Mensch so leiden müssen wie das arme Mädchen, das mit einem Schlag 75 Lebensjahre überspringen musste. Er ballte die Hände zu Fäusten und biss die Zähne zusammen. Die drei Gosh-Dämonen durften keine Gnade erwarten, wenn er das nächste Mal auf sie traf.
Jetzt würde er nie erfahren, was Araminta ihm noch hatte sagen wollen…
Er atmete aus und knurrte auf Französisch: »Das wirst du mir büßen, Surrosh!«
Hernandez setzte seinen Hut wieder auf und wischte die Tränen weg. »Was sagten Sie, Professor?«
Zamorra hob die Hand, dann machte er eine wegwerfende Bewegung. »Ach, nichts. Ich habe bloß die Gosh verflucht.«
»Das war wahrscheinlich das Beste, was Sie heute gemacht haben, Professor«, sagte der Polizist und er hörte sich fast wieder so an wie immer.
»Fahren wir zurück zur Höhle?«, fragte der Parapsychologe, aber für den Kommissar hörte es sich wie eine Forderung an. »Ich sorge mich um meine Gefährtin.«
»Wir fahren. Ich rufe gleich bei meinen Leuten an«, versprach Ruben Hernandez. Dann blickte er ein letztes Mal auf Araminta Moriente, deren Gesicht gerade wieder von der Krankenschwester zugedeckt wurde. »Aber nicht hier.«
***
Zolan und Zarrton waren auf einmal verschwunden. Die beiden Corr wollten etwas auskundschaften, das für ihre zusammengesuchte Dämonensippe wichtig sein könnte. Zehn ihrer Hilfsgeister befanden sich solange in einem Nebenraum zur Höhle, in der Kassandra gefangen gehalten wurde. Die beiden anderen wurden direkt als Wachen für Vassagos Tochter abgestellt.
Die Dämonengöre schlief und erholte sich von der Folter durch die beiden Corr. Trotz ihrer enormen Selbstheilungskräfte hatte sie Schwierigkeiten, sich zu regenerieren. Zarrton und Zolan hatten ganze Arbeit geleistet. Fast wäre Vassagos Tochter nach ihrer Bestrafung gestorben.
Dennoch hatten die Corr durch ihre Magie dafür gesorgt, dass sich Kassandra nicht von hier wegschleichen konnte. Sobald sie aufwachte, würde es den ersten Alarm geben. Wenn sie versuchte, von der Höhle in den Nebenraum zu gelangen oder gar in den Teleport zu gehen, würde es sie zerreißen.
Aber die Corr waren sicher, dass sie zurückkommen würden, noch ehe Kassandra wieder erwachte.
Eine Frau materialisierte in der Nähe der Höhle. Das Auffälligste an ihr waren die leeren Augenhöhlen, die ab und zu von Blitzen erhellt wurden. Als einziges Kleidungsstück trug sie ein ebenso kurzes wie zerrissenes Höschen. Ihre Haut besaß eine rotbraune Tönung, die zerzausten brünetten Haare reichten bis an ihre Schulterblätter. Sie konzentrierte sich auf das Innere der Höhle und suchte alles nach eventuell vorhandenen Fallen ab. Sie nahm alle Eindrücke in sich auf und versuchte ansonsten, sich so still wie möglich zu verhalten. Sie konnte nur überleben, wenn sie nicht oder nur so spät wie möglich entdeckt wurde.
Die Corr schienen sich sicher zu fühlen, sie hatten sowohl die Höhle als auch den Nebenraum nur für Kassandra präpariert. Den Gang, der in den Nebenraum führte, hatten sie schon nicht mehr in ihrer Planung berücksichtigt.
Anfänger!, dachte die Frau voller Verachtung. Ihrem Herrn und Meister wäre solch eine Gedankenlosigkeit nicht passiert. Er dachte eher zu viel nach als zu wenig, und den Gang
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